Eine meiner Töchter parkt ihre Stallschuhe meist draußen vor der Tür – dort stört mich weder ihr Anblick noch ihr Geruch. Ein besonders schmutziges Paar steht dort schon ein paar Wochen: Meine Tochter zieht sie momentan nicht an. Einer unserer Nachbarn bringt uns täglich die Zeitung; er ist ein kunstinteressierter Mann. Vor einiger Zeit dekorierte er diese Schuhe mit zwei Tannenzapfen. Mir gefiel das; ich betrachtete die Schuhe seither als Kunst-Installation – nicht direkt schön, aber interessant. Heute sprach mich derselbe Nachbar an: „Wem gehören denn diese hässlichen Schuhe vor eurer Haustür? Und wie lange sollen sie da noch stehenbleiben? Ich hatte ja schon vor einiger Zeit versucht, darauf hinzuwirken, dass sie verschwinden – leider ohne Erfolg. Mir wäre das peinlich so direkt vor der Haustür.“
Klassischer Fall von Missinterpretation: So waren die Tannenzapfen also gemeint; so hatte ich sie nicht verstanden. Was tue ich jetzt? Mir sind diese Schuhe `direkt vor der Haustür´ nicht peinlich; aber meinem Nachbarn vergrausen sie womöglich seinen täglichen Gang zu uns. Ich werde sie wegräumen. In diesem Fall gilt dann wohl: Ist keine Kunst, kann weg.