Regelmäßig

Gymnastik ist nicht mein Lieblingssport, tut mir als Ergänzung zum Laufen aber gut. Daher mache ich schon lange und regelmäßig Pilates, wöchentlich: zunächst sehr lange in einer Gruppe mit Trainerin, seit Corona allein zu Hause – aber dann konnte ich mich zu Hause nicht mehr regelmäßig motivieren: Aus wöchentlich wurde erst gelegentlich und dann sehr selten beziehungsweise fast nie; der Rhythmus war futsch, meine Motivation ebenso. Vor einiger Zeit hatte ich wieder vermehrt `Rücken´ und fing an, regelmäßig jeden Morgen (außer sonntags) ein paar Übungen zu machen. Täglich ist ganz schön oft, aber schon nach kurzer Zeit spüre ich eine Veränderung: Mein Rumpf ist stabiler, meine Wirbelsäule beweglicher, Liegestütze fallen leichter. Es ist ganz erstaunlich; ich will mir das merken! Vielleicht reduziere ich ab und an die Dauer, sicher auch wieder die Frequenz. Aber regelmäßig muss es sein: Gelegentlich bringt zu wenig und wird schnell zu sehr selten oder fast nie.

Frei

Manche Menschen kommunizieren so, als wüssten sie alles besser. Vielleicht haben sie nur eine große Klappe, vielleicht sind sie wirklich schlau, egal: Gespräche mit Alleswissern empfinde ich als unangenehm. Andere Leute vermitteln dagegen, dass sie immer noch dazulernen können: Mit ihnen unterhalte ich mich gern.

Jemand, den ich für sehr klug halte, wirkt im Gespräch zum Beispiel angenehm zurückhaltend. Wenn ich mit ihm rede, fühle ich mich gehört und auf Augenhöhe – obwohl er viel mehr weiß als ich. Woran das liegt, frage ich mich. „Naja, er denkt eben klein von sich“, sagt mein Mann – und hat in diesem Fall sicher Recht. Vielleicht sind die sympathischsten Gesprächspartner diejenigen, die in sich ruhen. „The greatest freedom is having nothing to prove“, sagt Pete Cantrell. Wer niemandem irgendetwas beweisen muss, ist frei. Er vermittelt anderen das Gefühl, besonders zu sein – und muss auf seine eigenen Begabungen gar nicht hinweisen. Die erkennt man dann schon von ganz allein.

Noch da

Unverhofft flattert mir die Todesanzeige eines alten Freundes ins Haus. Ich wusste von seiner langwierigen Krebserkrankung und hatte dennoch nicht mit seinem Sterben gerechnet. Sofort kommen Erinnerungen an ihn hoch: seine sonore Stimme und sein Lachen, seine Gabe, zuzuhören, seine unerschütterliche Ruhe. Er liebte seine Frau und seine Kinder, mochte und kümmerte sich gelassen um Katzen, Hühner sowie den gestörten Ganter auf dem Hof. Er war sehr charmant und eine Nachteule: Vor Jahrzehnten führte er mich ein in das Kneipenleben von Heidelberg. Jetzt ist er tot. Aber ich habe seine Briefe an mich und meine Erinnerungen an ihn – ein bisschen ist er noch da.

Unpassend

In einer schmalen Straße saust ein Rettungswagen mit Blaulicht an mir vorbei – ohne Sirene. Er scheint auf dem Weg zu einem Altenheim zu sein; 100 Meter vor mir hält er an. Gemächlich steigen zwei Personen aus, richten ihre Klamotten, öffnen die hinteren Türen und besprechen (meiner Einschätzung nach) IN ALLER RUHE, was sie denn nun mitnehmen und was nicht.
Angesichts der eiligen Fahrt wirkt dieses Verhalten irgendwie unpassend.

Ich spekuliere, dass sie sich jetzt vielleicht die zwei Minuten Trödelei erlauben können, die sie durch ihr schnelles Fahren eingespart haben.
Angesichts der Situation wirken diese Gedanken irgendwie unpassend.

Einstimmung

Das Einkaufserlebnis soll heutzutage offenbar überall verbessert werden – und wird daher mit Musik untermalt: Radio, Werbe-Klänge der Supermarkt-Kette oder so etwas wie Gute-Laune-Musik (wahrscheinlich) von einer Playlist. Ich weiß nicht, ob es in den Läden ganz ohne Musik komisch wäre. Trotzdem nervt mich die abgespielte Musik manchmal so, dass ich mich besonders beeile, um möglichst schnell wieder draußen zu sein.

Letzten Samstag saß draußen, direkt neben den Einkaufswagen, ein Akkordeonspieler aus Sonstwo. Lächelnd und übertrieben freundlich grüßend dudelte er dieselbe einfallslose Melodie-Sequenz – in Dauerschleife. Von der Supermarkt-Beschallung direkt in die Reichweite eines talentfreien Straßenmusikers: ein schönes Wochenende!