Wasser

Vor einigen Tagen fiel bei uns für kurze Zeit das Wasser aus: nicht angekündigt und daher unerwartet und unerwünscht. Ich war gerade dabei, unser Mittagessen zu kochen: Gemüse waschen, Nudelwasser aufsetzen, Hände abspülen – ging alles nicht. Also entschied ich mich für Schupfnudeln mit Tomatensauce; glücklicherweise musste ich nicht dringend zur Toilette. Nach etwa einer Stunde war das Problem wieder behoben: nicht angekündigt und daher unerwartet und sehr erwünscht.

Während meines Studiums war ich für einige Wochen in Tansania. Dort fiel fast täglich das Wasser aus: nicht angekündigt, aber höchst regelmäßig und meist, wenn ich nach der Arbeit duschen wollte. Nach einigen Tagen hatte ich mich daran gewöhnt, rechnete immer damit und duschte sehr kurz – oder es ging eben nicht.

Für viele Menschen auf dieser Welt ist Trinkwasser ein Luxus: mühevoll zu beschaffen und daher hoch geschätzt. Sie erleben tagtäglich, dass ohne Wasser nicht viel geht.

Mal eben

Ein Kommentar in der Zeitung: Eine junge Schauspielerin (zwischen 20 und 30) meint, es sei heute nicht mehr üblich, `mal eben´ für ein Wochenende wegzufliegen. Man müsse sich jetzt eben daran gewöhnen, dass derartige Ausflüge nicht mehr so `normal´ seien wie noch vor zehn Jahren. Ich reibe mir verwundert die Augen: Noch nie in meinem Leben bin ich `mal eben´ für ein Wochenende irgendwohin geflogen! Flugreisen sind für mich nicht normal, sondern ein Luxus – weniger finanziell als vielmehr dahingehend, dass man sie eben nicht `mal eben´ unternimmt. Wenn es nicht so ein besorgniserregender Anlass wäre, der uns derartige Ausflüge momentan verbietet, würde ich mich über diesen Sinneswandel freuen: In den letzten 20 oder 30 Jahre haben wir eine Menge Besonderes für ziemlich normal gehalten – nicht nur Flugreisen am Wochenende. Heute `haben wir den Salat´, wollen alles besser machen und denken, wir könnten durch ein wenig (Flug-)Verzicht `mal eben´ die Welt retten … Ich weiß, dass das eine Illusion ist – vielleicht auch, weil mein `normal´ schon immer mit Bodenhaftung zu tun hatte.

(Neben-)Effekte

Einer unserer Minister verkündete kürzlich, die Maske biete einen effektiven Schutz, `tue nicht weh´ und daher solle man sie bitte weitertragen. Wer sich verantwortungsvoll und solidarisch verhalte, werde das – freiwillig – auch tun. Abgesehen davon, dass sich das für mich nicht sehr freiwillig anhört, frage ich mich, ob er selbst wirklich glaubt, was er sagt.

Für mich ist die Maske mehr, viel mehr als `nur ein Stück Stoff´: Sie verdeckt einen großen Teil des Gesichtes – und erschwert es, über Gestik und Mimik miteinander in Kontakt zu treten. Worte verschluckt sie soweit, dass Verständnisprobleme entstehen – nicht nur, wenn man schwerhörig ist: Das Erlernen der Mutter- oder einer Fremdsprache wird durch die Maske nachgewiesenermaßen zwar nicht ver-, aber doch be-hindert. Natürlich schütze ich mich durch die Maske vor Infekten – allerdings auch vor solchen, die mein Immunsystem stimulieren und mich langfristig stärken würden. Dazu kommen die Nebeneffekte psychologischer Natur: Maskenträger sind keineswegs gefeit davor, sich anzustecken oder Infekte weiterzugeben. Aber sie wähnen sich sicher; in Verbindung mit anlasslosen Massentests verlieren Menschen das Gespür für ihr eigenes Befinden: Ist der Test negativ UND trage ich eine Maske, bin ich sozialverträglich. Ohne Maske mache ich mich verdächtig, bleibe außen vor oder habe (hoffentlich?) ein schlechtes Gewissen. Wenn sich das nicht spaltend auf eine Gesellschaft auswirkt, weiß ich nicht, was sonst. Mir bereiten all diese Nebeneffekte Sorgen – sie tun mir in der Seele weh.

Erziehung?

Ich treffe viele Hundebesitzer. Fast alle erziehen ihre Hund in irgendeiner Weise – die mehr oder weniger eindeutig reagieren. Bei einer Frau und ihrem Hund ist das anders. Ich begegne beiden oft und habe noch NIE erlebt, dass die Frau ihren Hund in irgendeiner Weise erzieht: Normalerweise läuft er frei herum, begegnet Menschen und Tieren freundlich ignorant – und genießt das Hund-Sein. Momentan herrscht Leinenzwang. Daher wirkt der Hund heute entsprechend `frustriert´, dass er nicht wie gewohnt frei laufen darf. Für seine Besitzerin dagegen ist der Leinenzwang entspannend: „So kann ich einfach vor mich hin trotten; sonst bin ich ja doch immer aufmerksam, wo er ist und was er macht.“

So ist das also, denke ich: Obwohl diese Frau sich sehr, sehr sicher sein kann, dass ihr Hund keinen Quatsch macht, ist sie immer BEREIT, ihn zu erziehen. Der Hund scheint das zu wissen und reagiert eindeutig: Er begegnet Menschen und Tieren freundlich ignorant – und genießt das Hund-Sein. 

Weniger ist mehr

Relativ regelmäßig höre ich einer Band zu; die Teilnehmer beherrschen ihre Instrumente gut. Manchmal ist das ein echter Genuss, manchmal nicht: Wenn ein Instrument (meist das Schlagzeug) zu laut spielt und die anderen `mithalten´ wollen, wird das Gesamtergebnis anstrengend für die Ohren. Ebenso schwierig ist es, wenn ein Instrument das Geschehen dominiert – und man die anderen kaum noch hört. In beiden Fällen ist die Musik dann für mich kein Wohlklang mehr.

Ich denke an ein gutes Orchester und wer alles dabei ist: Streicher, Holz- und Blech-Bläser, verschiedene Schlag-Instrumente und vielleicht noch andere. Alle (immerhin 30 bis 100) Instrumente hört man ein bisschen – aber es ist schwer, ein einzelnes herauszuhören. Das muss so sein, denn der gemeinsame Klang ist entscheidend. Ein Wohlklang entsteht dadurch, dass sich der einzelne zurück- und nicht zu wichtig nimmt. DAS ist wahrscheinlich die eigentliche Kunst: so zu spielen, dass man nicht herauszuhören ist – obwohl man sein Instrument richtig gut beherrscht.

Einfach machen

„Alle sagten, das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat´s einfach gemacht.“
(Unbekannt)

Vor einigen Wochen spielte mein ältester Sohn eine Runde Kniffle mit uns. Er macht das selten und ist kein sonderlich geübter Würfel-Spieler. Nichtsdestotrotz stellte er (einfach so) einen neuen Rekord auf: 362 Punkte. Dafür braucht man auf jeden Fall zwei Kniffle, das heißt fünf Gleiche. Seitdem versuchen wir, diesen Rekord zu knacken. Sobald einer zwei Kniffle in einer Runde macht, steigt das Adrenalin. Das weitere Würfeln ist dann wohl überlegt, fast schon strategisch und sehr zielgerichtet – wenn man das so sagen kann. Jedesmal kommen am Ende sehr viele Punkte zusammen: 352, 355, 358 – aber 362 wurden es noch nie. Nach all unseren Versuchen wissen wir: Zusätzlich zu den zwei Knifflen muss alles andere auch sehr gut laufen. 

Ich finde das interessant: Den Rekord hat mein Sohn wie nebenbei er-würfelt, ganz entspannt und mit Leichtigkeit. Jetzt, wo wir wissen, welches Ziel möglich ist, erweist es sich als ziemlich schwierig, dieses noch einmal zu erreichen. Es wird vielleicht erst demjenigen gelingen, der nicht weiß, wie schwer das ist – und es einfach macht. 

Mein Ding

Ich gebe meiner Tochter eine Danke-Karte für ihren Fahrlehrer mit. Später erzählt sie mir, er habe sich darüber gefreut und gleich nach Rechtschreibfehlern gesucht. Ich muss unweigerlich lächeln – Orthografie ist auch `mein Ding´: Den Fahrerlehrer und mich verbindet offenbar ein gewisses Faible für die richtige Schreibweise. Daher bin ich mir ziemlich sicher, dass er auf meiner Karte vergeblich nach Fehlern suchen wird.

Klare Worte

Es soll Experimente gegeben haben, in denen Neugeborene nur versorgt wurden. Klare Worte oder Zuwendung dagegen bekamen sie nicht. Derartige Unternehmen endeten tragisch: Die Kinder starben. Wie schrecklich und wie unnötig! Das Ergebnis müsste jedem auch ohne Experiment klar sein. Wir sind soziale Wesen und müssen kommunizieren – egal, ob verbal oder non verbal.

Etwas oder Nichts

Ich schaffe kaum Neues; ich bewahre, was da ist: Putzen, Kochen, Einkaufen – alles dient dazu, den Status quo aufrecht zu erhalten. Dasselbe gilt für Gartenarbeit. Selten pflanze ich etwas neu oder um, aber sehr regelmäßig jäte ich Unkraut – ohne dass es jemand wirklich merkt. Für den oberflächlichen Blick des ungeübten Auges sind alle Pflanzen (mehr oder weniger) grün: die gewollten ebenso wie die ungewollten. Aber wehe, ich würde eine Weile überhaupt nicht eingreifen! Es sähe zwar immer noch (mehr oder weniger) grün aus, dabei aber vernachlässigt und ungepflegt.

Dass ich häufig ETWAS tue, ist kaum sichtbar – der Status quo bleibt. Wenn ich länger NICHTS täte, würde es jeder sehen – der Status quo vergeht.

Spuren

Meiner Hose sieht man an, wie ich mich meistens fortbewege – der Fahrradsattel hat sie sichtbar beansprucht.
Als ich noch im Garten- und Landschaftsbau und auf Höfen arbeitete, waren meine Hände immer eingerissen und auch nach dem Waschen nie richtig sauber.
Menschen, die viel rauchen, erkennt man an ihren gelben Fingern – oder an ihrer Kurzatmigkeit.
Die Wise Guys singen davon, dass im Sägewerk Bad Segeberg `keiner mehr zehn Finger´ hat.
Wer viel in der Sonne unterwegs ist, wird braun; wer viel lacht, bekommt Lachfalten.
Junge Kinder, die viel auf Bildschirme starren, werden häufiger kurzsichtig. (Viel Tageslicht wirkt übrigens dagegen.)
Ständig unterbrochen zu werden und zu wenig Schlaf wirken sich negativ darauf aus, wie lange ich mich am Stück konzentrieren kann.

Womit wir uns beschäftigen, hinterlässt Spuren an unserem Körper – und an unserem Geist. Nicht alles, was sich heute super anfühlt, steht uns morgen noch gut. Es wäre sicher hilfreich, manchmal darüber nachzudenken, welche langfristigen Folgen unser kurzfristiges Tun hat.

PS: Die einseitige Abnutzung meiner Hose ist nicht besonders schön – aber nur ein Nebeneffekt. Auf der anderen Seite stehen: Tägliches, kostenloses Training für Beine, Herz und Lunge; kein `stop and go´; ich spare Sprit und finde das Tempo beim Radeln genau richtig.