Vom Hörensagen

„Ich hatte von dir nur vom Hörensagen vernommen, aber nun hat mein Auge dich gesehen“, sagt Hiob über Gott (Hiob 42, 5), nachdem er den Tod seiner Kinder sowie geschäftlichen und gesundheitlichen Ruin durchlebt hatte. In der Zeit danach lernte er Gott anders kennen als vor all dem Elend – unmittelbar, aber nicht weniger geheimnisvoll: Er hatte einen Einblick bekommen von Gottes Macht und Herrlichkeit.

Wir haben uns daran gewöhnt, schlechte Nachrichten zu lesen oder zu hören: in der Zeitung, im Radio, im Internet. Sie schocken uns, wenn überhaupt, meist nur kurz – auch wenn es wirklich schlimme Dinge sind, die in der Welt passieren. Aber es handelt sich fast immer um Geschichten, die mit uns persönlich nichts zu tun haben und uns entsprechend wenig berühren – vom Hörensagen.

Schlechte Nachrichten entfalten eine andere Wirkung, wenn Menschen damit konfrontiert sind, die wir persönlich kennen. In den letzten Wochen war das der Fall: sozusagen Mord und Totschlag in unserem Dunstkreis. Wir blicken in die Abgründe einer gefallenen Welt – nicht aus sicherer (rationaler) Distanz, sondern aus der (emotionalen) ersten Reihe. Wir sind nicht die Hauptdarsteller, gehören aber zum Ensemble; `vom Hörensagen´ ist definitiv vorbei.

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