Dieses Jahr spüren nicht viele, dass heute ein Feiertag ist – samstags haben die meisten ohnehin frei. Außerdem merkt man in unserer niedersächsischen Kleinstadt kaum, was und warum wir feiern: Hier scheint es egal zu sein, dass Deutschland seit 30 Jahren kein geteiltes Land mehr ist.
Für unsere Familie stimmt das nicht. Denn unsere Ehe wurde erst durch den Mauerfall möglich: Ich bin von „drüben“ und war dabei, als die Grenzen geöffnet wurden. Vor dem 9. November erlebte ich den Frust und die Demonstrationen, danach die Euphorie und den Beginn einer neuen gesamtdeutschen Realität.
All das kann ich unseren Kindern erzählen und dazu meine persönlichen Ost-Erfahrungen. Trotzdem bleibt der Mauerfall für sie ein geschichtliches Ereignis und die deutsche Einheit eine schlichte Tatsache: Sie staunen nicht darüber und bleiben emotional unberührt. Auch ihnen scheint es egal zu sein, dass Deutschland seit 30 Jahren kein geteiltes Land mehr ist.
Vielleicht ist das immer so mit der Vergangenheit, die wir nur vom Hörensagen kennen. Umso wichtiger ist die regelmäßige Erinnerung. Ein Feiertag ist eine gute Möglichkeit. Allerdings sollten wir ihn nicht gedankenlos verstreichen lassen, sondern daran denken, warum es ihn gibt: Deutschland ist seit 30 Jahren kein geteiltes Land mehr.