Mit ohne Schiedsrichter

Ich komme mir manchmal vor wie ein Schiedsrichter: Wenn zwei Kinder sich streiten, möchte ich am liebsten eingreifen – und (sozusagen) von der Seitenlinie aus schlichten. Dabei funktioniert das höchst selten.

Erstens kenne ich die Vorgeschichte nicht: die Sticheleien, den Ärger, das nervige Verhalten des einen oder anderen. Was sich im Streit selbst offenbart, ist nur die Spitze des Eisbergs – sozusagen das überlaufende Fass. Von den vielen Tropfen vorher habe ich als Mutter oft keine Ahnung.

Zweitens bin ich voreingenommen. Meist tut mir derjenige leid, der im konkreten Streit gerade zu unterliegen scheint oder (scheinbar?) unfair angegangen wird. Und schon neige ich dazu, eher parteiisch zu bewerten, was gerade passiert, als möglichst neutral die Gesamtsituation zu betrachten.

Und drittens: Im Moment des Streitens ist ein Mittler fast nie erwünscht. Versuche ich es doch, gerate ich leicht zwischen die Fronten. Für Höflichkeit ist mitten im Streit kaum Raum und Zeit; stattdessen wird scharf geschossen. Wenn ich also schlichten will, muss ich die Schusslinie meiden und warten, bis sich die Gemüter wieder beruhigt haben. Ganz oft erledigt sich die ganze Angelegenheit dann von selbst: Unsere Kinder vertragen sich schneller wieder, als ICH es angesichts des vorangegangenen verbalen Schlagabtauschs für möglich gehalten hätte – ganz ohne Schiedsrichter.

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