Wie gut!

Mein Heimweg von der Arbeit beträgt achteinhalb Kilometer und fällt heute in die Zeit am Tag, in der es durchgängig regnet – das ist nicht so gut. Ich habe meine Regenhose an und die warme Winterjacke – das ist gut. Weil ich noch Linsen fürs Abendbrot kaufen will, halte ich beim Supermarkt an. Von hier aus ist es nur noch ein knapper Kilometer – auch gut. Meine Jacke ist zwar warm, aber nicht wasserdicht – wieder nicht so gut. Bis zum Supermarkt bin ich unten drunter nur nass, aber nicht kalt – wieder gut. Die von mir präferierten Linsen sind gerade nicht da; von den Marken-Linsen kostet die halbe Menge anderthalbmal so viel – wieder nicht so gut … Als ich wieder auf mein Rad steige, bin ich nicht nur nass, sondern auch kalt – jetzt reicht´s mir aber.

Zehn Minuten später bin ich zu Hause und alles ist gut. Eine Gedichtzeile zischt mir durch den Kopf, nach Recherche weiß ich, dass sie von Nietzsche ist: „Bald wird es schnei´n – wohl dem, der jetzt noch – Heimat hat!“

Heimat

Ich bin mit meinem Ältesten unterwegs. Als wir zurückfahren zu seinem Studentenwohnheim, sagt er, es gehe `nach Hause´ – und ist sich im selben Moment unsicher, ob er das so nennen kann. Ich finde, ja: „Momentan bist du dort zu Hause und bei uns zu Besuch.“ Er schüttelt den Kopf: „Nein, das stimmt nicht; bei euch ist Heimat!“

`Wie schön´, denke ich, `noch ist bei uns seine Heimat!´

Springkraut

Ich kenne mich mit Pflanzen nicht sehr gut aus, nur wenige kann ich benennen. Das Springkraut gehört dazu; es ist mir nicht nur ein Begriff, uns verbindet gemeinsame Geschichte: Ich verbrachte Teile vieler Sommerferien bei meinen Omas. Sie wohnten nur 300 Meter voneinander entfernt und direkt an einem Friedhof. Dahinter lag (und liegt noch immer) ein Park. Dort wuchs (und wächst sicher noch immer) eine Menge Springkraut. Die reifen Früchte dieser Pflanze platzen bei Berührung auf – so verteilen sich die Samen. Ist die Frucht sehr reif, genügt ein Windhauch; bei den weniger reifen half ich gern nach. Die Samen flogen dann weit durch die Gegend. 

Das Springkraut ist nicht besonders schön und bei Freunden der einheimischen Flora nicht beliebt; manche bekämpfen es auch. Für mich spielt das alles keine Rolle: Mich lässt der Anblick von Springkraut an meine Omas und an diese zweckfreien Spaziergänge in meiner alten Heimat denken. Noch heute helfe ich gern nach, die Früchte zum Aufplatzen zu bringen.

„Heimat ist nicht da oder dort. Heimat ist in dir drinnen oder nirgends“, soll Hermann Hesse gesagt haben. „Da ist etwas dran“, sage ich.