Noch nicht, aber schon!

Vor mir liegt ein schwieriges Gespräch, das eigentlich gar nicht schwierig ist … Aber ich ahne, dass ich mich unter Druck fühlen werde, die Erwartungen zu erfüllen, die an mich herangetragen werden. Denn im Vorfeld erläuterte mir meine Gesprächspartnerin ihre sehr klaren Vorstellungen einer künftigen Zusammenarbeit. Weil wir uns kennen, fällt es mir schwer, mich nicht verpflichtet zu fühlen. Ich wäre in dem Gespräch gern selbstbewusst, freundlich und klar und bete darum, dass ich es sein kann.

Das Gespräch verläuft dann anders, als ich hoffte: Ich fühle mich eben nicht frei, sondern unter Druck, dass ich den Auftrag nicht nur übernehme, sondern auch zu einem guten Preis. Dadurch winde ich mich ein wenig, schaffe es aber, mir Bedenkzeit zu erbitten. Es hätte besser laufen können, denke ich später – und bin trotzdem zufrieden mit mir: Vielleicht war ich nicht super selbstbewusst, aber ich habe mich nicht zu einer vorschnellen Entscheidung drängen lassen. Dafür bin ich dankbar.

Nicht immer werden meine Gebete in Gänze so erhört, wie ich es mir vorstelle – besonders auch, was meine persönliche Entwicklung angeht. Man ändert sich eben nicht über Nacht und macht eher kleine Schritte als große Sprünge. Es ist an mir, ob ich mich ärgere über das, was noch nicht ist, oder dankbar bin für das, was schon ist.

Währenddessen

Hinterher ist man immer schlauer; hinterher war eine schwierige Lebensphase `doch nicht so schlimm´ oder sogar `eine gute Erfahrung´, aber währenddessen? Währenddessen sind Situationen manchmal richtig doof und alles andere als gut. Schönreden ist etwas für hinterher; währenddessen ist es so, wie es eben ist.

Daran denke ich fast jedes Mal, wenn Menschen in unserer Gemeinde von dem erzählen, was sie mit Gott erlebt haben. Fast immer sind es unangenehme Situationen mit einem guten, versöhnlichen Ausgang – meist zeitnah: Gott hat eingegriffen und geheilt, Vergebung ermöglicht, Frieden im Herzen geschenkt und Zuversicht … Das alles ist ermutigend, ohne Frage.

Aber ich selbst erlebe bisweilen Phasen, in denen Gott sich diskret zurückhält: jemand nicht spontan gesund wird, meine Wut sich nicht in Luft auflöst, ich keinen Frieden finde und sich mir keine zufriedenstellende Perspektive bietet. Ich hänge in unangenehmen Situationen fest und bitte Gott, einzugreifen – und es tut sich einfach GAR NICHTS. Nur Gott gehört der Dank, wenn ich währenddessen trotzdem darauf vertrauen kann, dass Gott sich schon kümmern wird. Es wäre ermutigend, wenn ich merkte, dass ich mit DIESER Erfahrung nicht allein dastehe, weil sie auch für andere NORMAL ist.

Bier oder Käse, das ist nicht die Frage

`Don´t worry beer happy´ steht auf dem T-Shirt eines Mannes, der mit einem leeren Einkaufswagen an der Ampel wartet. Er scheint schon ein paar Jahre mit diesem Motto unterwegs zu sein – unterm Shirt ist nicht mehr viel Platz für noch mehr (Bier-)Bauch. Vielleicht holt er sich gerade die nächste Ladung, denke ich, und auch: Was geht es mich an? Wenn er tatsächlich zufrieden ist so oder sogar glücklich? Sein Leben mit viel Bier ist nicht besser oder schlechter als mein Leben ohne Bier und mit viel Käse (oder was ich sonst noch schätze).

Gegen Sorgen hilft meiner Ansicht nach weder Bier noch Käse. Daher wäre ich eher für ein Shirt mit der Aufschrift `Don´t worry, keep praying´ zu haben: Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! (Phil 4, 6)

Schade

„Man hält mich für religiös“, schreibt eine Satirikerin, „wer mich kennt, fragt sich, wie das nur passieren konnte.“ Es soll lustig sein, glaube ich. Der Rest der Kolumne hat einen scherzhaften Ton, der deutlich macht, wie lächerlich es ist, heute noch in die Kirche zu gehen. Mir tut das weh; meiner Meinung nach gibt es Grenzen für Lächerlichkeit. Der christliche Glaube hat hierzulande einen schlechten Ruf, aber nichts anderes hat uns so geprägt: unser Land, unser Volk, unsere Kultur. Wer sich auf keine Werte mehr einigen kann, verliert Orientierung und Halt – und hat auch keine Basis mehr für einen kritischen Diskurs. Abgesehen davon bin ich so dankbar, dass ich glauben kann:

Ich bin geliebt, gewollt und angenommen.
Keiner meiner Fehler ist so groß, dass Jesus ihn mir nicht vergeben könnte.
Mein Vater im Himmel hat einen guten Plan für mein Leben.

Es schmerzt mich, wenn sich so leichtfertig lustig gemacht wird über etwas, das mir so viel bedeutet und so viel Kraft hat. Angesichts derjenigen, die sich lustig macht, finde ich es vor allem sehr schade: Sie weiß gar nicht, worauf sie da so leichtfertig keinen Wert legt!

Freie Entscheidung

„Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg; aber der Herr allein lenkt seinen Schritt.“ Sprüche 16, 9

Ich höre eine Predigt von Timothy Keller. Er sagt, manchmal spräche Gott deutlich, wenn wir die Wahl haben. Aber meist gelte, dass wir absolut frei sind, wie wir uns entscheiden – und Gott absolut souverän ist, was er daraus macht: selbst wenn wir solange abwarten, bis wir keinen Spielraum mehr haben.

Das hört sich paradox an, jedenfalls nicht menschlich logisch. Dennoch glaube ich, es stimmt: Gerade in unseren Fehlern offenbart sich Gottes Allmacht; uns dienen alle Dinge zum Besten (Römer 8, 28), nicht nur dann, wenn `alles nach Plan läuft´. Das entlastet; dennoch fallen manche Entscheidungen schwerer als andere. Worauf es wie immer ankommt, wenn wir die Qual der Wahl haben: Vertrauen – und Mut für den ersten Schritt.

Beim Gebet genommen

Ich wünsche mir einen kreativen Schreibauftrag. Am Morgen, auf der Fahrt ins Büro, bete ich, dass Gott mir einen schenkt. Als ich am Nachmittag wieder da bin, finde ich eine Mail: Ob ich mir vorstellen könne, ein kleines Handbuch-Projekt mit Textarbeiten zu unterstützen, fragt mich ein Freund, für den ich schon öfter gearbeitet habe. Das ging schnell; hatte ich meinen Wunsch so ernst gemeint? Obwohl ich begeistert bin von Gottes prompter Antwort, frage ich mich gleichzeitig etwas unsicher, wie ich diesen Auftrag wohl zeitlich schaffen werde. Nach einer Schreckminute entspanne ich mich, denn auch dafür hatte ich gebetet: dass die gewünschte Extra-Aufgabe nicht zu viel für mich ist. Gott hat das erste Gebet erhört, er wird auch das zweite ernst nehmen.

Feierabend

Manche Tage fangen langsam an, nehmen Fahrt auf und sind dann ganz plötzlich schon fast wieder vorbei. In die wenigen Stunden am Abend passt nicht ansatzweise, was ich alles noch gern machen würde – also gehe ich stattdessen eine Runde mit meinem Mann vor die Tür. Es nieselt ein bisschen, ist durch die Zeitumstellung aber noch hell. Ein riesiger doppelter Regenbogen strahlt uns entgegen und erinnert uns daran, dass Gottes Güte kein Ende hat: egal, ob wir `alles´ schaffen oder nicht. Ich verschiebe meine Vorhaben auf morgen und genieße einen stillen Feierabend.

Weniger ist mehr

Nächstes Wochenende ist Ostern. Seit Wochen beschäftigen sich alle möglichen Konsum-Prospekte genau damit: Osterhasen und Schoko-Eier, Zutaten zu Festessen, Eierlikör als besondere Beigabe … In manchen Familien stellen Oster-Geschenke mittlerweile den weihnachtlichen Gabentisch in den Schatten. Dabei ist das alles viel zu viel und lenkt ab vom Eigentlichen. Ostern geht´s um zwei einfache Dinge: um Kreuz und Auferstehung, um Tod und Leben – nicht mehr und nicht weniger.

Genug oder nicht?

Wenn wir nicht begabt, schlau, gewieft, entschlossen, mutig oder stark genug sind, ist es hilfreich, an eine Geschichte aus der Bibel zu denken. 5.000 Menschen hatten sich damals versammelt und hörten Jesus zu – bis es Zeit fürs Abendbrot war. Die Jünger sollten ihnen zu essen geben, meinte Jesus. Aber sie hätten doch `hier nichts als fünf Brote und zwei Fische´, erwiderten die Jünger – aus ihrer Sicht und auch ganz offensichtlich nicht genug, um so viele Menschen satt zu machen. Da ließ Jesus sich geben, was sie hatten, „sah zum Himmel, dankte und brach´s und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk. Und sie aßen alle und wurden satt und sammelten auf, was an Brocken übrigblieb, zwölf Körbe voll“ (Matthäus 14, 19b+20).

Bei einer anderen Gelegenheit verwandelt er Wasser in Wein. Jesus nimmt das, was nicht reicht, und macht daraus genug – auf buchstäblich wunderbare Weise. Es genügt, dass wir ihm das Bisschen geben, was wir haben, und nicht selbst versuchen, damit auszukommen.

Arbeit als Chance – Gott zu erleben

Meine Arbeit im Büro ist neu, ungewohnt und nicht nur wunderbar: Ich bekomme als Berufstätige ebenso das ganze Paket wie als Nicht-Berufstätige –  die Pralinen ebenso wie die Kröten. In welcher Gestalt letztere daherkommen, ist dabei völlig nebensächlich; entscheidend ist, wie ich damit umgehe. Fühle ich mich in erster Linie überfordert, weil ich meine bisherige Komfortzone verlassen muss? Oder sehe ich in erster Linie die Chance, mich in jeder Hinsicht weiterzuentwickeln, weil sich meine Komfortzone erweitern wird? Es könnte eine Frage der Einstellung sein, die Gott mir schenken möchte: „Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes.“ (Prediger 3, 13)

Ich bin dankbar, dass ich in dieser besonderen Phase meines Lebens sicher sein kann, dass Gott einen Plan hat für mein Leben – auch wenn ich diesen nicht im Detail kenne. Da ist nichts `aus Versehen´, alle meine Umstände kann Gott benutzen, um mir zu begegnen und mich in dieser Welt zu benutzen: Was daraus wird, liegt weder in meiner Hand noch ist es meine Verantwortung. Gott ist derjenige, der mein Leben im Griff hat, gestaltet und ihm Sinn gibt. Das ist tröstlich und ermutigend – und macht mich gewiss: dass die neue Situation sein Plan für mich ist und er mich mit genau dem ausstattet, was ich dafür brauchen werde: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich lehrt, was dir hilft, und dich leitet auf dem Wege, den du gehst.“ (Jesaja 48, 17)