Zwischen Respekt und Desinteresse

„Hausaufgaben in Mathe schreibe ich meistens ab“, erwähnt meine Tochter nebenbei. Ich schaue sie erstaunt an – und entscheide dann, mich nicht dazu zu äußern. Sie wird schon wissen, was sie tut: Schließlich bewältigt sie ihre Aufgaben gut ohne meine Hilfe, braucht also auch keine ungebetenen Ratschläge von mir. Bei diesem Kind ist meine Zurückhaltung ein Zeichen von Respekt – und ganz und gar angebracht.

„Kann ich Mathe abwählen?“, fragt die andere Tochter ungefähr seit einem Jahr. Die Antwort ist ein klares Nein – noch nicht. Ich unterbinde ihre Versuche, sich um Hausaufgaben zu drücken, und verordne ihr täglich eine halbe Stunde Mathe extra. Bei diesem Kind wäre meine Zurückhaltung ein Zeichen von Desinteresse – und ganz und gar unangebracht.

Der Unterschied zwischen Respekt und Desinteresse liegt manchmal nicht darin, was ich tue, sondern warum ich es tue.

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