Ich war das Wochenende über mit meinen beiden ältesten Freundinnen unterwegs und habe den Alltag keinen Augenblick vermisst. Meine Aufgaben zu Hause sind liegengeblieben – auf den ersten Blick sieht man es kaum. Am Montagmorgen mache ich mich mit frischem Schwung ans Werk und wundere mich, wie viel Spaß mir alles macht. Ich sollte öfter die Routine verlassen: ohne Wegfahren kein Wiederkommen!
Er ist dann mal weg (2)
Nach dem ersten „Ich bin gut angekommen in Sambia“ galt für unseren Sohn eine freiwillige Kontaktsperre – er hielt sich nur bedingt daran. Mittlerweile meldet er sich in größer werdenden Abständen, den digitalen Medien sei Dank. Wir hören und sehen, dass es ihm gut geht und er begeistert über den Tellerrand seines bisherigen Lebens schaut. Aber obwohl wir in Ton und Bild mit ihm kommunizieren können: eine Leere bleibt. Wie gern würde ich ihn zwischendurch mal drücken; ich freue mich auf den nächsten Sommer …
Trödeln oder sprinten
Ich trainiere ab und zu auf einem Ruder-Ergometer. Es ist für mich langweiliger als zu laufen – aber viel anstrengender. Das kommt sicherlich auch daher, dass man beim Rudern ständig vor Augen hat, wie schnell man unterwegs ist. Erbarmungslos offenbart das Display jegliche Trödelei. Schon nach wenigen Minuten muss ich mich mühen, die Anfangsgeschwindigkeit zu halten. (Beim Laufen hat das Trödeln keine sichtbaren Konsequenzen: Ich merke nicht, ob ich langsamer werde.)
Während des Ruderns höre ich meist etwas gegen die Langeweile, heute nicht. Stattdessen fange ich nach 20 Minuten (oder 4.000 Metern) an, meine Ruderschläge zu zählen: In den ersten gezählten 100 Schlägen schaffe ich etwa 700 Meter und mache so weiter bis zur 7.000 Meter-Marke. Am Ende `sprinte´ ich ins Ziel – wahrscheinlich ohne nennenswerte Konsequenzen. Denn der schönste Ziel-Sprint bringt nicht viel; wichtiger ist, dass man vorher nicht trödelt.
Doppelt teuer
Eine Nachbarin begegnet mir auf dem Weg zum Supermarkt. „Es ist alles so teuer geworden“, sagt sie. Da ich gerade vom Bäcker komme, gebe ich ihr Recht: Mein Lieblingsbrot steht nur noch selten auf unserem Speiseplan, weil sich sein Preis fast wöchentlich erhöht. Wahrscheinlich sind die gestiegenen Energiekosten verantwortlich für die Verteuerung von Lebensmitteln und anderen Dingen `des täglichen Bedarfs´.
Um hohe Gasrechnungen geht es fast täglich in den Zeitungen, ebenso um steigende Stromkosten. Aber nicht nur die Energie selbst wird teurer, sondern auch die Dinge, die mit Energie produziert werden – also alle. Ergo wird der Verbraucher dann zweimal zur Kasse gebeten … Ich frage mich, ob das dann auch als doppelte Inflation gilt?
Modalverben: müssen – sollen – können – möchten – dürfen
Meine Töchter bearbeiten am Wochenende Aufgaben für die Schule, die viel Zeit in Anspruch nehmen. Beide müssen recherchieren, strukturieren und am Ende Texte formulieren. Ich soll ihnen helfen.
Vom Thema habe ich zunächst wenig Ahnung – es geht bei beiden um Kunst im weitesten Sinne. Für meine Töchter ist zwar die Aufgabenstellung klar, aber auch sie müssen sich schlau lesen. Ich stelle fest, dass mein Alter (und mein größeres Allgemeinwissen) mich zu einem durchaus kompetenten Ansprechpartner machen. Grundsätzlich kann ich ihnen helfen.
Da sie mich vor allem für die klaren und verständlichen Formulierungen brauchen, hänge ich sofort an der Angel wie ein wehrloser Fisch: Sobald es um Texte geht, bin ich automatisch interessiert. Jetzt möchte ich ihnen helfen.
Zunächst halte ich mich zurück und lasse meine Töchter selbst machen. Schließlich soll das Ergebnis aus ihrer Feder kommen – sozusagen. Im Verlauf des Wochenendes bitten sie vermehrt um Korrektur beziehungsweise Hilfe bei der Wortwahl. Je näher der Sonntagabend rückt, umso mehr darf ich ihnen helfen.
Was man so braucht …
Ich staune, als einer unserer Nachbarn mit seiner eigenen Rüttelplatte den Untergrund fürs Pflaster hinter seiner Garage vorbereitet. Was er noch alles besitze, frage ich ihn. „Was man so braucht“, antwortet er, als wäre es vollkommen logisch, mit allem möglichen Gerät ausgestattet zu sein. Denn seine Rasenkantensteine zersägt derselbe Nachbar mit seiner eigenen Tisch-Kreissäge; und zum Beton-Anmischen benutzt er (s)einen Betonmischer. Selbstverständlich gehören auch ein Freischneider und ein Nivelliergerät zu seinem Sortiment – unter anderem.
Ich stelle fest: Was er so braucht und was ich so brauche, sind zwei vollkommen unterschiedliche Dinge. Was man so braucht, ist keineswegs vollkommen logisch, sondern ein weites Feld.
Solche Tiere und andere
Von `meinem´ Jäger weiß ich, dass auch er auf Tierschutz achten muss: Zum Beispiel sind Waschbären und Nutrias in unserer Gegend eine Plage. Ihr Bestand wird daher dezimiert – nach genauen gesetzlichen Vorgaben. Man benutzt Lebendfallen, damit kein schützenswertes Tier getötet wird. Aus Versehen gefangene Füchse zum Beispiel werden wieder freigelassen. So weit so gut. Geht aber ein Waschbär in die Falle, ist sein Schicksal besiegelt: Er wird erschossen. Damit der Waschbär `möglichst keinen Stress hat´ (bevor er erschossen wird), dunkelt man die Falle ab.
Ich denke an das Leben und Sterben anderer Tiere: Aufgrund unseres hohen Fleischkonsums leben in Deutschland viele Nutztiere – nicht nur unter optimalen Umständen. In Schlachthöfen sterben sie buchstäblich am Fließband. Um eine stressarme Betäubung und Tötung selbst kümmern sich ganze Forschergruppen – vor allem wegen der Fleischqualität. Wie aber sieht es drumherum aus? Das Leben in einem Mastbetrieb, der Abtransport auf engen Lastern (platzsparend zusammengepfercht) und das eilige Entladen am Schlachthof: Ich bezweifle, dass sich das für Schweine oder Rinder stressfrei anfühlt.
Es ist super, sich um das Tierwohl zu bemühen – und einheitliche Vorgaben dafür zu schaffen. Mir wären allerdings die vielen Nutztiere wichtiger als die wenigen Waschbären, wenn es um stressfreie letzte Minuten vor dem Tod geht.
Beruf(ung)
Wenn mich jemand nach meiner beruflichen Entwicklung fragt, antworte ich normalerweise so: Ich habe ein abgeschlossenes Studium und eine Ausbildung; in beiden Berufen war ich nicht erwähnenswert tätig. Mit der Geburt des ersten Kindes wurde ich Hausfrau und Mutter, seit sieben Jahren arbeite ich – ein GANZ KLEINES BISSCHEN – nebenbei.
Ein Vortrag über eine Neu-Orientierung verändert meine Perspektive: erst ein Studium, dann eine Ausbildung und danach fünf Kinder. Anstatt Berufserfahrung zu sammeln, kümmerte ich mich freiwillig und sehr gern um unsere Kinder – eine wunderbare Lebensschule. Seit diese Berufung sukzessive das Haus verlässt, nutze ich Zeit, Kraft und meine Gaben für das, was mir noch so wichtig ist: ehrenamtlich oder professionell. So kann man das auch sehen!
Keine beste Freundin
Meine Tochter hat einige Freundinnen, die sich untereinander nicht kennen. Es sind nicht viele, nur zwei oder drei. „Früher hatte ich alle paar Monate eine andere beste Freundin; heute habe ich gleichzeitig mehrere gute Freundinnen für verschiedene Anlässe“, sagt sie.
Mit einer Freundin spielt sie Fußball und pflegt die Sozialkontakte, die damit einhergehen.
Eine weitere Freundin ist Kummerkasten und Ratgeber in einer Person: Sie kann wunderbar zuhören und ist lebenserprobt – sie weiß, dass selten `alles bestens´ läuft.
Leider nicht am Ort wohnt die Freundin, mit der meine Tochter beten und über geistliche Wahrheiten sprechen kann – gern auch fernmündlich.
„Eine beste Freundin reicht mir vielleicht nicht“, findet meine Tochter, „weil nur ein Mensch nicht alles bedienen kann, was ich mir an Gemeinschaft wünsche. Gut dass ich auch keine beste Freundin sein muss!“ Schlaues (kein) Kind (mehr).
Kann man so machen
Elternzeit ist gedacht als eine Zeit, in der Väter oder Mütter sich ganz dem Elternsein widmen – obwohl sie eigentlich arbeiten müssten. Der Job ruht für eine Weile. Mutter oder Vater können sich in Ruhe an ihre Rollen und den neuen Lebensrhythmus gewöhnen.
Unsere Kinder kamen vor diesem Modell zur Welt; wir mussten uns sozusagen berufsbegleitend mit dem jeweils neuen Kind vertraut machen. Das war in Ordnung – wenn man nichts anderes kennt, ist eine ganze Menge in Ordnung: Ich war zu Hause, mein Mann ging zur Arbeit. Daher weiß ich nicht, wie genau wir eine extra Elternzeit gestaltet hätten. Wahrscheinlich hätten wir währenddessen einfach einen Gang runter geschaltet und uns gemeinsam an den veränderten Alltag mit Baby oder Kleinkind gewöhnt.
Junge Eltern in unserer Nachbarschaft nutzen die Elternzeit des Vaters für eine ausgedehnte Urlaubsreise nach Asien. Ich kann mir vorstellen, dass sie sich danach wieder an den Lebensrhythmus zu Hause gewöhnen müssen. Kann man so machen.