Linientreu oder Voltaire?

Die Tochter meiner Freundin geht zur Berufsschule. Ein Lehrer fragte dort kürzlich (während des Unterrichts) den Impfstatus ab. Er sprach von einem `sensiblen´ Thema – und forderte dennoch nur die (vier) Ungeimpften auf, ihre Entscheidung zu begründen.

Eine Lehrerin meines Sohnes bezeichnet (während des Unterrichts) die nicht geimpften Schüler als `verantwortungslos´.

Die empfohlenen Maskenpausen (während des Unterrichts) werden an der Schule meiner Kinder nur von wenigen Lehrern erlaubt.

Mitschüler fordern sich (während des Unterrichts) gegenseitig dazu auf, ihre Maske `ordentlich´ über die Nase zu ziehen – es heiße schließlich Mund-Nasen-Schutz.

Meinungsäußerungen sind nicht verboten, ich weiß. Ist es aber momentan ebenso möglich, als Lehrer oder Schüler (während des Unterrichts) andere Ansichten zu äußern? Interessante Diskussionsansätze könnten sein:

`Geimpfte sollten sich ebenso testen wie Ungeimpfte, weil sie ebenfalls infiziert und Überträger sein können.´
`Offiziell haben wir keine Impfpflicht. Aber der inoffiziell gefühlte Impfzwang – ausgelöst durch die Berichterstattung, die Maßnahmen und den Rechtfertigungsdruck – passt nicht zu einer demokratischen Gesellschaft.´
`Ich halte es für bedenklich/angebracht, die weitergehenden Einschränkungen der Grundrechte mit einer zu geringen Impfquote zu rechtfertigen.´

Ich habe den Eindruck, mittlerweile gilt: Wenn man linientreu ist, darf man alles (sagen). Unangepasst wäre es, wir hielten es mit Voltaire: „Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.“
Voltaire (1694-1778)

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