Zwischen „muss ja“ und „gönn dir“

Manche Leute antworten auf die Frage nach ihrem Befinden mit einem leicht resignierten „Muss ja!“ – für mich eine Aussage, die mir nie über die Lippen kommen soll. „Muss ja!“ klingt nach viel Last und wenig Lust. Es klingt nach: „So hatte ich mir das nicht vorgestellt, aber was soll`s.“ Als Lebensmotto ist es mindestens schade, wahrscheinlich aber schlimmer.

Dabei zwingt mich keiner, nur ich mich selbst. Feste Termine sind hilfreich – man kann schließlich nicht alles der Lust überlassen: Dreimal die Woche ziehen wir die Turnschuhe an und begeben uns auf unsere Route. Kein: „Passt es heute; haben wir Bock?“ Wir zögern nicht und gehen, das ist gut. Andererseits: NUR einer Routine zu gehorchen, ist nicht immer die beste Entscheidung. „Warum tue ich mir das heute eigentlich an?“, schießt es mir dann während des Laufens durch den Kopf – und: „Wirf alles über den Haufen und gönn dir eine Ausnahme.“ Aber weil das zu sehr nach dem Lust-Prinzip klingt, fällt mir so eine Vorgehensweise schwerer, als ich zugeben mag. Dabei wäre „gönn dir“ manchmal einfach eine sehr gute, wenn nicht die bessere Alternative.

Irgendwo zwischen „muss ja“ und „gönn dir“ ist das Leben bestimmt wunderbar ausgewogen!

Chips

Wir öffnen am Abend eine Tüte Chips, sie wird zwischen uns herumgereicht. „Lasst mir noch was drin“, ruft einer. „Wir müssen die Tüte nicht leer machen“, sage ich. Sechs Augenpaare schauen mich an: „Wie willst du eine Tüte Chips durch sieben Personen teilen, ohne sie leer zu machen?“ Ich habe keine Ahnung, wieso ich immer wieder auf solche abstrusen Ideen komme.

Die Zeit

Die Zeit stoppt nicht, sie vergeht: Ich werde jedes Jahr älter und verändere mich sehr langsam – im Tagesverlauf kaum wahrnehmbar. Bei anderen Ereignissen – Katastrophen oder Erfolgen – ist von jetzt auf gleich alles anders. Aber die Zeit hält trotzdem nicht an und lässt sich erst recht nicht zurückdrehen. Das kann ich als gnädig oder erbarmungslos empfinden – je nachdem, was passiert und wie ich damit zurechtkomme.

Die Zeit interessiert sich nicht für uns; die Zeit heilt nicht alle Wunden und lässt sich nicht besitzen. Wir haben keine Zeit; die Zeit hat uns – fest im Griff.

Marder adé

Löwen-Kot soll Marder in die Flucht jagen. Das kann ich mir vorstellen, weil ich beide Tiere „kenne“: Gegen einen Löwen hat ein Marder in der afrikanischen Savanne sicherlich sehr schlechte Karten. In einer deutschen Einfamilienhaussiedlung sieht das anders aus – aber das wissen die Marder nicht und fürchten sich. Wer Probleme mit Mardern hat, kann Löwen-Kot in Einmachgläsern kaufen und Marder (hoffentlich) vertreiben. Ich nehme an, hinterher ist das Carport oder der Autostellplatz auch für die hauseigene Miezekatze eine No-go-Area.

Prinzipien

„Im Prinzip ja, aber …“, wer kennt sie noch die „Radio Eriwan“-Witze? Eine einfache Frage wird völlig widersprüchlich beantwortet. Dadurch karikieren diese Witze die starre kommunistische Propaganda in der Zeit des Kalten Krieges.

Was mir daran gefällt, ist der flexible Umgang mit Prinzipien. Prinzipien sind feste Grundsätze und damit großartige Leitlinien. An meine eigenen halte ich mich in der Regel: Besorgungen in Celle erledige ich beispielsweise prinzipiell mit dem Fahrrad. Es tut mir aber gut, Ausnahmen zuzulassen: Bei waagerechtem Starkregen, Neuschnee, persönlicher Unpässlichkeit oder größeren Transportmengen ist das Auto nicht nur bequemer, sondern einfach praktischer und schneller.

Ich könnte die Wahl des Autos als unverzeihlichen Prinzipienbruch bedauern. Oder aber ich verstehe sie als flexible Handhabung meiner ansonsten sehr festen Grundsätze, lächle und mache es mir ein bisschen leichter.

Jubilarin

Ich bin zu jung, eine Jubilarin genannt zu werden. Mein Mann tut es trotzdem. Er sagt: „Eine Jubilarin ist eine Frau, die ein besonderes Jubiläum feiert. Das tust du: Was ist dein Problem mit diesem Begriff?“ „Ich habe kein Problem mit dem Begriff“, will ich schreien, „ich habe ein Problem mit deinem leicht amüsierten Grinsen, wenn du `Jubilarin´ sagst. Ich habe ein Problem mit dem, was das Wort in mir auslöst. So alt bin ich noch nicht, so alt werde ich wahrscheinlich NIE, dass ich mich mit `Jubilarin´ treffend beschrieben finde.“

Was ich nicht weiß …

Wir haben Kirschen geschenkt bekommen. Sie sehen großartig aus und schmecken herrlich.

Nach etwa 20 Kirschen finde ich eine lebende Made. Kurze Pause. Danach schneide ich die Kirschen auf, finde fast immer eine (meist winzige) Made und entsorge diese. Die Kirschen schmecken immer noch.

Die ersten 20 Kirschen (ziemlich sicher mit Made) schmeckten besser als die letzten 20 Kirschen (ganz sicher ohne Made). Ein Hoch auf die Ahnungslosigkeit!

Entscheiden

„Entscheide lieber ungefähr richtig als genau falsch.“
Johann Wolfgang Goethe
„Wer jede Entscheidung zu schwer nimmt, kommt zu keiner.“
Harold Macmillan
„Ich würde eher eine falsche Entscheidung treffen als gar keine.“
Robert McNamara

Die drei sind sich einig: Entscheiden an sich ist gut, aber nicht leicht. Auch für mich ist es oft eine Qual, die Wahl zu haben – ganz besonders, wenn die Alternativen Pest und Cholera heißen. Trotzdem: Wenn ich mich entscheide, lege ich mich fest – und übernehme aber die Kontrolle. Entscheide ich mich nicht und halte mir alle Optionen offen, verliere ich dafür die Orientierung. Das fühlt sich kurzfristig vielleicht nach Freiheit an; auf Dauer ist es für mich aber anstrengender, als eine Entscheidung zu treffen.

Unser „Panzer“

Unsere Kinder nennen unser Auto liebevoll den „Panzer“. Es ist groß, schwer und ein wenig behäbig. Der Traum eines Fahranfängers sieht anders aus. Wir fahren dieses Auto, weil es praktisch ist, zuverlässig und Platz hat für uns alle. Dafür haben wir Geld ausgegeben. Für „modern, hoch motorisiert und mit allem möglichen Schnickschnack ausgestattet“ wollten wir kein Geld ausgeben.

Aus Sicht unserer beiden großen Söhne war es eine Verschlechterung, vom Fahrschulauto auf den „Panzer“ umzusteigen: „Diese Sch…-Kupplung ist geeignet zum Beinmuskeltraining, aber nicht zum Kuppeln … ; bei dem Auto kann man nicht weich schalten … ; das muss einem ja absaufen …“ – die Kommentare belegen: Das Auto hat Schuld.

Wir wissen: Der „Panzer“ ist ein gutes Training; wenn die Kinder ihn fahren können, sind sie auf jedes andere Auto bestens vorbereitet. Was könnten wir uns besseres wünschen?

Lernen – üben – können

Autofahren ist keine Kunst, sondern ein Handwerk. Man lernt, übt und kann es irgendwann.

Mein zweiter Sohn hat das Autofahren gelernt und die Führerscheinprüfung bestanden. Er darf jetzt fahren, aber er kann es noch nicht so gut. Das ist normal: Auch das Autofahren braucht die Tat. Sehr gut vorbereitet ist er vor allem durchs Nicht-Autofahren, weil er viel Rad fährt. Er kennt sich aus – in der Stadt und im Straßenverkehr. Das reine Fahren – Gas geben, kuppeln, schalten, bremsen – muss er noch ein bisschen üben; selbstständig am Verkehr teilnehmen kann er schon.