Kurz vor Weihnachten traf ich die Postbotin einige Male persönlich. Jedesmal wünschten wir uns vorab Frohe Weihnachten – `falls wir uns nicht mehr begegnen sollten´. Heiligabend sah ich sie doch noch, aber wir verzichteten auf gute Wünsche und winkten nur . „Bis nächste Woche!“, rief ich ihr zu, worauf sie erwiderte: „Es geht ja immer weiter.“ Das hallt in mir nach. Sie hat recht: Weihnachten ist ein besonderes Fest, aber kein Schlusspunkt. Auch das Jahresende ist nicht automatisch eine einschneidende Zäsur. Am 1. Januar geht es einfach weiter – daran ändern auch noch so viele gute Vorsätze nichts.
Andererseits stimmt dieses `immer weiter´ eben nur, solange nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommt. Wir rechnen nicht mit Dingen, die unseren durchgeplanten Alltag `stören´: Mich irritiert manchmal sogar ein Hexenschuss oder wenn jemand etwas von mir will! Für Dietrich Bonhoeffer dagegen sind Unterbrechungen positiv – besonders wenn es um Menschen geht, die unsere Zeit oder Hilfe brauchen: „Wir müssen bereit werden, uns von Gott unterbrechen zu lassen. Gott wird unsere Wege und Pläne immer wieder, ja täglich durchkreuzen, indem er uns Menschen mit ihren Ansprüchen und Bitten über den Weg schickt.“ Widmen wir uns dann trotzdem unseren eigenen Wichtigkeiten, so verpassen wir das Entscheidende – meint zumindest Bonhoeffer: „Wir gehen dann an dem sichtbar in unserem Leben aufgerichteten Kreuzeszeichen vorüber, das uns zeigen will, dass nicht unser Weg, sondern Gottes Weg gilt.“
Das Einzige, was mit Sicherheit `immer weiter´ gehen wird, ist Gottes Wirken in dieser Welt – und dazu gehört sein manchmal tägliches Durchkreuzen unserer Pläne. Das könnte ein wirklich guter Vorsatz sein fürs nächste Jahr: flexibel und neugierig auf Unterbrechungen zu reagieren – in der Erwartung, dass Gott damit etwas bezweckt.