Der frühe Bonhoeffer

In seiner Bonhoeffer-Biographie bezieht sich Eberhard Bethge vor allem auf Bonhoeffers veröffentlichte Schriften, seine erhaltenen Briefe und Tagebucheinträge. Die darin vertretenen Ansichten und Überzeugungen veränderten sich im Laufe der Jahre. Je mehr Bonhoeffer Erfahrungen machte und sich löste von der Prägung seines Elternhauses und der deutschen Gesellschaft seiner Zeit, wurden auch seine Gedankengänge weiter und ausgewogener.

Wir tendieren dazu, das zu vergessen: Alles, was wir tun und sagen, ist Produkt einer bestimmten Lebensphase. Vergeht diese, verändern sich auch unsere Standpunkte – zumindest teilweise. Es kann soweit kommen, dass wir uns vielleicht sogar distanzieren müssen von früheren Überzeugungen.

Hinzu kommt: Je älter wir werden, umso klarer wird uns, wie wenig wir wissen, dass „eindeutig und einfach“ nur selten zutrifft und wie berechtigt andere Perspektiven sind, wenn es um Meinungen geht. Das lässt uns hoffentlich vorsichtiger formulieren, ohne uns mit Phrasen zu begnügen. Nicht zu vergessen ist eine gewisse Altersmilde, die uns barmherzig umgehen lässt mit allzu enthusiastischen Verkündigungen.

Dietrich Bonhoeffer durchlief dies alles im Schnelldurchgang – er hatte nur ein halbes Leben Zeit …

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