Nicht meine Welt

Ich kann es nicht mehr hören – der Rekordmeister FC Bayern München. Dieser Tage schießt und gewinnt er sich schon wieder hin zum nächsten Meistertitel in der Bundesliga, möglichst auch noch zum Gewinn des sogenannten Triple aus DFB-Pokal, Champions League und Deutscher Meisterschaft. Es ist langweilig und nervig und für mehr als die halbe Fußball-Nation nicht erfreulich – und da kann man jetzt den Bremern gar keinen Vorwurf machen. Die haben schließlich alles getan, um Schlimmeres zu vermeiden. Aber die penetrante Dominanz der Bayern sorgt mal wieder dafür, dass wir mit langweiliger Konstanz immer denselben Verein als besten deutschen feiern – oder ertragen – müssen.

Im Grunde interessiere ich mich wenig für Fußball, es ist nicht meine Welt. Deutschland-Spiele lösen einen gewissen Nationalpatriotismus bei mir aus, aber in den einzelnen Ligen kenne mich nicht wirklich aus. Seit ich fußballspielende Söhne habe, die beide Fans des FCB sind, geht die Bundesliga nicht mehr ganz so spurlos an mir vorüber wie früher. Vor einigen Jahren tauchte ich daher ein in die Fußball-Realität und schlug ich mich auf die Seite von – natürlich – Borussia Dortmund. Dieses Jahr sah es anfangs ganz gut aus, dann aber passierten solche unangenehm eindrucksvollen Kantersiege wie 6:0 gegen Mainz oder 5:0 gegen Dortmund selbst. Meine Güte – geht’s noch? Macht das überhaupt noch Spaß, bei Bayern immer zu gewinnen? Weniger geht nicht, zweiter Platz ist nicht gut. Nicht ganz oben zu stehen – ein No-go! Ich weiß es nicht.

Man könnte sagen, dass die Bayern-Spieler selbst nichts dafür können. Sie sind einfach zu gut, überragend eben, sie haben Teamgeist, spielerische Klasse, den absoluten Siegeswillen und natürlich auch eine sehr motivierende Konkurrenz innerhalb des Vereins. Dieser hat genug Geld und eine unvergleichlich kraftvolle Prominenz in seiner Führungsetage. Wahrscheinlich stimmt eben alles, und deshalb gewinnen sie alles und immer wieder. Und natürlich wollen sie gewinnen – wer will das nicht?

Was ich aber wirklich überhaupt nicht verstehe, wirklich, ist: Warum wollen alle bei Bayern spielen??? Es ist doch nicht nur das ständige Siegen; es ist auch dieser immense Druck, der dort herrscht, und die Gefahr, schneller wieder auf der Bank zu landen, als es einem lieb ist. Geht es noch um das Spielen oder nur noch um den Sieg? Aber wahrscheinlich bin ich nicht genug Fußball-Fan, nicht genug auf Wettkampf ausgerichtet, nicht genug Fan ohnehin. Letztlich ist es mir egal. Spätestens wenn meine fußballspielenden Söhne nicht mehr zu Hause wohnen werden, wird mich die Lage in der Bundesliga-Tabelle kaum noch jucken – es ist eben nicht meine Welt.

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