Vom Singen

Bei einer Geburtstags-/Abschiedsfeier singt eine a capella-Band einige Lieder – und begeistert uns. Ein neben mir sitzender Gast ist erstaunt, dass auch unsere Kinder sich offensichtlich über diese Einlage freuen. Ob wir sehr viel Wert auf eine musikalische Bildung legen würden, fragt er mich. Ich bin erstaunt: Eine meiner Töchter spielt Klavier, und ein Sohn hatte mal Schlagzeug-Unterricht. In der Grundschule waren alle fünf in der Chorklasse, heutzutage singen wir sonntags gemeinsam im Gottesdienst. „Ach so, Gemeinde“, sagt mein Tischnachbar, „das erklärt einiges. In der Kirche wird noch gesungen; im Alltag findet Gesang kaum noch statt.“ 

Wahrscheinlich hat der Mann recht. Aus der weiterführenden Schule bringen die Kinder jedenfalls kaum Lieder mit nach Hause: Je höher die Klasse, umso mehr geht es in der Schule um das Analysieren von Musik – praktischer, quasi basaler Gesang findet meines Wissens nur selten statt.

Dabei erlebe ich es immer wieder, nämlich in Gemeinde, dass gerade beim gemeinsamen Singen etwas passiert: Es verbindet Menschen, entwickelt eine eigene Dynamik und berührt mich anders und tiefer als Worte allein. Das kann ich auch bei der Geburtstags-/Abschiedsfeier beobachten. Alle Gäste wiegen sich im Takt und freuen sich über bekannte Text-Fetzen. Bei einem Lied (der Wise Guys) verändert sich die Stimmung; wehmütig singen wir: „Das war vielleicht die beste Zeit, die Zeit meines Lebens, doch jetzt ist es für mich soweit. Wir hatten eine gute Zeit.“

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