„Mein Leben ist ganz schön voll, zu voll“, höre ich immer öfter. Gemeint ist die Fülle an Arbeit, Familie, Unternehmungen. An sich ist alles schön, gut und wichtig, aber in der Summe ist das Leben von vielen Menschen zu voll. Was fehlt, ist eine gute Balance von Anspannung und Entspannung.
Neben beruflichen Entwicklungschancen (die lasse ich hier mal außen vor) gibt es zahlreiche Möglichkeiten: persönliche Hobbys, Freizeitangebote, Reiseziele, Kultur – diese Vielfalt ist großartig. Auch ich könnte mich in Aktivitäten verlieren.
Ich würde gern:
- einen Tanz-Workshop machen,
- in einem Laien-Chor singen,
- solange Handstand üben, bis ich ihn sicher stehen kann,
- mit Muße an einem Fotokurs teilnehmen,
- mich der englischen Sprache nicht nur durch Bücher und Filme aussetzen, sondern sie richtig studieren,
- doch nochmal Klavierunterricht nehmen (???),
- Themenabende veranstalten und in kleiner Runde über Geschichte und Politik austauschen,
- bei einem „personal trainer“ Kraulschwimmen lernen,
- einmal die Woche klettern gehen,
…
All
das sind keine unerfüllbaren Träume – die gibt es noch zusätzlich
-, all das wäre theoretisch machbar und realisierbar. Vielleicht
nicht alles auf einmal, ich müsste mich entscheiden. Noch aber
scheitert die praktische Umsetzung an gewissen Grenzen: Meine Kraft,
meine Kapazität, meine Zeit – nichts davon steht mir unbegrenzt
zur Verfügung. Letztlich ordne ich meine persönlichen Wünsche dem
Gesamtpaket unter. Es ist mir bewusst, dass ich nicht alles machen
kann, was ich gern machen würde: Dann machte ich vor allem eins
irgendwann – schlapp. Also verzichte ich freiwillig und lasse Dinge
sein, die – wie man so schön sagt – derzeit nicht dran sind. „Es
passt noch nicht“ bedeutet dabei nicht das Eingestehen einer
Niederlage, sondern den weisen Umgang mit meinen Ressourcen. Verzicht
ist nicht nur schlecht. Etwas nicht zu tun, verhindert, dass mein
Leben zu voll wird. Und das ist mir wichtiger, als alles
„unterzubringen“, was schön und möglich wäre.