Wir brauchen etwas zum Anziehen und fahren in die Großstadt zum `Shoppen´ . Schon den Gang durch die Fußgängerzone empfinden meine Töchter und ich nicht als abenteuerlich und spannend. Stattdessen führt er uns die Widersprüche unserer Gesellschaft deutlich vor Augen: Obdachlose, Punks mit den zu ihnen gehörenden Hunden, Bettler ohne Beine, Flüchtlinge in Gruppen, Geschäftsleute, bis unter die Haarspitzen zurechtgemachte junge Menschen (beiderlei Geschlechts) … – wir sind nicht abgestumpft genug, um unbeteiligt an dieser erschreckenden Vielfalt vorbeizugehen.
Die Geschäfte selbst ähneln Konsumtempeln: Unmengen an Kleidung; lange Schlangen vor den Umkleidekabinen; laute Musik und Kunstlicht auf mehreren Etagen, die vielleicht sortiert sind, aber riesig und unübersichtlich wirken. Die schiere Masse an `Zeug´ erschlägt uns. Vor meinem inneren Auge sehe ich, wie sich die Mode von hier und heute schon morgen auf afrikanischen Second-Hand-Märkten stapelt: Mit dem Müll, den wir hier nicht (mehr) brauchen, belasten wir gern andere – und fühlen uns vielleicht sogar noch großzügig.
Wieder zu Hause haben wir zwar leere Taschen, freuen uns aber über unser ruhiges (Klein-)Städtchen – und sind um mindestens eine Erkenntnis reicher: Wir brauchen ganz viel nicht.