Sabbat

Sabbat: „… wenn du ihn dadurch ehrst, dass du nicht deine Gänge machst und nicht deine Geschäfte treibst und kein leeres Geschwätz redest, dann wirst du deine Lust haben am Herrn und ich will dich über die Höhen auf Erden gehen lassen und will dich speisen mit dem Erbe deines Vaters Jakob; denn des Herrn Mund hat´s geredet.“
Jesaja 58, 13+14

Sabbat, der eine freie Tag der Woche, ist ein besonderer Tag: Wir können die Arbeit ruhen lassen und nichts tun. Das hört sich nach nicht viel an, ist aber schwierig. Denn Sabbat, das ist nicht einfach nur frei haben oder machen; Sabbat ist viel mehr. Es geht nicht in erster Linie um mich an diesem freien Tag, Gott steht im Mittelpunkt: Dafür soll ich MEINE Gänge und Geschäfte sein lassen und mich stattdessen auf Gott ausrichten. Wenn ich es zulasse, ertrage und einübe, mich einen Tag die Woche nicht um mich selbst zu drehen – dann wird Gott sich um den Rest kümmern. Er wird mich segnen, so dass ich gestärkt und erfrischt wieder meinen Geschäften nachgehen kann.

Mmh …

„Mmh …, mmh …“, eine Frau im Supermarkt macht merkwürdige Geräusche. Sie scheint mit einem Baby in einer Babyschale zu kommunizieren, das ebenfalls mit „mmh …, mmh …“ antwortet. Vor allem die Frau `redet´ laut und viel – bleibt aber buchstäblich einsilbig. An der Kasse stehen die beiden hinter mir, ich muss ihnen zuhören. Nach einiger Zeit geht es mir gehörig auf den Keks; ein piepsiges „Na, mein Schatz“ der Mutter wäre mir lieber. Ich mische mich aus Respekt nicht ein, hoffe aber, der Wortschatz des Babys erweitert sich trotz dieser ungünstigen Startbedingungen.

Good books, age, and wisdom

On our shelf we have some good and helpful books. There you can read titles such as Know your why – and you immediately wish to know your `Why not´ in certain situations. Another book is called Tired of trying to measure up, in which, of course, the author points the reader to the curse of comparing oneself to someone or even everyone else. The gift of imperfections helps me to embrace myself, no matter what. And in Play I get encouraged to goof around more – in spite of being already somewhat old and settled. Because although to play means to do something without an obvious purpose, the benefits of playing seem to be overwhelming, especially for adults: when you play you learn to socialize successfully, meaning, you `learn emotional intelligence – the ability to perceive other`s emotional state, and to adopt an appropriate response´ (Stuart Brown in `Play´).

Such books are full of wisdom and advice. They deliver inspiring insights and helpful approaches, they ask good questions – and provide some answers. If I had read them I should be so smart!

But, first: I haven´t read them all. Every year, just before our summer break, I walk along our book shelf and pick the books I would like to and perhaps should read – finally. Being realistic I only take out one or two of them … 

Second: it´s hard to apply what you read, while your life is going on and getting complicated in different ways than the books `suggest´. Unfortunately it´s almost impossible to `store´ some of the advice for later occasions. So I often read, nod and feel smart – but in reality remain as ignorant as before.

Last and perhaps most important: I often can´t remember what I read – the more so the older I get. 

Fortunately I am not completely without any clue in the challenges of everyday life – and as the years go by I dare to just try more. Some wisdom does its work in me without my conscious effort to apply the knowledge I gained from books.

Therefore: So far, aging seems to be as good a counsellor as a good book – although not automatically. How smart and wise a person becomes and acts has a lot to do with character. Being authentic, open to criticism, curious, mentally flexible, humble, and so on, certainly results in more wisdom than any book or age could provide on their own.

Nicht so einfach

Mein Lieblingsbrot beim Bäcker kostet mittlerweile 4,70 Euro – pro 750 Gramm. Ich kann mich noch gut an die 3,85 Euro erinnern, die es vor anderthalb Jahren kostete. Weil ich mich über den Preis wundere – und das Brot nur noch sehr selten kaufe, hebt die Verkäuferin entschuldigend die Schultern. „Ich gebe ja niemandem die Schuld“, beruhige ich sie. „Doch, dem Herrn Putin, dem haben wir das alles zu verdanken“, entgegnet sie prompt. Ist es wirklich so einfach? Putin ist Schuld an allem, was in unserem Land gerade geschieht – gerade so, als gäbe es nur eine mögliche Reaktion auf den Krieg in der Ukraine? Ich weiß nicht: Auch mit dem Corona-Virus gehen Länder und Menschen unterschiedlich um. Dass sich Menschen am Maskengeschäft bereichert haben, können wir zum Beispiel nicht dem Virus selbst in die Schuhe schieben.

Fakt ist, dass der Bäcker den Preis erhöht, weil die Inhaltsstoffe immer teurer werden. Diese Verteuerung hat ebenso komplexe Ursachen wie der Anstieg der Energiekosten, um die Zutaten zu Brot zu verarbeiten. Dass Menschen in Deutschland sich ein Brot für 4,70 Euro nicht leisten können (oder noch nie leisten konnten), ist kein ganz neues Problem. Ich möchte Putin nicht ent-schuldigen; er lädt erhebliche Schuld auf sich. Der Krieg in der Ukraine ist schrecklich und und verändert die Welt beträchtlich. Aber er ist nicht die einzige Ursache für einen unvermeidlichen Brotpreis von 4,70 Euro. So einfach ist das nicht.

Fantastische Gelegenheiten 

Ein Freund schreibt mir in einer Mail, ein Thema werde dann herausfordernd, wenn man aufhört in schwarz/weiß Rastern zu denken. Daraus ergäben sich `fantastische Gelegenheiten, sich zwischen die Stühle zu setzen´. Ich liebe derartige Formulierungen: Sie beschreiben sehr humorvoll, dass jemand sich sehenden Auges auf einen sehr anstrengenden Weg begibt. Damit verbunden sind meist nicht nur kontroverse Gespräche, sondern so manche Freundschaft wird auf die Probe gestellt. Dieser Freund hat das schon einmal erlebt und weiß, was ihn erwartet. Trotzdem hat er weiter Mut, sich nicht mit oberflächlichen Antworten zufrieden zu geben – auch nicht um des lieben Friedens willen. Ich möchte von ihm lernen, schwierigen Diskussionen nicht auszuweichen, sondern sie als fantastische Gelegenheiten zu betrachten.

Vom Singen

Bei einer Geburtstags-/Abschiedsfeier singt eine a capella-Band einige Lieder – und begeistert uns. Ein neben mir sitzender Gast ist erstaunt, dass auch unsere Kinder sich offensichtlich über diese Einlage freuen. Ob wir sehr viel Wert auf eine musikalische Bildung legen würden, fragt er mich. Ich bin erstaunt: Eine meiner Töchter spielt Klavier, und ein Sohn hatte mal Schlagzeug-Unterricht. In der Grundschule waren alle fünf in der Chorklasse, heutzutage singen wir sonntags gemeinsam im Gottesdienst. „Ach so, Gemeinde“, sagt mein Tischnachbar, „das erklärt einiges. In der Kirche wird noch gesungen; im Alltag findet Gesang kaum noch statt.“ 

Wahrscheinlich hat der Mann recht. Aus der weiterführenden Schule bringen die Kinder jedenfalls kaum Lieder mit nach Hause: Je höher die Klasse, umso mehr geht es in der Schule um das Analysieren von Musik – praktischer, quasi basaler Gesang findet meines Wissens nur selten statt.

Dabei erlebe ich es immer wieder, nämlich in Gemeinde, dass gerade beim gemeinsamen Singen etwas passiert: Es verbindet Menschen, entwickelt eine eigene Dynamik und berührt mich anders und tiefer als Worte allein. Das kann ich auch bei der Geburtstags-/Abschiedsfeier beobachten. Alle Gäste wiegen sich im Takt und freuen sich über bekannte Text-Fetzen. Bei einem Lied (der Wise Guys) verändert sich die Stimmung; wehmütig singen wir: „Das war vielleicht die beste Zeit, die Zeit meines Lebens, doch jetzt ist es für mich soweit. Wir hatten eine gute Zeit.“

Unterm Strich

Ein lieber Mensch wird 60; wir möchten gern mitfeiern – obwohl die Dame 250 Kilometer entfernt wohnt und keine Übernachtungsmöglichkeit (mehr) für uns hat. Die A2 erscheint uns am Freitagnachmittag eher ungeeignet: Mein Mann entscheidet sich für den alternativen Weg über die Landstraße. Dieser ist 40 Kilometer kürzer, wird also vielleicht ebenso lange dauern wie `Autobahn ohne Stau´. Wir rechnen mit zweieinhalb Stunden. Mehrere gesperrte Ortsdurchfahrten und zahlreiche Geschwindigkeitsbeschränkungen zerstören nicht nur dieses Ziel: Nach dreieinhalb Stunden hat auch die Vorfreude einen leichten Knacks.

Beim Fest freut sich die Jubilarin ehrlich über jeden Gast. Wir treffen einige alte Bekannte und genießen leckeres Essen, Life-Gesang und ein wunderbares Ambiente.

Für die Rückfahrt wählen wir die Autobahn: Nachts ist dort deutlich weniger Verkehr. Entsprechend kommen wir bis zu unserer Abfahrt gut voran. Angesichts der Umleitung, die wir alternativ zur teilweise gesperrten Bundesstraße nutzen müssen, bleiben wir zunächst gelassen. Leider müssen wir `großräumig umfahren´ und quälen uns buchstäblich im Zickzack-Kurs durch die Walachei – inklusive nächtlicher Radarkontrolle.

Am Ende stehen sieben Stunden Autofahrt für vier Stunden Geburtstagsfeier auf der Uhr: Wir fallen mehr als erschöpft ins Bett. Unser Sohn wird bald Post von der Polizei bekommen; wir haben etwa 45 Liter Sprit verfahren. War es das wert? Mit dem Abstand einer kurzen Nacht freue ich mich:

Wir konnten dem Geburtstagskind persönlich gratulieren und haben die Familie getroffen.
Das Auto hat nicht rumgezickt – und wir auch nicht.
Zwei unserer Kinder haben sich als Fahrer souverän abgewechselt.
Bewahrt an Leib und Seele sind wir abends heil in unsere eigenen Betten gefallen.

Unterm Strich sind wir sehr dankbar!

Mittagsschläfchen

Meine Freundin (seit kurzem Rentnerin) schreibt mir, sie mache jetzt regelmäßig ein Mittagsschläfchen. Das sei eine `Tätigkeit´, die sie neu für sich entdeckt habe.

Ich lächle, als ich das lese: Mittagsschläfchen hört sich zunächst einmal passiv an, wie Nichtstun; währenddessen passiert nichts. Während einer Tätigkeit dagegen ist man aktiv und tut, es passiert etwas. Oder?

Mein Mann ist auch ein Mittagsschläfchen-Typ, `power nap´ nennt er das: Einmal für 20 Minuten wegsacken und dann erfrischt wieder an den Schreibtisch gehen. Ich selbst lege mich mittags höchst selten hin – aus vielen Gründen. Vor allem aber kommt ein Mittagsschläfchen in meiner gedanklichen Tagesplanung nicht vor: Ich plane diese Art Pause nicht ein, also passiert sie nicht. Eine echte Pause – sei es nun durch ein Schläfchen oder in anderer Form – geschieht nur, wenn ich sie mir vornehme. Das wiederum klingt sehr nach einer aktiven Tätigkeit: Meine Freundin hat recht.

Belastungstest

Horizontaler Regen, Wind, kühle Temperatur für `Sommer´. Das Wetter ist nicht optimal, aber von Starkregen sind wir noch weit entfernt. An der Nordsee geht es anders zu. Ich bin guter Dinge, ziehe Regenzeug an und schwinge mich aufs Rad: Ich muss zur Kontrolle beim Kieferchirurgen. Schon als ich zwanzig Minuten später dort ankomme, spüre ich feuchte Stellen an den Kniekehlen – und schaue nicht hin. Während der fünf Minuten beim Arzt, nieselt es nur leicht. Auf dem Rückweg nimmt der Regen sofort wieder Fahrt auf. Ich bleibe guter Dinge, mir ist nicht kalt. Zu Hause lässt es sich nicht mehr ignorieren: Die Regenhose hat diesen Belastungstest nicht bestanden.

Das ist nicht dramatisch, ich ärgere mich nicht wirklich. Aber: Wir fliegen auf den Mond und steigen auf den Mount Everest; Menschen gehen zu Fuß zum Nordpol: Wir sollten Regenhosen herstellen können, die zuverlässig dicht sind.

Harmlos? Nun ja.

Maiglöckchen. Mai-Glöckchen, das klingt harmlos. Es hört sich freundlich an, angenehm und zurückhaltend wie ein zartes Pflänzchen. Ich habe ein paar davon in meinem Garten. Sie stören mich nicht, sie wachsen unter den Eiben am Ende des Grundstücks – da ist kein Beet in der Nähe. `Ein paar Maiglöckchen sind in Ordnung´, dachte ich lange. Ich wusste nur theoretisch, dass man sie schlecht wieder los wird, wenn sie sich einmal breit gemacht haben.

Denn praktisch entpuppen sich auch im Garten manche Dinge erst bei genauerem Hinschauen als nicht ganz so harmlos, wie zunächst angenommen. So geht es mir seit kurzem mit meiner Maiglöckchen-Kultur, wie ich sie mal nennen möchte: Denn mittlerweile habe ich ein paar mehr davon in meinem Garten. Einige von ihnen stören mich: Sie wachsen unter den Eiben direkt neben der Terrasse – und strecken ihre Wurzeln aus in Richtung des danebenliegenden Beetes. Ich rücke ihnen zu Leibe und stelle fest: Maiglöckchen sind unangenehm tief und fest verwurzelt, vermehren sich großzügig und wuchern übergriffig. Harmlose zarte Pflänzchen sind das nicht; hartnäckige Biester trifft es besser!