Muss-nicht-Ferien

Es sind Ferien, und die Teenager schalten von einem Tag auf den anderen um auf „Chill-Modus“. Sie können tatsächlich den ganzen Tag nichts tun, sich nicht langweilen und trotzdem gut schlafen. „Keine Lust zu gar nichts“, scheint ihr Motto zu sein. Ich dachte, ich kann das nicht. Aus dem Alter bin ich raus.

Diese Ferien zeigten: Ich kann das auch. Die erste Woche war ich krank, die zweite faul. Das Fehlen von zwei Kindern – weniger Essen, weniger Wäsche – löste eine Lawine von Bequemlichkeit aus. Weniger „muss ich“ führte zu mehr „muss nicht“: Gartentätigkeiten? Keine Lust. Flur renovieren? Keine Lust. Unternehmungen mit den verbliebenen drei Kindern organisieren? Keine Lust. Mein Tun fuhr sich von selbst runter auf das unbedingt Notwendige. Darüber hinaus lief nicht viel.

Nächste Woche sind die Ferien vorbei. Ich könnte mich davor fürchten, könnte zweifeln, ob ich jemals wieder dem normalen Alltag standhalten kann. Ich tue es nicht. Ich kenne das schon. Nächsten Mittwoch geht die Schule wieder los. Am Mittwoch wird das Weckerklingeln die Ferien auf brutale Art beenden. Am Donnerstag werde ich den Schulalltag mit all seiner Struktur wieder zu schätzen wissen – und mit Tatkraft an die Extras gehen, die ich in den Ferien liegengelassen habe. Die Lust dazu ziehe ich aus den „Muss-nicht-Ferien“.

The relevance of a parent

I read something years ago. It left me thinking, wondering, doubting: „Judith Rich Harris … came up with a … thesis – that adolescents are more interested in imitating and learning from their peer groups rather than their parents. This thesis unravels all the conventional wisdom about parents and family and child-rearing; it means that, in some key sense, parent’s don’t much matter. …
Research shows that in many cases of a child’s personality development, the parents seem to be irrelevant. …“

I am a sceptic if it comes to studies because: if there is a study there will surely be its counter expertise. A study depends very much on what I want to find out, what I choose to be the limits of my research field, how I evaluate my results – to say nothing of who paid for it in the first place … I don´t believe in neutrality or objectivity if it comes to a study. I am easier convinced by what I experience. Perhaps this is naiv and stupid – be that as it may.

How much – if measurable at all – am I a product of my parents, my upbringing, my surroundings? Where do my convictions come from? Who or what shapes me the most?

I disagree that it´s only a little percentage the parents and much more the peer group. This might be the conclusion of a study but therefore not necessarily the truth: My parents´ influence is still present in my life – after 30 years of not living with them – and sometimes I am not so happy about it. On the other hand: for my kids I hope I give them more than only half of what they need to make it, to decide for themselves, to become stable and mature personalities, in a world which gets faster and less reliable by the minute.

Perhaps it´s only my pride. I don´t want to accept that ultimately I am no more than a sheep in a big flock running along without any real sense of direction – let alone without any relevant value for those people I love and care for so much.

Veto-Recht

Kalendarischer Frühling ist die Zeit des Aufräumens und Ausmistens. Drinnen: Gardinen waschen – so man denn welche hat; Sommer- gegen Winterklamotten tauschen und großzügig aussortieren, was nicht mehr passt; entsorgen, was sich angesammelt hat; Fenster putzen …

Wenn es nicht nur kalendarisch, sondern auch von den Temperaturen her Frühling wird, geht’s raus: Im Garten wächst alles von allein und in üppiger Weise – leider auch die Unkräuter, die sich den Winter über ähnlich zurückgehalten haben wie die im Garten erwünschte Vegetation. Dementsprechend muss ich Unkraut jäten, was ich in Maßen (!!!) auch ganz gern tue. Mein Mann lässt sich eher für andere Aufgaben einspannen – Holz wegräumen, Büsche umsetzen, Schneidarbeiten. Das Übliche eben.

Im Frühjahr reizen mich Tätigkeiten draußen mehr als Verschönerungsaufgaben im Haus. Es sei denn, es geht um die Notwendigkeit, gepflasterte Flächen zu reinigen. Hochdruckreiniger haben im Frühling Hochkonjunktur. Wir haben keinen. Mir fehlt auch keiner. Wenn bei uns jemals das Thema auf dieses Gerät kommen sollte, werde ich von meinem Veto-Recht Gebrauch machen. Da streiche ich doch lieber den Flur.

Löwenzahn-Glück

Die Kaninchenbesitzerin unserer Familie ist für zehn Tage weg. In der Zeit bin ich zuständig für die Kaninchen. Diese Zuständigkeit strengt mich eher an, als dass sie mich erfreut. Demzufolge versuche ich, mir das Leben als Kaninchenhüterin so leicht wie möglich zu machen: So früh es geht, setze ich die Kaninis auf den Rasen – da draußen muss ich ihre Hinterlassenschaften nicht wegräumen. So spät es geht, setze ich sie wieder in ihren – zugegeben – großzügigen Stall, in dem sie sich die ganze Nacht bewegen können, wenn sie mögen. Ich suche Löwenzahn oder organisiere grünes „Kaninchenfutter“ im Supermarkt, damit die mir anvertrauten Tiere keinen Hunger leiden.

Ich stelle fest, dass ich mich über Kaninchenhalter-freundliche Umstände noch mehr freue als sonst:

Es ist Frühling und warm, derzeit ohne Regen – das heißt, die Kaninis können im Garten auf den Rasen.
Zudem habe ich eine von Löwenzahn verseuchte Wiese abseits der Straße gefunden, die nicht gleichzeitig Hundeklo ist.
Wenn sich die Widerspenstigere von den beiden Haustieren leicht fangen lässt, zaubert mir das ein Lächeln ins Gesicht.
Ein wenig kommen alte bäuerliche Gefühle in mir hoch, wenn ich mit den beiden oder ihrem Stall beschäftigt bin – auch wenn ich sie nicht essen möchte.

Trotzdem freue ich mich über eine Tatsache noch mehr: Von den zehn Tagen „Tochter weg“ sind fünf bereits vorbei.

Fixiert und trotzdem frei

„Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.“
Johannes 8, 36

Jesus ist mein Fundament und derjenige, der meinen Wert bestimmt. Jesus sagt: „Ich liebe dich, ich nehme dich an, ich vergebe dir.“ Darauf stehe ich – aber manchmal nur wackelig. Dann baue ich mir Krücken und suche Bestätigung bei Menschen. Ist ja auch logisch: Wir sind soziale Wesen, die in Gemeinschaften leben und davon, wie wertgeschätzt wir uns in diesen Gemeinschaften fühlen. Wertschätzung ist sehr wichtig für uns – und genau das kann problematisch werden. Es geht nämlich ganz schnell, dass wir der Anerkennung von Menschen mehr Wert zumessen, als ihr tatsächlich zusteht: Wir machen uns abhängig vom Lob anderer, und damit machen wir uns abhängig von ihnen selbst. Von ihren Überzeugungen und ihren Erwartungen an uns. Davon, wie sie ihr Leben gestalten, was sie für richtig oder für ein No-Go halten. Und letztlich auch davon, wie sie in der Lage sind, uns zu lieben, anzunehmen und uns zu vergeben. Kein Mensch kann das so wie Jesus, und so werden wir Menschen enttäuschen, und sie werden uns enttäuschen – und dann kann es eben leicht passieren, dass wir uns verändern wollen, um doch zu gefallen.

Das aber ist eine ganz blöde Idee, denn dabei begeben wir uns in Zwänge und werden unfrei. Wir verbiegen uns, setzen Masken auf, werden unehrlich – und irgendwann mit Sicherheit sehr unglücklich. Es kann einfach nicht funktionieren. Ich habe es selbst versucht und bin krachend gescheitert.

Natürlich können wir nicht völlig unabhängig von unserem Umfeld leben. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass der Kern unserer Persönlichkeit frei sein muss von menschlichen Zwängen. Dennoch geht „frei sein“ nur mit einem Fixpunkt. Ohne diesen sind wir haltlos, orientierungslos und paradoxerweise total unfrei: Wir können uns nicht nach allem, jedem oder gar nichts richten; aber mit großer Sicherheit können wir auch nicht unser eigener Fixpunkt sein. (Das gilt meiner Meinung nach auch für Menschen, die meinen, an nichts und niemanden zu glauben.)

Gut dass Jesus für mich dieser Anker ist: Seine Maßstäbe sind klar, seine Liebe zu mir bedingungslos. An ihm kann ich mich orientieren; seine Vergebung setzt mich frei für ein Leben in dieser Welt und in einem sehr menschlichen Umfeld.

Frei, anders zu sein

Ich habe Kinder, die noch zu Hause wohnen. Ich weiß, dass sie größer werden und selbständiger und ich sie irgendwann ziehen lassen muss. Natürlich wünsche ich mir, dass sie zu lebenstüchtigen Menschen werden. Was auch immer im Leben vor ihnen liegt – wenn sie mich lassen, werde ich Anteil daran nehmen. Was auch immer sie machen werden – ich werde sie lieben, weil ich ihre Mutter bin.

Gern möchte ich meine Töchter und Söhne entlassen in ein selbstbestimmtes Leben. Irgendwann werden sie selbst am besten wissen, wie sie leben möchten, welche Prioritäten und Ansichten sie haben, für welche Überzeugungen sie kämpfen wollen. Sie sollen ihr Leben frei gestalten dürfen. Ich will ihnen nichts vorschreiben.

Ich wollte mir irgendwann auch nichts mehr vorschreiben lassen von meinen Eltern, wollte meine eigenen Entscheidungen treffen, meine eigenen Freunde haben und auf meine Weise Beziehungen pflegen. In manchem habe ich mich bewusst oder unbewusst nach dem gerichtet, was ich von zu Hause kannte; in manchem habe ich mich bewusst oder unbewusst von dem Vorgelebten distanziert.

Weil es mir schwerfällt, mich von Erwartungen anderer zu emanzipieren, ist es mir besonders wichtig, meinen Kinder gegenüber keine konkreten Erwartungen zu formulieren. Was nicht heißt, dass ich nicht doch ziemlich klare Vorstellungen habe, was gut für sie wäre und richtig und schön. Ich formuliere (vor allem auch nonverbal) Maßstäbe: „Jesus liebt dich, Sport ist toll, Bücher sind horizonterweiternd, Musik kann Emotionen freisetzen, Beziehungen zu Menschen sind überhaupt das allerwichtigste und werden am besten so und so gepflegt. Und so weiter und so fort.“ Insgeheim knüpfe ich daran die Erwartung, dass sie diese Dinge ähnlich sehen und handhaben. Die entscheidende Frage ist wohl die: Was passiert mit unserer Beziehung, wenn meine (unausgesprochenen, aber doch konkreten) Erwartungen nicht erfüllt werden? Sind meine Kinder wirklich frei? Dürfen sie anders sein?

Verleihen

Was verleihe ich gern? Alles. Mir fällt spontan nichts ein, was ich nicht verleihen würde, obwohl ich an manchem Besitz hänge. Der finanzielle Wert der Gegenstände ist dabei irrelevant. Das Auto: Ich schätze es als praktisches Hilfsmittel sehr und möchte es nicht missen. Wenn jemand anders es braucht, kann er es benutzen. An meinem Fahrrad liegt mir mehr, ich benutze es häufiger als das Auto, aber auch das würde ich verleihen. Einige meiner Klamotten werden ohnehin gern von meiner Tochter ausgeliehen und mitgenutzt.

Ich habe auch kein Problem, mir etwas zu leihen: Ich gehe sorgsam mit meinem eigenen Besitz um und ebenso sorgsam mit dem Besitz anderer. Auch wenn dieser Besitz mir nicht so am Herzen liegt.

Wenn jemand etwas nicht gern verleiht, mache ich einen Rückzieher: Dann will ich die Sache nicht haben. Das hat nichts mit Stolz zu tun, sondern eher mit einem gewissen Misstrauen, das ich verspüre: Geht das gut? Der Sache darf in meiner Obhut nichts passieren. Und irgendwie unterminiert dieses Misstrauen das Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten. Das macht mich unsicher – und vielleicht sogar unzuverlässig. In diesem Zustand möchte ich selbst nicht mehr mit fremdem Eigentum umgehen müssen.

Verleihen geht nur mit Vertrauen. Ich vertraue sogar Menschen meine Kinder an. Solange ich das tue, kann ich alles andere mit leichter Hand verleihen.

Bearbeitet

Fotos spiegeln manchmal höchst unbarmherzig die Wahrheit wieder. Bei der heutigen Qualität bleibt keine Falte glatt, keine Unreinheit verborgen. Trotzdem sind Fotos toll: Ein Bild fängt eben manchmal auch einen besonders schönen Moment ein. Da ist man „gut getroffen“ oder der Augenblick festgehalten, der sonst nach einer Sekunde schon wieder Geschichte wäre. Mit einem solchen Foto kann man sich noch Jahre später gut an Situationen erinnern und daran, wie man mal ausgesehen hat.

Manchmal sehe ich allerdings Fotos – zum Beispiel auf Einladungskarten -, die nicht die Wahrheit zeigen. Letztens flatterte meiner Tochter eine solche ins Haus. Die einladende junge Frau sah gut aus, fast schon makellos schön, vor allem irgendwie zeitlos: nicht schätzbares Alter. Sie war mir unbekannt – dachte ich. Später stellte sich heraus, dass ich das Mädchen nur nicht erkannte, aber durchaus kenne. Das Foto war bearbeitet. Wenn man sich dieses später ansieht, erinnert man sich auch gut an das dazugehörige Ereignis und daran, wie man gern ausgesehen hätte.

Wohin mit dem Geld?

Die Frau des Amazon Gründers Jeff Bezos erhält nach ihrer Scheidung etwa 36 Milliarden Dollar. Natürlich liegt das Geld in Amazon-Aktien, aber sie kann darüber verfügen. Heute sprach ich mit zwei Kindern darüber, was wir mit soviel Geld machen würden. Mein Sohn – sehr realistisch: „Das kann man einfach nicht ausgeben. Man kann sich ein Auto für eine Million kaufen, das 1.000 Mal und das mal 36. Wo aber will man mit den ganzen Autos hin? Soviel Geld kann man nicht ausgeben.“ Trotzdem hatten wir Ideen für klitzekleine Splitterbeträge eines solchen Vermögens: Ein neues Smartphone mit intaktem Akku, ein Flugurlaub zu siebt, für die kleine Schwester ein Pferd – inklusive der Stallgebühren. Uns wäre sicher noch mehr eingefallen.

Grundsätzlich wurde mir bei diesem Gespräch klar, dass wir in unserem Mittelstandsdenken für derartige Summen keinen Platz haben. Wir würden keinen Lamborghini kaufen und auch kein millionenschweres Anwesen irgendwo auf der Welt, die Kinder müssten weiter zur Schule gehen, danach eine Ausbildung oder ein Studium machen und vielleicht in den Ferien jobben. All das ist durch unseren realen Besitz glücklicherweise schon möglich und würde so bleiben, weil wir eben so leben wollen. Sage ich jetzt: Würden wir über Nacht zu Milliardären, wären wir nicht ebenso schnell andere Menschen. Mit der Zeit würden wir sicher hineinwachsen ins „Reichsein“, aber es dürfte dauern.

Allerdings ist es müßig, darüber zu spekulieren: Wir besitzen keine 36 Milliarden, um deren sinnvollen Einsatz wir uns Gedanken machen müssen. Daran wird sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern. Und das ist noch nicht einmal schade.

Glückspfennig

Ich bin beim Bauern und kaufe Eier. Mit den Worten „Hier ist Ihr Cent, der bringt Ihnen Glück“, legt die Bäuerin mir das Restgeld vor die Nase. Spontan antworte ich: „Der bringt mir kein Glück“, und schiebe den Cent zurück, „behalten Sie ihn.“ „Na, mit der Einstellung klappt das sicher nicht mit dem Glück“, mischt sich ein anderer Kunde ein. Ich fühle mich ein wenig in Erklärungsnot, meine Reaktion war nicht negativ oder gar böse gemeint. „Ich glaube, dass nur Jesus mir Glück bringt“, antworte ich deshalb – und löse ein leicht betretenes Schweigen aus.

Sollte ich lieber nichts sagen? Ist das nur so ein Spruch mit dem Glückspfennig? Für mich ist es Aberglaube; ich klopfe auch nicht auf Holz und schraube mir kein Hufeisen hinten aufs Auto. Ich könnte einfach mein Wechselgeld nehmen und schweigen, meine Bemerkung sollte nicht verletzen. Aber mein Glück, das kommt nun mal nur von Jesus!