Richtig doof? Nicht so schlimm!

Noch immer ist meine Waschmaschine kaputt und ich kann keine Wäsche waschen. Ich vermisse die Beschäftigung mit zu reinigenden Kleidungsstücken nicht, sondern gestalte meine Zeit anders. Heute Nachmittag kommt ein Monteur und wird die Maschine ziemlich sicher wieder reparieren. Dann kann und muss ich wieder waschen. Noch ein paar Stunden genieße ich die freie Zeit, die durch eine – vorübergehend! – nicht funktionierende Waschmaschine entsteht.

Die Vorstellung eines Lebens ganz ohne Waschmaschine ist „richtig doof“; kurzzeitiges Nicht-Waschen-Können dagegen ist „nicht so schlimm“ – vielleicht sogar „ganz schön“.

Nicht so schlimm? Richtig doof!

In der Zeitung stand, es solle ein Notfall-Kochbuch herausgebracht werden – mit Rezepten für den Ernstfall, wenn zum Beispiel der Strom ausfällt. Was für die Generation meiner Omas lange Standard war – kein Kühlschrank, Vorräte im Keller, Herd zum Anfeuern -, löst heutzutage offenbar bei manchem Schnappatmung aus. Ich fände das nicht so schlimm: Den ersten Tag würden wir (kalorienreich) mit den ohnehin auftauenden Eis-Vorräten aus dem Tiefkühlschrank überbrücken. Danach gäbe es (modern und kalorienarm) nur Rohkost. Dann wäre der Strom hoffentlich wieder da – oder ich besorge mir besagtes Notfall-Kochbuch.

Kein Geschirrspüler wäre für mich ebenfalls nicht so schlimm: Den Fall hatte ich auch ohne Stromausfall schon einmal. Es war lästig, aber nicht dramatisch.

Eine nicht funktionierende Waschmaschine dagegen ist eine andere Geschichte. Heute ist Tag zwei: Wir haben genug zum Anziehen, das ist nicht das Problem. Aber die Wäscheberge wachsen unaufhaltsam. Ich mag nicht einmal darüber nachdenken, alles mit der Hand zu waschen! Diese greifbare Erinnerung an den Alltag meiner Omas ersetzt mein Grundgefühl von „nicht so schlimm“ durch „richtig doof“.

Prinzip ausgehebelt

In manchem arbeite ich nach dem Belohnungsprinzip:

Ich ziehe von mir besonders geschätzte Klamotten nicht sehr häufig, sondern eher selten an – und spare sie mir auf für besondere Gelegenheiten. Eine Tochter schnappt sich mit schlafwandlerischer Sicherheit genau diese Kleidungsstücke, wenn sie sich (zwischendurch) an meinem Schrank bedient. Sie sieht gut darin aus …

Ich schäle von den Kartoffeln erst die ganzen kleinen – und freue mich dann auf die Gelegenheit, wenn nur noch große Kartoffeln da sind und das Schälen nicht 15, sondern fünf Minuten dauert. Die andere Tochter nahm letztens das Messer, als ich ans Telefon musste. Sie wählte die wenigen großen Kartoffeln aus, die da waren – und war schnell fertig …

Zungenmächte

„So ist auch die Zunge ein kleines Glied und richtet große Dinge an. Siehe, ein kleines Feuer, welch einen Wald zündet`s an!“
Jakobus 3, 5

In der Bibel steht einiges über die Macht der Zunge: Worte kann man nicht wieder einfangen, sind sie einmal ausgesprochen. Noch dazu sind es vor allem die negativen Kommentare, die hängenbleiben: Es mag stimmen, dass ich jemanden als selbstgefällig empfinde oder ihn mit „eitler Fatzke“ sehr treffend beschreibe. Allerdings besteht die Gefahr, dass diese Einschätzung alle anderen (ebenso wahren) Aspekte seiner Persönlichkeit überlagert. Den Schwerpunkt auf nur eine Nuance zu legen, ist immer unklug – sicher ist es aber besser, wenn so etwas wie „blitzgescheiter Kopf“ oder „ausgesprochen geduldig“ hängenbleibt.

In der Familie versuchen wir, einem „Du bist…“ immer etwas Positives folgen zu lassen oder es durch ein „Du verhältst dich…“ zu ersetzen. Mein Verhalten kann unfair oder dumm sein; mein Wesen machen diese Attribute deshalb noch lange nicht aus. Unfaires und dummes Verhalten lassen sich ändern. Ob ich mich aber um Fairness bemühe und mir etwas zutraue, wenn ich weiß, dass ich unfair und dumm bin? Ich bezweifle es.

„Tod und Leben stehen in der Zunge Gewalt…“
Sprüche 18, 21

Laufen und Wind

Wenn es nicht junge Hunde regnet oder eisglatt ist, die Luft vor Hitze steht oder wir krank sind, gehen wir dienstags laufen – und donnerstags und einmal am Wochenende. Wir sind nicht dogmatisch, aber für regelmäßigen Sport ist eine gewisse zeitliche Struktur hilfreich. Vorgestern war Dienstag; es regnete nicht, nur die Ausläufer vom Sturmtief Sabine wehten noch über den Landkreis. Als wir uns also – vom böigen Gegenwind fast zum Stillstand ausgebremst – über unsere gewohnte Laufstrecke kämpften, gaben wir sicherlich ein komisches Bild ab. Mein Mann sprach`s aus: „Bei diesem Wetter jagen andere nicht einmal ihren Hund vor die Tür.“

Ich musste schmunzeln, konnte aber nicht antworten – dazu reichte meine Atemluft nicht. In Gedanken stimmte ich ihm zu: Wer uns sieht, denkt auch, wir hätten nicht alle Latten am Zaun, nicht alle Tassen im Schrank – oder nicht alle Flügel am Windrad. Mir fiel Frederick Buechners leicht spöttischer Kommentar zu Läufern ein: „Wenn du nicht von ihnen selbst wüsstest, dass sie beim Laufen Glücksgefühle verspüren – in ihren vom Schmerz verzerrten, leicht gequälten Gesichtern würdest du es nicht sehen.“ (Frederick Buechner, Whistling in the Dark, frei übersetzt) Es mag anders aussehen, aber wir laufen freiwillig und wirklich gern.

Nur ein Auto

Ein Freund meines Sohnes hat zu seinem 18. Geburtstag ein nagelneues Auto geschenkt bekommen. Damit kann er jetzt zur Schule fahren, wenn es zu kalt ist oder nieselt und auch, wenn er einfach nur keine Lust zum Radfahren hat. Mein Sohn findet das großartig, in mir löst dieses Geschenk eine gewisse Resignation aus und ich sage: „Da können wir nicht mithalten.“ „Stimmt nicht“, sagt mein Sohn, „da wollt ihr nicht mithalten, ihr könntet schon.“

Wahrscheinlich hat er recht: Wir könnten ihm ein Auto kaufen; aber stattdessen legen wir Geld zurück für seine Ausbildung und die seiner vier Geschwister. Auch wenn wir das Geld dafür nicht bräuchten, würden wir es nicht in ein Sohn-Auto stecken. Wir finden, dass ein 18-Jähriger, der zu Hause wohnt und in die Schule geht, kein Auto braucht und dass ein derartiges Geschenk eher „gut gemeint“ ist als „gut“.

So wird das schwierig mit Klima und Nachhaltigkeit, mit einem bewussten Umgang mit Ressourcen oder einem geringeren CO2-Ausstoß. Abgesehen davon zählt ein Auto in meinen Augen nicht zur klügsten Investition anlässlich der Volljährigkeit: Ist nicht auch Verzicht wichtig und die Erfahrung, dass ich mich für Träume anstrengen muss? Worauf freue ich mich noch, wenn das Besondere immer selbstverständlicher wird? Wenn ich mit diesen Argumenten komme, schüttelt mein Sohn jedoch den Kopf. Er will nicht verantwortlich sein für die gesamte Klima-Misere und auch nicht an den Werten seiner Eltern gemessen werden. Es handelt sich „nur um ein neues Auto“ – und wir nutzen das Teil gleich wieder zum Belehren, Erziehen und zur Charakterbildung.

Luft und Wind

Es stürmt in ganz Deutschland, auch bei uns. Heute auf dem Weg zum Bäcker und zur Post kam der Wind sowohl hin als auch zurück von vorn – und noch dazu in Böen. Ich war nicht lange unterwegs, der Gegenwind störte mich nicht wirklich. Aber: Je nachdem, wie mein Gesicht im Wind „stand“, blieb mir zeitweise fast die Luft weg.

Ich gehe davon aus, dass sich die vorhandene Luftmenge nicht vermehrt oder verringert. Wind beschleunigt nur das, was da ist. Wenn kein Wind weht, steht die Luft still – atmen ist einfach und selbstverständlich. Rückenwind ist angenehm und willkommen; Gegenwind strengt an und stört uns – wir geraten außer Puste. Wie sehr wir die (stille) Luft brauchen, merken wir erst, wenn der Wind heftig und von überall kommt – und uns den Atem nimmt.

Wie geht`s richtig?

„Den Juden bin ich wie ein Jude geworden …, den Schwachen bin ich wie ein Schwacher geworden …, ich bin allen alles geworden… „
1. Korinther 9, 20+22

Diese Zeilen sprechen davon, wie Paulus sich in seinem Predigen anpasst an seine Zuhörer, um wirklich verstanden zu werden. Er stellte sich auf die Leute ein, mit denen er zu tun hatte. Das ist ein guter Rat, wenn man bei Menschen etwas erreichen will – sich erstmal auf sie einlassen. Dann lassen sie sich vielleicht auch auf uns und unsere Ansicht ein. Wenn ich das nur könnte! Es fällt mir ja schon schwer, in guter Art und Weise auf meine Kinder einzugehen:

Einer meiner Söhne klagte kürzlich darüber, dass Schule zwar vielleicht weniger Arbeit sei als ein Job, aber: „Wenn man – nicht als Lehrer – von seinem Job nach Hause kommt, ist man fertig. In der Schule muss man immer noch Hausaufgaben machen und für Tests und Arbeiten lernen. Da ist immer so ein Druck.“ Anstatt zuzuhören und seine Aussage zu bestätigen, lehne ich mich in meinem Stuhl zurück und bemerke: „Du weißt dich diesem Druck aber geschickt zu entziehen.“ Er schaut mich an, zischt: „Ihr versteht überhaupt nichts!“, und stürmt aus der Küche.

Manchmal habe ich den Eindruck, ich kann es nur falsch machen: Entweder ich sage die Wahrheit – und ruiniere die Stimmung. Oder ich stimme meinem Gegenüber kommentarlos zu – und schmälere die Ehrlichkeit des Miteinanders. Wie so oft hätte ich gern das richtige Händchen für die goldene Kommunikationsmitte!

Genug Mut?

Grundsätzlich hätte ich gern mehr Mut.
In manchen Situationen fehlt mir eher Lang-Mut.
Gut gebrauchen könnte ich Sanft-Mut – anderen und mir selbst gegenüber.
Es mangelt mir an De-Mut, aber ich bin stolz auf das, was da ist.
Nur Hoch-Mut habe ich mehr als ausreichend.
Oh je!

PS: Den Über-Mut meines Sohnes bewundere und fürchte ich zugleich.

Alles relativ

Beim Einkaufen begegne ich einer älteren Dame aus der Nachbarschaft, die meinen abgenutzten Anhänger betrachtet und sagt: „Der ist ja praktisch fürs Einkaufen.“ Ich nicke und antworte, dass ich so nur selten das Auto zum Einkaufen bemühen müsse. Sie zeigt auf ihre Satteltaschen und erklärt: „Ich nehme nie das Auto. Wenn ich meine Einkäufe ordentlich verstaue, passt ein Großeinkauf hinein.“

Ich muss schmunzeln. Es stimmt, eine Satteltasche ist erstaunlich groß. Ich bin selbst manchmal überrascht, wie viel ich darin verstauen kann. Aber ein Großeinkauf? Niemals.

Ihr Großeinkauf und mein Großeinkauf sind sicherlich grundverschieden – vor allem hinsichtlich der Größe. Der Begriff Großeinkauf allein ist nicht aussagekräftig genug; auch sehr wichtig sind die variablen Faktoren „für wie viele“ und „für wie lange“. Es ist eben alles relativ.