Wieder zu Hause?

Ob ich mit einem Kulturschock rechne, wenn ich wieder zurück fliege, hatte mich meine Freundin in Australien gefragt. „Nö“, sagte ich und dachte, dass ich ja schließlich NACH HAUSE fahre: Da kenne ich mich aus, das ist mir vertraut, daran bin ich gewöhnt.

Wieder zurück merke ich: Meine Leute sind ziemlich gut ohne mich zurecht gekommen. Das Leben ging für sie ebenso weiter wie für mich. Sie haben den Alltag wunderbar bewältigt – ohne dass ich ihnen großartig gefehlt hätte. Nachbarn sind gestorben beziehungsweise ins Altersheim umgezogen, eine Tochter hat eine Gürtelrose überstanden, ein Sohn lebt und studiert jetzt in einer anderen Stadt. Einiges habe ich mitbekommen, eine Menge nicht – ohne dass mir das großartig gefehlt hätte.

Meine Reise war nicht einfach nur ein besonderer Urlaub; ich war Teil einer anderen Welt und habe mehr als schöne Erinnerungen mitgebracht. Ich fühle mich inspiriert und möchte nicht einfach da weitermachen, wo ich vor fünf Wochen aufgehört habe. Leider (oder glücklicherweise) geht das auch gar nicht: Ich muss meinen Platz neu finden, er ist irgendwie nicht mehr derselbe – und ich auch nicht. Es knirscht im Miteinander; meine Leute und ich, wir müssen uns erst wieder `zurecht schuckeln´ und aneinander gewöhnen. Es wird ein paar Tage dauern.

Überraschend wunderbar!

Meine Rückreise dauert 36 Stunden: Auto, Flugzeug, Flugzeug, Bahn, inklusive Wartezeit zwischendurch. Am letzten Umsteigebahnhof stehen nachts (überraschend) meine Leute. Die letzten 35 Kilometer fahren wir mit dem Auto. Einen Tag später kommen (überraschend) meine beiden großen Söhne fürs Wochenende nach Hause. Ich freue mich sehr und bin dankbar für meine wunderbare Familie!

Kontrastprogramm

Ich brauche nicht erst wieder in Deutschland zu sein, um so etwas wie einen Kulturschock zu erleben: Die letzten vier Wochen war ich meist nur mit zwei anderen Menschen zusammen, ohne Verkehrslärm und stattdessen viel Vogel-Gezwitscher, die Wildnis vor Tür und Fenster. Wer nachhaltig leben und mit wenig Energie auskommen will, hat kaum elektronische Geräte, fährt kein neues Auto und ist auf viel Handarbeit angewiesen. Unser Leben war einfach und fand vor allem draußen statt – bis es abends früh und schnell dunkel wurde. Alles lief in einem ruhigen Takt.

Für die Rückreise brauche ich 36 Stunden. Die Flughäfen sind voll, sauber und glänzend, die Luft klimatisiert; vor allem Singapur Airport ist ein einziger Konsumtempel: Die Verkäufer in den Boutiquen sind morgens um halb sieben damit beschäftigt, ihre Regale auszuwischen und die Ware (Taschen, Juwelen, Parfüme, Spirituosen, Uhren …) hübsch zu drapieren. Menschen, die sich suchen, rufen sich gegenseitig an, anstatt zehn Meter aufeinander zuzugehen. Sowieso hat jeder ein Mobiltelefon vor der Nase – oder einen Laptop.

Im Flugzeug ist in der Lehne des Vordermanns ein Bildschirm – man könnte durchweg Filme schauen, einige tun es. Aus dem Augenwinkel sehe ich Action und Gewalt, mir wird vom Passiv-Schauen schwindelig. Ich mache die Augen zu, bin aber doch auch abgelenkt. Durch die Zeitverschiebung komme ich aus dem Rhythmus und bin zwar müde, kann aber doch nicht schlafen. Ich sitze mit hunderten gemeinsam in einem Flieger und bin doch allein. Zum Reden wäre es aber auch viel zu laut.

Der Unterschied zur Zeit im Busch könnte nicht größer sein.

Doing the dishes

Washing dishes joyfully will make you welcome in many households all around the world, says my friend. I doubt it: In most of the countries I go to a dish washer is not a very special (and therefore: rare) piece of equipment but a standard part of kitchen furniture. Still it´s nice to be recognised for a gift even I didn´t consider a gift until now. Around people who have no dish washer in their kitchen, cleaning the dishes has been, at least for me, an easy and joyful way into their hearts.

I am also good at vacuuming (joyfully), but this hasn´t been appreciated in the same way. Depending on low provision of energy (coming mostly from solar panels) results in a conflict of interests: me using the vacuumer inside the house interferes with someone else using the saw outside in the shed. So I switched to sweeping the floors with a broom … 

I learned that you can do without a lot of things: over the last weeks, for instance, I hardly ever used a toilet with a flush but a compost one – with a bucket of compostable stuff beside. I didn´t have any crisps or processed sweets (except for this one piece of chocolate last week), but instead enjoyed a delicious dessert after almost every dinner – hand made. I didn´t miss watching movies or listening to music, a nice and modern car and some other devices (including a dish washer …)

There are some things, though, that I can´t do without: I need to have time to pray, a chance to brush my teeth, friendly people to talk to, the feeling of being useful (not only for washing the dishes but for whatever little odd jobs around house and garden or just as company), and the possibility to contact my family back home.

A cutie

„That´s a cutie“, rutscht es meinem Bekannten raus, „Das ist ein Süßer.“ Er bezieht sich auf die Schlange, die ich vor der Tür zu meinem Nachtquartier gefunden habe – auf dem Weg ins Bett. Ich finde sie auch hübsch, bin aber doch froh, dass es ein kleines Exemplar ist. Eine `Carpet Snake´ ist nicht giftig, sondern erwürgt ihre Opfer; ich gehöre nicht zu ihrem Beutespektrum – und doch: Schlangen gegenüber bin ich skeptisch, auch wenn dieser Python mir nicht gefährlich werden könnte, selbst wenn er wollte. Zu klein. Nicht nur deshalb schlängelt er sich dann eben auch davon, der Süße. Trotzdem achte ich darauf, die Tür hinter mir gut zu schließen: man weiß ja nie!

Am Montag treffe ich im Park nur eine weitere Spaziergängerin – aber allein bin ich trotzdem nicht: Mit mir unterwegs ist eine gewisse ängstliche Anspannung, ich könnte unvorhergesehen einem gefährlichen Tier begegnen. Sobald es raschelt, wird mir kurz heiß und kalt. Meist sind es Vögel – und ich bin ein bisschen traurig, weil diese scheu sind und gleich wieder verschwinden. So sehr ich mir ein spektakuläreres Tier wünsche: Die süße Schlange vorgestern Abend war genug `wildlife´ für mich!

Zeit für Abschied

Ich bin kein Freund langer Abschiede, aber diesmal geht es nicht anders – leider. Nach drei Wochen im Busch bin ich zurück in der Nähe von Brisbane. Zu dritt hatten wir klar strukturierte Tage und immer etwas zu tun in Haus und Garten. Hier erlebe ich über anderthalb Tage Kontrastprogramm: Wir sind zehn, alle reden durcheinander, beschäftigen sich, hängen ab … Ich gehe spazieren, aber selbst der kleine Park hier um die Ecke ist am Wochenende voller Menschen. Die nächsten (und meine letzten) beiden Tage werden wir auch hier in kleinerer Runde verbringen. Dennoch ist es anders: chaotischer und gesprächiger; ich fühle mich mehr wie ein Gast, ein Fremdkörper.

Vielleicht ist es gut so; ich freue mich zunehmend auf Deutschland und alles, was damit zu tun hat: MEINE Familie und Freunde, mein Alltag, meine Sprache (in der ich mich nuancierter ausdrücken kann), meine Themen, die mich schon länger beschäftigen als während dieser sehr außergewöhnlichen Wochen am anderen Ende der Welt.

Nur das Wetter würde ich gern mitnehmen.

Auch wichtig

Wir pflegen unsere Haut, unseren Garten und unsere Freundschaften, achten auf unsere Ernährung und unser Gewicht, treiben Sport und halten uns körperlich fit, trainieren unser Gedächtnis und bilden uns weiter, reinigen unser Haus, unsere Zähne und unsere Kleidung, sind bemüht, einen guten Eindruck zu hinterlassen …

Wie viel wichtiger wäre es, wenn wir uns ebenso sorgfältig um unser Innenleben kümmerten, indem wir: darauf achten, womit wir unseren Geist füttern, unsere Gedanken rein halten (von Sorgen, Ärger und Neid) und uns bemühen, anderen respektvoll, wertschätzend und ermutigend zu begegnen.

Vermeidungsstrategie

In Australien gibt es viele gefährliche Tiere: zum Beispiel Schlangen. Sollte ich also gebissen werden, so sagt man mir, sei es wichtig, dass ich die Ruhe bewahre und mir die Schlange genau ansehe. So könne ich sie gut beschreiben; ein Gegengift sei dann leichter zu finden. Danach sollte ich die Wunde möglichst ver- und abbinden, damit das Gift nicht so schnell zu meinem Herzen gelangt. Es sei außerdem wichtig, dass ich innerhalb von 40 Minuten Hilfe bekomme – allerdings ohne meinen Kreislauf zu sehr in Schwung zu bringen: also immer schön langsam bewegen.

Soweit die Theorie; sie wird mir mit einem Lächeln vermittelt. In der Praxis sei es allerdings vorteilhaft, ich würde gar nicht erst gebissen werden. Das erscheint mir auch die bessere Alternative. Entsprechend geräuschvoll bewege ich mich durch den Busch: Dann gehen die Schlangen mir nämlich aus dem Weg.

Keine Schokolade?

Die letzten drei Wochen habe ich keine Schokolade gegessen – und sie auch nicht sehr vermisst. Stattdessen gab es als süßen Nachtisch frisches Obst: sehr lecker und wahrscheinlich viel gesünder. Ich könnte ohne Schokolade leben.

Auf einer Wanderung heute hatte jemand ein Stückchen Schokolade mit hohem Kakao-Anteil für mich. Ich muss zugeben: auch sehr lecker. Ja, ich könnte ohne Schokolade leben, aber es würde mir schwerfallen.

A sad byproduct

„The only person I can rely on is myself“, she says. It sounds rather proud, but she also looks very unhappy. In order to live alone and as independent as possible on a large block of land you need to be tough, smart, and very capable: that´s admirable. When you isolate yourself that much you might also end up lonely and very bitter: that´s sad.