Land unter

Es regnet und regnet – nicht ohne Folgen:

Otto Normalverbraucher bangt um seinen eigenen Keller.
Der Platzwart macht sich Gedanken um die Sportstätte, für die er zuständig ist.
Verantwortliche Einsatzkräfte `denken in´ Häusern und Wohnsiedlungen.
Bauern sorgen sich um die Milch für heute und morgen und um Futter und Stroh für das nächste Jahr – selbst wenn das Wasser Felder überflutet und Gehöfte von der Außenwelt abschneidet.
Krisenstäbe und Rettungsstellen kümmern sich um die Infrastruktur für ganze Regionen.

Manchmal muss das kleinere Übel in Kauf genommen werden, um das nächstgrößere Übel zu verhindern: Es kann sein, dass der private Keller, ein Sportplatz, ein einzelner Bauernhof oder sogar eine kleine Siedlung … dem Wasser geopfert werden muss, damit Land unter nicht für das große Ganze gilt.

Es regnet und regnet: Wie schwerwiegend die Folgen sind, hängt sehr von der jeweiligen Perspektive ab.

Die Gelegenheit

Wasser im Keller ist lästig – wir räumen. Was nicht unbedingt nass werden soll oder darf, haben wir `gerettet´: Die Waschmaschine steht auf Bierkästen, der Tiefkühlschrank auf einer Konstruktion aus Steinen, Pappkartons sind in Regalen untergebracht, auf der Tischtennisplatte stehen Schuhe und Co. Anfangs gehen wir mehrmals am Tag in den Keller und schöpfen und pumpen das Wasser weg, was dort nicht hingehört. Innerhalb weniger Stunden steigt der Pegel wieder an; wir fühlen uns wie Don Quichote, der gegen Windmühlenflügel kämpft. Nach drei Tagen werden wir ruhiger: Wir lassen das Wasser, wo es ist, und warten ab. Es nutzt eh nichts!

In anderen Landkreisen müssen Menschen ihre Häuser verlassen, weil das Wasser nicht nur in die Keller drückt, sondern einen Meter hoch in der ersten Etage steht. Wir sind mit unseren fünf bis zehn Zentimetern Hochwasser im Keller noch sehr gut bedient. Wenn sich die Lage wieder beruhigt hat, wird es da unten so sauber sein, wie lange nicht. Günstiger Nebeneffekt: Dieses Hochwasser ist DIE Gelegenheit, uns von all dem überflüssigen Kram zu trennen, der sich (momentan noch) in unserem Keller tummelt.

Weihnachtsüberraschung

Es regnet seit Wochen, die Flüsse treten über die Ufer, Wiesen und Felder sind überschwemmt, Feldwege matschig. Es ist ein bisschen ungemütlich draußen, aber wir können immer zurückkehren in ein warmes trockenes Haus – bis heute Morgen. Das überschüssige Wasser der letzten Wochen ist schließlich (Überraschung!) in unserem Keller angekommen; wir schöpfen regelmäßig und wissen: Was wir jetzt dort unten finden, ist der Regen von vorvorvorgestern (oder so); die Spitze der `Flutwelle´ kommt immer mit etwas Verzögerung. Die nächsten Tage werden spannend – und das hat mit den Weihnachtsfeierlichkeiten rein gar nichts zu tun.

Liegt nicht an dir

Freitagnachmittag, eine Tochter sitzt auf dem Sofa. Ich spreche sie an, sie antwortet einsilbig – es geht ein paarmal hin und her. Ob was los ist, frage ich sie: ärgerlich, traurig oder nur müde? „Nee, ich will einfach nicht reden, Mama“, sagt sie, „liegt nicht an dir.“ Stattdessen macht sie irgendwas an ihrem Handy. Dass sie nicht reden mag, liegt nicht an mir – wie tröstlich; ein bisschen schade finde ich es aber doch.

Eine Idee

Meine Tochter will Weihnachten etwas verschenken, am besten selbstgemacht und zum Verbrauchen. Kosmetik erfordert vielleicht ein bisschen Training – zwei Tage vor Weihnachten ist keine Zeit mehr dafür. Dasselbe gilt für Handarbeiten, die bei uns nicht hoch im Kurs stehen. Kekse oder Pralinen entfallen ebenfalls, weil die betreffende Person keinen Zucker isst. Ich denke nach und schlage einen Brotaufstrich vor. „Das ist eine super Idee“, sagt meine Tochter, „muss ich verraten, dass sie von dir ist?“ Spontan kommt eine wunderbare Antwort von der Freundin meiner Tochter: „Dafür sind Mütter doch da: dass sie super Ideen haben und selbst im Hintergrund bleiben.“

Hin und Her und Hin

Hin: Morgens im Nieselregen fahre ich in voller Regenmontur mit dem Rad in die Stadt. `Wenigstens werde ich nicht nass´, denke ich und, `Mein heutiges Laufen fällt wohl buchstäblich ins Wasser!´. In dem Moment joggt jemand an mir vorbei und sieht weder klitschnass noch bedauernswert aus.

Her: Meine Sicht ändert sich schlagartig: Es ist gar nicht so kalt und regnet gar nicht so stark – von dem bisschen `schlechtes Wetter´ lasse ich mich sicher nicht vom Laufen abhalten. Für den Nachmittag nehme ich mir vor, nicht so zimperlich zu sein.

Hin: Am Nachmittag regnet es `volle Lotte´, der Wind bläst von allen Seiten – klassisches Angriffswetter. Über meine guten Vorsätze vom Vormittag schüttele ich den Kopf und setze mich stattdessen aufs Ruder-Ergometer: nicht ganz dasselbe, aber trocken und auch gut für Herz und Muskeln.

Schule = Schüler + Lehrer

In der Schule unserer Kinder wird immer mehr mit digitalen Medien gearbeitet: Whiteboards, Touch-Screens, Videos via iPad einspielen etc. Manche Lehrer sind sehr versiert, andere kämpfen mit der Technik: Die Lautstärke stimmt nicht oder private Verläufe des iPad erscheinen – für alle deutlich sichtbar – auf dem Klassen-Bildschirm und ähnliches … Diese und andere Schwierigkeiten sorgen regelmäßig für Belustigung: In jeder Stunde gibt es Grund für halbwegs unterdrücktes Gelächter (und heimliches Mitleid mit der Lehrkraft). Besonders schwierig scheint es zu sein, die Pause-Funktion zu aktivieren: „Die meisten Lehrer sind einfach zu ungeduldig und wollen sich zum Teil nur ungern helfen lassen“, resümieren die Kinder, nachdem wir gemeinsam gelacht haben über die neuen digitalen Stolperstricke im Klassenzimmer.

Kurzfristig kostet die Digitalisierung jedenfalls eine Menge Unterrichtszeit; langfristig wird es sicherlich Studien geben über den pädagogischen Mehrwert, der sich durch den Einsatz von iPad und Co. erzielen lässt. Ich schätze, der Lernerfolg bleibt weiter total von Lehrern und Schülern abhängig: Wie gut der Unterricht ist, korreliert auch in Zukunft nicht mit der digitalen Kompetenz der Beteiligten. Auf der Schüler-Seite braucht es Motivation, sich anzustrengen und zu konzentrieren, und beim Lehrer die Fähigkeit, junge Menschen für ein Thema zu begeistern und Inhalte verständlich zu vermitteln. 

Wohin damit?

Wir sind es gewohnt, dass die Sommer entweder verregnet sind – aber insgesamt trotzdem viel zu trocken. Meist streiten sich die Landwirte mit dem Rest der Gesellschaft darüber, ob sie ihre Flächen bewässern dürfen oder nicht. Die Wasserstände in irgendwelchen Stauseen und Rückhaltebecken werden gemessen; außerdem ist der niedrige Grundwasserspiegel beliebtes Thema und irgendwie auch Beweis für den Klimawandel. Regnet es dann doch mal, heißt es: `Die Böden brauchen Feuchtigkeit.´ Gegen die Bedürfnisse der Böden lässt sich kaum etwas sagen. Man hat den Eindruck, als wären Wärme und Sonne per se schlecht und freuen könne man sich nur (und immer) über Schmuddelwetter.

Dieses Jahr ist es anders, denke ich, jedenfalls der Herbst/Winter. Seit Wochen regnet es (nicht nur gefühlt) ganz schön oft und ganz schön viel. Ich benutze fast täglich meine Regenhose; die Flüsse sind voller Wasser; überall in unserem Landkreis stehen die Wiesen (und teilweise auch Straßen) unter Wasser. Heute hörte ich wieder den Satz, der in diesem Zusammenhang immer fällt: `Die Böden brauchen Feuchtigkeit.´ Nur blöd, dass sie derzeit offensichtlich nicht wissen, wohin damit.

Nicht nachvollziehbar

Sie könne meine Entscheidung – aus der Ferne und ohne Gespräch – nicht nachvollziehen, schreibt mir eine Bekannte und fährt fort, es gehe sie ja auch nichts an, aber sie wolle doch ehrlich bleiben. Ihre kritische (wenn auch ehrliche) Rückmeldung, ungefragt, trifft mich: Wieso sie mir das schreibt, frage ich mich, und nicht einfach mal nachfragt? Ich denke an die Sesamstraße: „Der, die, das; wer, wie, was; wieso weshalb warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm“, hieß es da und weiter: „1.000 tolle Sachen, die gibt es überall zu sehen; manchmal muss man fragen, um sie zu verstehen.“

Was für Kinder ein guter Rat ist, kann auch ich beherzigen: Wenn ich das nächste Mal die Entscheidung eines anderen nicht verstehe, will ich nachfragen, wie er dazu gekommen ist. Vielleicht kann ich dann nachvollziehen, worüber ich – aus der Ferne und ohne Gespräch – den Kopf geschüttelt hätte. 

Ausgelacht – und jetzt?

Sonntagnachmittag: Es klingelt an der Haustür. Ein Freund meines Sohnes will etwas für diesen abgeben. Ich bedanke mich freundlich und bitte ihn, seine Mutter von mir zu grüßen. Er nickt artig und geht. Ich will schon die Tür schließen, aber mir fällt noch etwas ein und ich gehe nochmal nach draußen. Dadurch bekomme ich mit, wie der Freund sich mit einem anderen Jungen lautstark über mich lustig macht: „Vielen Dank und schöne Grüße!“, äffen sie mich nach, während sie weggehen. Ich stehe irritiert an der Tür. Was ich höre, trifft mich. Gerade diesen Jungen habe ich bisher immer als sehr freundlich und höflich erlebt – meinem eigenen Sohn sehr ähnlich. Bei Teenagern läuft ja manches durcheinander in Körper und Geist; es ist eine Phase der Veränderung. Aber ist es normal, dass man in dem Alter zwei Gesichter hat: (direkt) ein freundliches und (indirekt) ein respektloses? Ich will das Erlebte nicht überbewerten, bezweifle aber, dass ich es vollkommen vergessen kann. Hoffentlich frage ich mich während unserer nächsten direkten Begegnung nicht, was er insgeheim über mich denkt!