Meine Tochter kommt nach der zehnten Stunde aus der Schule; mit ihr spült eine alte Bekannte zur Terrassentür herein. Es ist eine der vielen Susannes meiner Generation. Sie sei schon den ganzen Tag mit dem Rad unterwegs und wolle spontan bei mir Rast machen, bevor sie in ein Konzert ganz in meiner Nähe gehen möchte. Wenn´s passt.
Ich bin gerade mit dem Wischeimer bewaffnet im Haus unterwegs: Der Maler bearbeitet mit dem Kärcher unsere Fassade. Aus diesem Anlass wische ich von innen die Rollläden ab, die er von außen abspritzt. Außerdem läuft unter der Haustür munter Wasser in den Flur. Und wegen des am nächsten Tages umschlagenden Wetters würde ich gern noch fix den Rasen mähen … Es passt also nicht 100-prozentig. Aber was soll´s: Diese Susanne habe ich lange nicht gesehen.
Während ich den angefangenen Rollladen fertig putze, ist meine Tochter gastfreundlich und kocht einen Kaffee. Danach setze ich mich dazu und wir erzählen eine Weile. Gegen halb sechs sagt mein Überraschungsgast: „Eine gute Stunde würde ich gern noch bleiben – kann ich etwas helfen?“ Mir fällt nichts ein – ob sie auch eine Weile allein klarkommen würde? Sie nickt fröhlich und setzt sich ans Klavier. Ich bin dankbar, dass sie so unkompliziert ist, und gehe in den Garten. Nach dem Rasenmähen reden wir noch ein bisschen, dann macht Susanne sich auf den Weg zu ihrem Konzert.
Ich mag spontane Gäste, sie sind mir herzlich willkommen – besonders die, die ebenso flexibel auf mich eingehen wie ich auf sie.