Stimmt (nicht)

„Stimmt – du arbeitest ja nicht!“, sagte kürzlich eine Bekannte zu mir. Ausgelöst hatte ich ihre Äußerung mit der Behauptung, mir wäre es egal, ob ich nach unserem Schottland-Urlaub hier in Quarantäne müsste.

Im Nach-Denken über unser Gespräch merke ich, dass wir beide Quatsch erzählt haben. Ich habe nicht gelogen, aber was ich gesagt habe, stimmt nicht: Eine angeordnete Quarantäne wäre mir nicht egal. Sie wäre mir lästig; aber für Schottland nähme ich sie in Kauf.

Meine Bekannte hat auch nicht gelogen, aber was sie gesagt hat, stimmt nicht: Ich arbeite, ich bin nur nicht berufstätig.

Es ist erschreckend, wie schnell man etwas sagt, was man so nicht meint.

Vorbereitung (3)

Die Schwester eines Freundes ist an Krebs verstorben. Von der Diagnose bis zum Tod dauerte es nur ein halbes Jahr – das Ende war von Anfang an absehbar. „Da bekommst du eine solche Diagnose, und alles, was dir für die „letzte“ Zeit bleibt, ist, dich auf den Tod vorzubereiten“, sagt mein Mann. Manche nutzen die Zeit anders: Sie verdrängen das Ende bis zum Schluss. Denn es ist schwer, Abschied zu nehmen von Menschen, Orten, Dingen und dem Leben selbst.

Auch ohne Diagnose hat meine „letzte“ Zeit schon angefangen – ich weiß nur nicht, wie lange sie dauert. Ich kann mich nicht jahrzehntelang täglich auf mein Sterben vorbereiten. Aber ich kann täglich versuchen, das Wichtige nicht auf morgen zu verschieben:
um Entschuldigung zu bitten und zu verzeihen,
ehrlich zu bleiben,
mir einen offenen Geist zu bewahren,
Menschen ernst zu nehmen,
Pausen zu machen,
die Stille zu suchen und auszuhalten,
das Gelingen zu sehen und aus dem Scheitern zu lernen,
der Freude Raum zu geben – und der Traurigkeit.

Vorbereitung (2)

Wir wollen in Schottland wandern. Dort ist es kühl, oft nass und das Gelände herausfordernd hügelig für Leute, die normalerweise im Flachland spazieren gehen. In „letzter Minute“ unternehmen wir ein bis zwei längere Übungswanderungen und ergänzen geringfügig unsere Wanderausrüstung. Für die Zeit unserer Abwesenheit instruieren wir die Kinder und organisieren „Babysitter“.

Außerdem kontrollieren wir – rein formal, nicht emotional – unser Testament: Man weiß ja nie.

Vorbereitung (1)

Ein Kiter am Strand in Dänemark kämpft erst mit seinem Kite, dann mit dem Wind. Bis zur ersten Fahrt auf den Wellen dauert es – aber ohne Vorbereitung kommt es zu keiner.

Ein Freund von uns ist Pianist. Er liebt die Konzerte. Am Klavier zu üben, die Saison zu planen und die einzelnen Veranstaltungen zu organisieren, ist für ihn mehr Last als Lust – aber ohne Vorbereitung findet kein Konzert statt.

Urlaub mit fünf Kindern in einem Ferienhaus in Dänemark erfordert eine gewisse Vorlaufzeit: Die Haupt-Aufgabe besteht darin, alles Nötige zu bedenken und mitzunehmen. Ein Ortswechsel ist eine schöne Sache – aber ohne gute Vorbereitung ist er weniger entspannend.

Geschichten

Jede gute Geschichte braucht einen Anfang, einen Rahmen und ein Ende. Ein roter Faden hilft – sonst liest sie kein Mensch. Die besten Geschichten schreibt das Leben selbst, heißt es. Meins wäre sicherlich nicht geeignet, aber es stimmt: Die besten Geschichten sind so, wie ein Leben sein könnte:

einfach, aber nicht vorhersehbar,
nachvollziehbar, aber nicht langweilig,
überraschend, aber nicht durcheinander,
einzigartig, aber nicht unvorstellbar,
interessant, aber nicht konstruiert,
abwechslungsreich, aber nicht chaotisch,
komplex, aber nicht kompliziert,
anstrengend, aber nicht überfordernd

Solche Geschichten zu schreiben, ist nicht einfach. Ein Autor muss die Handlungsstränge fest in der Hand und den Überblick behalten. Viele versuchen es, nicht alle können es. Wem es doch gelingt, der hat Macht – über seine Geschichten und auch über seine Leser.

Nicht vermisst

Urlaub vom Alltag: Wir genießen Dinge, die wir zu Hause nicht haben – ein Ferienhaus mit Whirlpool, die Nordsee, dänischen Joghurt, Strand und viel Wind. Es ist schön in Dänemark, aber irgendwann vermissen wir das eigene Bett, die Freunde, deutsches Brot und den Garten ohne Wind. Deshalb fahren wir gern wieder nach Hause: Da ist es noch schöner. Nur die Maskenpflicht haben wir überhaupt nicht vermisst.

Urlaub

Auf einer Fahrt in den Urlaub fragte unsere damals dreijährige Tochter: „Mama, wo wohnt eigentlich Urlaub?“ Mein: „Auf einem Bauernhof in Astrup“, stellte sie zufrieden. Danach `wohnte´ Urlaub mal am Meer, mal in den Bergen und fast immer in einem Ferienhaus. Dabei ist Urlaub weniger ein Ort als ein Zustand – die Frage ist nur, welcher.

Ist Urlaub die Abwesenheit von Arbeit oder eine Veränderung des normalen Alltags? Wohnt Urlaub manchmal zu Hause oder immer woanders; reicht eine Woche oder fängt er erst nach zwei Wochen an? Bedeutet Urlaub Sonne und Meer oder Wandern in den Bergen, Ruhe oder Aktion, kulturinteressiert durch die Lande ziehen oder neue Reize vermeiden?

Solange wir zu siebt in den Urlaub fahren, `wohnt´ Urlaub an den unterschiedlichsten Orten und ist alles mögliche – vor allem ein Kompromiss.

Aus dem Wind

Das Meer und der Wind gehören zusammen, das eine gibt es nicht ohne das andere. Surfer, Kiter, Segler, Segelflieger – alle mögen und brauchen Wind. Sie freuen sich über seine Kraft und darüber, diese in Geschwindigkeit umzusetzen. Ich mag und brauche Wind nur sehr begrenzt. Unablässiges Blasen geht mir auf die Nerven, außerdem friere ich schnell.

Trotzdem fahre ich freiwillig ans Meer. Aus der Ferne denke ich an die Weite des Ozeans, und rechne mit Sonne, Wärme und blauem Himmel. Die auch zur Küste gehörende Unermüdlichkeit des Windes überrascht mich jedes Mal neu – und fordert mich heraus. Aber: Nirgends sonst ist es so ein gutes Gefühl, nach einem Spaziergang „aus dem Wind zu sein“.

Lehrer

Wir reden möglichst nicht über andere – und wenn doch, dann positiv. Das gilt auch für die vielen Lehrer unserer Kinder. So sehr sie sich auch an ihnen reiben – unsere Kinder sind sich einig: Besonders schätzen sie

die ehrlichen und authentischen,
die anspruchsvollen,
die Grenzen setzenden,
die von ihren Fächern begeisterten,
die an ihren Schülern interessierten und die Lehrer,
die gerecht bewerten, pünktlich kommen und sich entschuldigen können.

Deutlich weniger wichtig sind die Vielfalt der Unterrichtsmethoden, die Nutzung neuer Medien oder die besondere Gestaltung der Stunden vor den Ferien …

Ob die Lehrer das wissen?

Musik

Unsere Kinder hören mehr Musik als wir – und kennen sich in der aktuellen Musik-Szene viel besser aus als wir. Nicht immer sind unsere Geschmäcker kompatibel :-(.

Deshalb zaubert es uns ein Lächeln ins Gesicht, wenn sie Lieder aus den 80ern hören – von Dire Straits, Men at work, Herbert Grönemeyer, The Police, Simon and Garfunkel …