Persönlichkeit

Einer meiner Söhne hat einen bestimmten Stil, Dinge zu erledigen. Was er macht, macht er richtig. Er schreibt ordentlich, radiert, wenn nötig, schneidet sorgfältig aus, sortiert mit System und räumt gründlich auf. Er braucht Zeit dafür, er ist nicht der Schnellste; aber das Ergebnis hat Hand und Fuß. Nichts davon tut er in der Form, weil ich es ihm sage. Er tut es, weil er nicht anders kann – er ist ein gewissenhafter Mensch. Etwas luschig zu tun, widerspricht seiner Persönlichkeit.

Ich oder wir als Eltern haben das nicht in ihn hineingelegt. Natürlich sehe ich Tendenzen davon in seinem Vater, es könnte also genetisch sein. Aber auch das käme ja nicht von ungefähr, sondern ist von Gott geschenkt. Ich staune darüber, wie stabil derartige Anlagen bereits in einem Kind verankert sind. Im Verlauf des Lebens lernt man noch eine ganze Menge, das ist klar. Aber das grundsätzliche „WIE“ einer Persönlichkeit ist keine variable Komponente – und nur in Maßen von uns als Eltern beeinflussbar.

Der Hang zur Gründlichkeit bei diesem Sohn hat wunderbare Aspekte; aber natürlich weiß ich, dass jede gute Gabe eine Kehrseite hat: Dem Gewissenhaften wohnt der Drang zur Perfektion inne – und die kann einen selbst begrenzen und andere nerven. Dem Impulsiven dagegen (auch ein solcherart geprägtes Exemplar Kind gibt es in unserer Familie) fallen Entscheidungen leichter, er wird mit Aufgaben schneller fertig und hat eher den Mut zur Lücke – aber die Resultate sind manchmal unbefriedigend, die Lösungswege zu wenig bis zu Ende durchdacht.

Ich möchte in meinen Kindern gern die guten Anlagen sehen, fördern und wertschätzen und gleichzeitig auf die Begrenzungen derselben hinweisen. Allen gleichermaßen möchte ich mitgeben: „Macht das Beste daraus!“

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