Mein jüngster Sohn kann sprechen und zuhören. Das hat er zu Hause gelernt, neben vielen anderen Dingen, die nichts mit der deutschen Sprache zu tun haben. Er weiß, dass man miteinander reden kann – direkt oder per Telefon. Für andere Kommunikationswege und auch, um noch mehr zu lernen, muss man schreiben und lesen können. Das – und viele andere Dinge – lernt er in der Schule, er ist in der vierten Klasse. Deutschunterricht ist wichtig, aber auch mühsam, denn unsere Sprache hat viele Worte und ein kompliziertes Regelwerk. Wir helfen ihm, indem er zu Hause redet, liest und manchmal etwas schreibt.
Heute
kam er aus der Schule nach Hause und sagte als erstes: „Mama, das
war so cool – wir hatten keinen Deutschunterricht.“ „Wieso?
Kannst du schon alles oder war die Lehrerin krank?“ „Nein, wir
hatten stattdessen Klassenrat, weil XY gemobbt wird. Über WhatsApp,
da werden von anderen Mitschülern blöde Sachen über sie ins
Internet gestellt. Das kann jetzt die ganze Welt sehen – naja,
vielleicht nicht die GANZE, aber doch ziemlich viele Leute. Und die
Dinge bleiben ja da stehen, weißt du?“
Ja,
weiß ich. Noch bevor die Kinder heutzutage wissen, wie man richtig
Schreckschraube schreibt, bezeichnen sie einander so und schlimmer –
aber nicht mehr direkt von Angesicht zu Angesicht, sondern von einem
mobilen Handgerät zum nächsten. Und „alle Welt“ kann daran
teilhaben. Es ist wichtig, dass die Kinder darüber sprechen –
keine Frage. Aber ich denke, für diese Lernfelder sind die Eltern
zuständig. Deutschunterricht hilft Kindern, gut mit ihrer
Muttersprache umzugehen. Eltern helfen ihren Kinder, gut miteinander
umzugehen. Wenn es sein muss auch mittels eines Gerätes, das Kinder
bedienen können, ohne lesen und schreiben zu können.
Schule
kann sich nicht um die gesamte Erziehung kümmern – auch wenn wir
gern jemanden hätten, den wir für alles verantwortlich machen
können.