Beschwert

Ein Streitgespräch mit meinem Liebsten; neue Vorgaben der Regierung, die meinen lange geplanten Berlin-Ausflug zumindest illegal machen, wenn nicht sogar verhindern werden; Schulaufgaben für meinen Jüngsten, die meine Mitarbeit fordern; das Telefonat mit einer Freundin, deren Covid-19-Angst mich sprachlos zurücklässt … und dann auch noch eine super Idee fürs Mittagessen, die sich nur realisieren lässt, weil wir noch zwei Mal einkaufen gehen.

Nichts läuft heute geschmeidig und unkompliziert, mir ist jegliche Leichtigkeit flöten gegangen. Ich fühle mich beschwert – und das nur, weil ich mehr auf die äußeren Umstände höre als auf Jesu Worte „… und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“. (Matthäus 28, 20b)

Gute Unterbrechungen

„Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden!“
Philipper 4, 6

Ein Teil der christlichen Tradition sind Tagzeitengebete. Heutzutage halten sich vor allem Menschen in christlichen Lebensgemeinschaften an diese Form des regelmäßigen Innehaltens: Zu festen Zeiten unterbrechen Ordensschwestern oder Mönche, was sie gerade tun, und beten stattdessen. Die Gebete selbst sind wichtig – und deutlich mehr als eine feste Routine. Denn in diesem festen Rhythmus drückt sich noch etwas anderes aus: Gottes Wirken ist das Entscheidende, nicht das der Menschen.

Wer sich unterbrechen lässt, bekennt: Nicht ich habe die Kontrolle, nicht auf mich kommt es an. In einer Zeit und Gesellschaft, in der manche damit werben, dass „nichts unmöglich“ ist, klingt ein solches Statement mindestens weltfremd, vielleicht sogar überholt. Aber in den entscheidenden Situationen unseres Menschseins merken wir eben doch, dass diese sich unserer Machbarkeit entziehen: Wenn eine Beziehung sich nicht kitten lässt, so sehr wir uns mühen; wenn uns Schwermut überfällt, obwohl wir reich, gesund und abgesichert sind; wenn wir uns einsam fühlen trotz vieler Menschen um uns herum… Wie tröstlich ist es dann, das „EINER dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält“ (wie Rilke sagt). Mit ihm können wir reden, ihn sogar hören und seinen Trost und Frieden erleben.

„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“
Philipper 4, 7

Universal and unique

Our God is universal: he created heaven – the whole universe with all its stars and planets – and earth, including the right conditions for life to happen in the first place and everything that lives (plants, people, animals from ants to elephants … ).

And our God deals with us in a unique way: he cares about and responds to my own attitudes, wishes and dreams, sometimes encouraging me through something in such an unbelievably gentle way that it moves me to tears.

Breaking or bending?

I am fifty years old and not the same person I was ten years ago. I was, am and will be changed by experience, by my own conscious efforts or through active decisions. My heart, my attitude towards people, my acceptance of circumstances – all this changes awfully slowly, but change it does.

This change can take place through breaking or bending. Breaking is done to something or someone. It doesn`t take much time and in the end the broken thing or person is destroyed. To bend something or someone, on the other hand, is a time consuming process: Either the material needs to have suitable properties or the person needs to offer their cooperation and consent. In the end, the thing or person that is bent still retains its own essence or personality, and most of its power and ability.

I believe God is the driving force behind everything that happens in my life – chances, motivation and the ability to decide. He knows my strengths and weaknesses and also what needs to change in me to be a loving, patient and compassionate person. Because God loves me, he doesn`t break, he bends – using time, effort, patience and humility. He has more patience and readiness to adapt to my pace on life’s journey than I have myself, and is more than willing to start anew with me, again and again.

It may take much longer, but, given the choice, I`d rather be bent than broken ….

Nicht so einfach

„Nun aber legt alles ab von euch: Zorn, Grimm, Bosheit, Lästerung, schandbare Worte aus eurem Munde; belügt einander nicht; denn ihr habt den alten Menschen mit seinen Werken ausgezogen und den neuen angezogen, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Ebenbild dessen, der ihn geschaffen hat.“
Kolosser 3, 8-10

Als wenn das so einfach wäre: die schlechten Gewohnheiten „ablegen“. Als wäre der alte Mensch ein Kleidungsstück, das man beliebig ausziehen und wechseln kann. Mir zumindest fällt es schwer, alte Muster nicht mehr zu bedienen:

Zorn und Grimm? Es geht noch immer furchtbar schnell, dass ich mich ärgere und zornig werde – und nicht so schnell vergessen kann.
Bosheit? Ich würde gern sagen, dass ich nicht boshaft bin; aber einigen mächtigen, aber mir höchst unsympathischen Zeitgenossen gönne ich ihr Scheitern allemal.
Lästerung und schandbare Worte? Darin bin ich deutlich freundlicher geworden in den vergangenen Jahren, was aber vielleicht nur an einer bereits einsetzenden Altersmilde liegt. Und in meinem Herzen erhebe ich mich noch immer über Leute, die ich als schwierig empfinde.
Lüge? Ich lüge nicht, das kann ich sagen; aber ich sage auch nicht immer die Wahrheit.

Aber dann geht der Text noch weiter:
„So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld; und ertragt einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!
Kolosser 3, 12+13

Allgemein und in einer konkreten Situation kann ich mich entscheiden – für oder gegen ein bestimmtes Verhalten. Das funktioniert nur, wenn ich weiß, dass ich geliebt bin von Gott. Dann werde ich anders leben wollen und entscheide mich:
für das Erbarmen – und gegen den Zorn,
für die Freundlichkeit – und gegen die Bosheit,
für Demut, Sanftmut und Geduld – und gegen schandbare Worte,
für die Wahrheit – und gegen die Lüge.

Das ist immer noch nicht so einfach; ich werde es manchmal besser, manchmal schlechter hinbekommen. Aber mit fortwährendem (An-)Probieren werden mir die neuen (Verhaltens-)Kleider besser passen als die alten – und besser stehen.

Gott und die Zeit (2)

„Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.“
Prediger 3, 11

Jeder Moment für sich ist lang oder kurz, intensiv oder unwichtig; die Summe meiner Momente ist begrenzt durch Anfang und Ende. Die Zeit meines Lebens rinnt mir davon oder an mir vorbei – wie auch immer, aber weg ist sie ist nicht: Selbst die Vergangenheit ist in gewisser Weise noch heute präsent. Meine 50 Lebensjahre bis heute sind zwar vorüber, in der Rückschau bleiben es aber doch 50 Jahre – und außerdem „sieht“ man sie an mir: Wirklich vergänglich ist nicht die Zeit, sondern Dinge, Umstände und Personen.

Gott dagegen wirkt unbegrenzt, er selbst ist Anfang und Ende: Er scheint über der Zeit zu stehen und ist in jedem Moment gleich präsent – sei dieser nun vergangen oder (aus unserer Sicht) noch gar nicht geschehen. Etwas davon hat er in unser Herz gelegt: Zumindest ab und zu sehne ich mich nach der Ewigkeit, in der kein „leider verpasst“ oder „muss ich unbedingt noch“ existiert. Ich freue mich darauf, dass persönliche Befindlichkeiten und Sympathien keine Rolle mehr spielen werden – perfekter äußerer und innerer Friede, anstrengungsfrei. Besonders attraktiv, aber kaum vorzustellen: In der Ewigkeit ist jede Gemeinschaft unmittelbar – mit Jesus und mit den Glaubensgeschwistern, deren Lebenszeit mit meiner nicht oder nur teilweise übereinstimmt. In der Ewigkeit sind auch wir nicht mehr von der Zeit begrenzt.

Gott und die Zeit (1)

Wir sind ungeduldig, wenn wir mittendrin stecken in einer „Sache“, um die Gott sich doch bitte kümmern soll – es aber nicht tut. Dann beten wir: „Schöpfer des Himmels, wie viel Zeit lässt du dir noch?“ Andererseits freuen wir uns, wenn und dass Gott unser – manchmal schneckengleiches – Lebenstempo mitgeht. Wie schwerfällig und langsam wir uns auch verändern: Er weicht uns nicht von der Seite – und treibt uns erst recht nicht an. In diesen Momenten sind wir dankbar, dass Gott „alle Zeit der Welt zu haben scheint“ und uns die „Zeit lässt“, die wir brauchen.

Pralinen und Kröten

„Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes.“
Prediger 3, 13

In einer Mail berichtet ein Freund traurig von einer alten Bekannten: Nach 20 Jahren Ehe verlässt sie Mann und zwei Kinder. Sie wolle endlich ihre Bedürfnisse ausleben, habe sie ihm gesagt, nach all der Zeit als Hausfrau und Mutter und Hintanstellen der eigenen Träume. Ich bin erschüttert, obwohl ich ahne, welche Gedanken sie bewegen: Es ist die Frage, wie sehr man die Schuld für die eigenen Entscheidungen dann doch bei den anderen sucht. Ich kann das auch gut, aber es ist gar nicht gut. Wir treffen unsere Entscheidungen selbst, normalerweise zwingt uns keiner in diesem Land. Wenn wir unzufrieden werden (oder im Nachhinein sind), müssen wir bedenken, was die Alternative gewesen wäre und ob wir mit deren Folgen besser hätten leben können: Ich als Vollzeit-Mutter kann mich fragen, warum ich mich nur um die Kinder gekümmert habe und noch kümmere. Aber ebenso muss ich mich auch fragen, ob ich sie zugunsten einer eigenen Karriere gern in fremde Hände gegeben hätte.

Wir bekommen ein Leben meist nur als Paket, aber wir hätten gern nur die Pralinen: erfolgreich im Job, sich in die Kinder investieren und sie prägen, tolle Ehe, interessante Hobbys, intensive Freundschaften. Doch neben den Pralinen hocken die Kröten: Irgendetwas bleibt (zumindest phasenweise) auf der Strecke, irgendeine Sehnsucht in uns ungestillt. Es ist nicht immer gleich einfach, Verluste zu akzeptieren und gute Prioritäten zu setzen und dauerhaft `Ja´ zu sagen zu dem Lebensstil, für den man sich entschieden hat – mit allen Konsequenzen.

Der Teufel kennt unsere Schwachstellen und Sehnsüchte, vor allem die nicht befriedigten. Er macht uns gern darauf aufmerksam: Und dann sehen wir klar, was uns fehlt, und nur im Nebel, welche Schätze wir haben. Ich kenne das gut. Aber wir merken oft eine Weile nicht, dass dies nur eine Sicht der Dinge ist… Und dann scheint das Ausbrechen die einzige oder zumindest eine gute Alternative zu sein – weil das bisher Gelebte scheinbar nicht mehr auszuhalten ist. Aber dabei geht ganz viel kaputt und werden die Verluste noch viel höher sein. Nur überblicken wir das in dem Moment nicht oder wollen es gar nicht wissen.

„Der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.“
1. Petrus 5, 8

Vorbehalte

„Ist er nicht der Zimmermann, Marias Sohn, und der Bruder des Jakobus und Joses und Judas und Simon? Sind nicht auch seine Schwestern hier bei uns? Und sie ärgerten sich an ihm.“
Markus 6, 3

Jesus kommt in seine Heimat zurück – und merkt, dass er dort nicht viel ausrichten kann: „`Ein Prophet gilt nirgends weniger als in seinem Vaterland und bei seinen Verwandten und in seinem Hause.´ Und er konnte dort nicht eine einzige Tat tun, außer dass er wenigen Kranken die Hände auflegte und sie heilte.“ (Markus 6, 4)

Für Jesus galten dieselben Spielregeln, denen wir heute unterworfen sind: Gegen die Vorbehalte von Menschen, gegen ihr Schubladendenken und ihr festlegendes „Ich weiß, wer du bist und wie du tickst“ können wir wenig tun. Sind wir einmal „eingetütet“, bleiben wir dieselben – egal, wie sehr wir uns tatsächlich verändern. Auf den ersten Blick ist das wirklich schade – für uns: Wir werden nicht umfänglich wahrgenommen und vielleicht sogar völlig falsch verstanden. Auf den zweiten Blick ist es wirklich schade – für den anderen: Sein „Wissen“ verhindert, dass er staunt über uns oder sich reibt an uns, in jedem Fall aber inspiriert wird. Insgesamt ist es schade – für beide: Die Begegnung bleibt oberflächlich, nicht spannend; die Beziehung entwickelt sich nicht weiter.

„They tripped over what little they knew about him and fell, sprawling. And they never got any further.“ Mark 6, 3 ( The Message) „Sie stolperten über das Wenige, das sie von ihm wussten, fielen und blieben ausgestreckt liegen. Und dann kamen sie nicht weiter.“ (frei übersetzt)

Weihnachtlich

„Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“
Lukas 2, 10+11

Jedes Jahr in der Weihnachtszeit erzählen mir Leute, sie würden sich nicht „weihnachtlich“ fühlen. Es liegt meist daran, dass es zu warm ist. Dieses Jahr kommt das Corona-Virus mit allen Umständen dazu – und sorgt offenbar für extra „nicht-weihnachtlich“.

Ich bin unsicher, was ich davon halten soll. Was meinen wir mit „weihnachtlich“? Wir zünden Kerzen an und backen Kekse, die wir nur in dieser Zeit essen. Eine meine Töchter spielt auf dem Klavier auch Lieder wie „Ich steh` an deiner Krippen hier“ und „Herbei, oh ihr Gläubigen“. An der Eibe vor der Tür hängt eine Lichterkette, im Wohnzimmer steht seit gestern ein Tannenbaum. Aber ist das „weihnachtlich“ oder einfach schön?

Dass es nicht besonders kalt ist oder gar schneit, ärgert mich höchstens für die Kinder – mir selbst sind Temperaturen über Null Grad gerade recht. Zimt-Geruch, Glühwein und Winter-Teemischungen? Bitte nur in Maßen, denn ich mag auch in der Weihnachtszeit lieber Obst und dieselbe Schokolade, die ich das ganze Jahr über gern esse. Kerzenlicht finde ich gemütlich – weil es früh dunkel wird; Stollen schmeckt und passt zum Winter – wie der Spargel zum Frühsommer. All das gehört zu Weihnachten, aber für ein weihnachtliches Gefühl sorgt es bei mir nicht. Es erzeugt höchstens eine bestimmte Erinnerung.

„Weihnachtlich“ kann für mich nur heißen: Der allmächtige Gott, der Schöpfer des Universums, ist Mensch geworden in Jesus. Er liebt uns und wünscht sich eine Beziehung zu uns. In der Hektik des Jahresendes ist es schwer genug, mir dessen bewusst zu sein und darüber zu staunen. Dabei ist dieser Jesus der einzige Trost, auf den wir uns verlassen können! Gerade dieses Jahr merken wir, wie wenig sicher selbst die „weihnachtliche Normalität“ ist. Gerade dieses Jahr gilt das „Fürchtet euch nicht!“, das die Geburt Jesu begleitet. Darüber hinaus gilt, was Jesus am Ende seines Lebens seinen Jüngern sagte: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Enden.“ (Matthäus 28, 20)