Tod – Juni 2016

Ganz plötzlich und – für mich – unerwartet ist einer meiner ältesten Freunde gestorben. Im Frühjahr noch habe ich dem Drang nicht nachgegeben, ihm einfach mal so zu schreiben, sondern habe mich auf den Sommer vertröstet – auf seinen Geburtstag. Im Juni erreichte mich die Todesanzeige; und ich frage mich, warum ich einen Anlass brauchte, mich zu melden? Zu spät, unwiderruflich zu spät. Wie schade!

Im Lesen seiner alten Briefe (unsere Kommunikationsebene) von vor knapp dreißig Jahren lebt die Zeit wieder auf, treffe ich das Mädchen wieder, das ich damals war. Ein bisschen ist dieses Mädchen, das so nur er kannte, mit verschwunden und nicht mal mehr in meiner Erinnerung präsent.

Warum weine ich – um seinetwillen, um meinetwillen, um der verpassten Gelegenheiten willen, um seiner Familie willen, die ohne ihn weiter leben muss? Für wen sind meine Tränen? Und: Was tue ich, wenn ich das nächste Mal den Impuls verspüre, mich bei einem alten Freund zu melden?

Juni 2018: Ich vermisse ihn noch immer – besonders im Sommer. Aber vor allem bin ich dankbar für die Freundschaft, die uns verband, für die Briefe, die gemeinsame Zeit. Meine Dankbarkeit überlebt seinen Tod, mein Freund bleibt Teil meines Lebens.

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