Von Zebrastreifen und Rechtsabbiegern

„Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
1. Korinther 15, 10

Mir nahm heute eine Autofahrerin den Schwung und die Vorfahrt und schnitt mir den Weg ab: Sie bog rechts ab, ich war geradeaus unterwegs und musste bremsen. Ich hatte es schon eine Millisekunde vorher geahnt, denn sie schaute nicht nach hinten und reduzierte nicht die Geschwindigkeit. Ich war vorbereitet und konnte abbremsen. Lächelnd (weil dankbar) fuhr ich weiter. Warum lächelnd? Weil ich weiß, dass solche Fehler passieren können:

Mit unserem Auto überfuhr ich einmal völlig in Gedanken versunken einen Zebrastreifen. An der Seite stand eine Frau mit Kinderwagen und wartete darauf, dass ich anhalten würde – vergeblich. Meine Augen hatten die Frau gesehen, aber mein Gehirn nicht. Im Gehirn wäre die Entscheidung fürs Bremsen gefallen, Augen können das nicht.

Ich übersah auch schon einmal jemanden, als ich rechts abbog. Vielleicht schaute ich zu flüchtig oder auch gar nicht über meine Schulter; Fakt ist, dass ein Fahrradfahrer meinetwegen bremsen musste.

Ich weiß, wie es ist, wenn man beim Autofahren Fehler macht, die nicht passieren sollten. Sie sind mir unterlaufen, obwohl ich keine besonders übermütige Fahrerin bin und schon lange meinen Führerschein besitze. Vielleicht ärgerte sich die Mutter mit Kinderwagen, der Radfahrer tat es sicherlich. Mir selbst waren die zwei Ereignisse vor allem peinlich – auch weil sie keine schlimmen Folgen nach sich zogen: Die beiden Leute landeten nicht unter meinem Auto. Das war nicht mein Verdienst; man könnte sagen, es war Glück. Ich würde sagen: Das war Gnade.

Sicher gab es noch andere Situationen, in denen eine Unachtsamkeit von mir nicht in einem Schaden für andere endete. Ich registriere nicht alle meine Fehler. Das ist auch Gnade.

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