Von Macht, Mut und Zahnschienen

Vor 15 Jahren bekam ich eine Zahnschiene gegen Rückenschmerzen und trug diese zunächst 23/7. Seitdem habe ich meine Rumpfmuskulatur gestärkt und keine weiteren Kinder mehr bekommen. Die Rückenschmerzen von damals sind Geschichte; aber die Schiene trage ich aus Gewohnheit noch immer – allerdings nur nachts. Dennoch amüsiert sich mein Mann in regelmäßigen Abständen darüber, wie beharrlich ich daran festhalte: aus seiner Sicht sinnfrei.

Ob die Schiene überhaupt noch einen Effekt habe, fragt er sich – und auf Nachfrage gelegentlich auch mich. Ich weiß es nicht; ohne Ausprobieren kann ich es gar nicht wissen! Was würde passieren, wenn ich die Zahnschiene von heute auf morgen Nacht wegließe? Vielleicht funktioniert mein Rücken ebenso weiter wie bisher. Oder eben auch nicht; niemand kann das vorhersagen. Steter Tropfen höhlt den Stein, und der leise Spott meiner besseren Hälfte erschüttert meinen Stoizismus. Noch gehorche ich der Macht der Gewohnheit, aber die Versuchung zum Mut zur Lücke wird stärker. Am liebsten wäre es mir, der Zahn der Zeit würde mir die Entscheidung abnehmen. Aber offenbar habe ich ein dentales Qualitätsprodukt erwischt!

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