Der Frosch war krank!

„Drei Wochen war der Frosch so krank! Jetzt raucht er wieder, Gott sei Dank!“, schrieb Wilhelm Busch. Nur meine fehlgeleitete Erinnerung ist es wohl, die meinem Vater „Jetzt quakt er wieder …“ in den Mund legt. Dabei waren mein Vater und meine Mutter früher höchst selten krank, fast nie. Mit einer robusten Gesundheit (und einem gewissen Durchhaltevermögen) sind freundlicherweise auch meine Geschwister und ich ausgestattet. Aber darum geht es bei Busch gar nicht: Entscheidend – und wahr – ist, dass wir sehr dankbar sein können für unsere gesunden Phasen.

`So krank´ definiert sicher jeder anders, für mich zählen normale Erkältungen nicht dazu. Von daher bin ich selten `so krank´, und schon gar nicht drei Wochen. Mir reichen aber auch drei Tage, an denen ich mich wirklich malade fühle. Sofort weiß ich wieder, wie schön es ist, gesund zu sein. Denn – und auch das ist wahr: Die beste Krankheit taugt nichts!

Altersmilde

Ich bin noch immer pünktlich, aber nicht um den Preis menschlicher Beziehungen. Bei uns ist es immer noch sauber, aber nicht auf Kosten eines manchmal chaotischen und lebendigen Miteinanders. Ich möchte noch immer sehr gute Arbeit abliefern, aber ich wäge meine investierte Zeit ab gegen den vielleicht nach außen hin nicht mehr sicht- oder gar messbaren Nutzen.

Ich fühle mich noch jung und bin doch schon altersmilde.

Ist das Standard oder kann das weg?

„Ich hoffe, dass es keine `Beauty-Standards´ mehr gibt, wenn ich mal Kinder habe“, sagt meine Tochter beim Frühstück. Sie hat momentan ständig Hunger, isst und verändert sich – und fühlt sich wohl in ihrer Haut. Ihrer Meinung nach sind Schönheitsideale einfach nur anstrengend und sehr willkürlich: Bei Rembrandt galten üppige Kurven als wunderbar. Später war die Wespentaille populär, vor nicht allzu langer Zeit eine sehr schmale Hüfte beziehungsweise superschlanke Körper mit großem Busen; auch magere Körper galten schon als erstrebenswert. Heutzutage wollen junge Frauen möglichst muskulös sein – merkwürdigerweise vor allem am Po.

Die Details ändern sich immer schneller; aber hartnäckig hält sich ein scheinbar ideales Frauenbild auf den Litfaßsäulen (und wahrscheinlich in den Köpfen vieler Mädchen). In der Realität finden sich dagegen nur wenige langbeinige, vollbusige Frauen mit wohldefinierter Taille und makelloser Haut. Der Normalfall hat verschiedene Gesichter – und jede Frau ihre ganz eigenen Proportionen: wenig oder viel Busen, gepaart mit manchmal schmalen, manchmal breiten Hüften und langen oder kurzen Beinen. Nur einige glänzen von Natur aus mit muskulösen Gliedmaßen; bei den meisten zeichnet sich der Bizeps nicht ab.

Leider sind viele (junge) Frauen unzufrieden mit ihrem `Normal´, weil sie abweichen von dem heute geltenden `Ideal´. Es kostet Kraft, immun zu bleiben gegenüber den unablässigen Einflüsterungen der Mode-Branche. Das weiß auch meine Tochter. Daher wünscht sie sich die Beauty-Standards dahin, wo sie hingehören – auf den Müll.

Kreative Spinner und rationale Macher

Manche Menschen haben am laufenden Band tolle Ideen, sind aber nicht in der Lage, diese umzusetzen. Kreative Spinner, nennt meine Freundin sie – und schließt sich mit ein. Ganz andere Qualitäten haben rationale Macher: Sie sind gut organisiert und diszipliniert und lassen manch verrückte Idee erst Wirklichkeit werden. Beide Menschentypen haben wenige Schnittmengen und gehen einander vielleicht sogar auf den Keks – hoffentlich aber nicht aus dem Weg. Denn kreative Spinner brauchen rationale Macher und umgekehrt. Schön ist es, wenn beide wissen, dass der eine ohne den anderen nur halb so viel bewirken kann.

Wie schön!

Beim Essen reicht mir meine Tochter die Butter, ohne dass ich sie darum bitte. „Du bist sehr aufmerksam“, sage ich zu ihr, worauf sie prompt reagiert: „Habe ich von dir!“ Ich bin dreifach dankbar: dass meine Tochter so ist, wie sie ist, dass sie etwas Gutes von mir übernommen hat und dass sie das so klar artikuliert.

Ein Experiment

Wir halten uns an Vorschriften,
(1) weil sie uns einleuchten,
(2) weil sonst die Solidargemeinschaft nicht funktioniert oder
(3) weil wir sonst bestraft werden.
Bei (1) und (2) fällt uns Gehorsam leichter als bei (3). Trotzdem haben wir in allen drei Fällen die Freiheit, uns daneben zu benehmen: Nur in Armeen gelten andere übergeordnete Regeln, in Diktaturen sowieso. In einer Demokratie dagegen kann ich mich gegen eine Vorschrift entscheiden, ohne gefährliche Konsequenzen fürchten zu müssen.

Die momentan geltende Maskenpflicht im Öffentlichen Verkehr ist eine Vorschrift, die mich zu vorsichtigem Ungehorsam motiviert: (1) Sie leuchtet mir nicht ein; und in Markus Söder erlebe ich inzwischen einen hochrangigen Politiker, dem es ähnlich geht. (2) Meiner Meinung nach leidet das Soziale Miteinander eher unter den Masken, als von ihnen zu profitieren. (3) Die Strafe fürchte ich weniger um ihrer selbst willen; ich fühle mich in der Illegalität einfach überhaupt nicht wohl.

Dennoch entschied ich mich auf meiner letzten Bahnreise zu einem Experiment. Vier aufeinanderfolgende Zugfahrten lagen vor mir: 
In den ersten stieg ich ohne Maske – und setzte sie auf, als mich die Schaffnerin nach etwa zweieinhalb Minuten darum bat.
Im zweiten Zug kontrollierte mich ein bärtiger Schaffner (mit Maske), den ich freundlich anlächelte und ohne Maske sitzen blieb.
Auf dem Bahnsteig vor Zug 3 kam ich mit einer sympathischen jungen Frau ins Gespräch; wir suchten uns gemeinsam einen Platz. Anderthalb Stunden lang sprachen wir miteinander: sie mit, ich ohne Maske. Auf das Gespräch musste ich mich sehr konzentrieren – durch die Maske war mein Gegenüber schwer zu verstehen. Wenn die junge Frau etwas trank, war ich jedesmal überrascht, wie sie aussah und was ich alles in ihrem Gesicht lesen konnte. In diesen wenigen Momenten beneidete ich sie: Sie hatte es mit meinem unverhüllten Gesicht leichter.
In Zug vier saß ich wieder allein. Ich hörte die Durchsage, während der gesamten Bahnfahrt eine Maske über Mund und Nase zu tragen, aß erstmal einen Keks und trank den Rest meines Wassers. Die Weiterfahrt verlief ohne Kontrolle oder andere Zwischenfälle – und für mich ohne Maske.

Keiner der Züge war gerammelt voll, wir drängten uns nicht `auf engstem Raum´. Dennoch war ich (wie erwartet) während meines Experimentes angespannt, weil ich mich außerhalb der bestehenden Regeln befand. Gleichzeitig ging es mir gut: Ich war nah dran an an dem, wovon ich überzeugt bin – sozusagen mit mir selbst im Reinen.

Erfrischend

Ich war das Wochenende über mit meinen beiden ältesten Freundinnen unterwegs und habe den Alltag keinen Augenblick vermisst. Meine Aufgaben zu Hause sind liegengeblieben – auf den ersten Blick sieht man es kaum. Am Montagmorgen mache ich mich mit frischem Schwung ans Werk und wundere mich, wie viel Spaß mir alles macht. Ich sollte öfter die Routine verlassen: ohne Wegfahren kein Wiederkommen!

Er ist dann mal weg (2)

Nach dem ersten „Ich bin gut angekommen in Sambia“ galt für unseren Sohn eine freiwillige Kontaktsperre – er hielt sich nur bedingt daran. Mittlerweile meldet er sich in größer werdenden Abständen, den digitalen Medien sei Dank. Wir hören und sehen, dass es ihm gut geht und er begeistert über den Tellerrand seines bisherigen Lebens schaut. Aber obwohl wir in Ton und Bild mit ihm kommunizieren können: eine Leere bleibt. Wie gern würde ich ihn zwischendurch mal drücken; ich freue mich auf den nächsten Sommer … 

Trödeln oder sprinten

Ich trainiere ab und zu auf einem Ruder-Ergometer. Es ist für mich langweiliger als zu laufen – aber viel anstrengender. Das kommt sicherlich auch daher, dass man beim Rudern ständig vor Augen hat, wie schnell man unterwegs ist. Erbarmungslos offenbart das Display jegliche Trödelei. Schon nach wenigen Minuten muss ich mich mühen, die Anfangsgeschwindigkeit zu halten. (Beim Laufen hat das Trödeln keine sichtbaren Konsequenzen: Ich merke nicht, ob ich langsamer werde.)

Während des Ruderns höre ich meist etwas gegen die Langeweile, heute nicht. Stattdessen fange ich nach 20 Minuten (oder 4.000 Metern) an, meine Ruderschläge zu zählen: In den ersten gezählten 100 Schlägen schaffe ich etwa 700 Meter und mache so weiter bis zur 7.000 Meter-Marke. Am Ende `sprinte´ ich ins Ziel – wahrscheinlich ohne nennenswerte Konsequenzen. Denn der schönste Ziel-Sprint bringt nicht viel; wichtiger ist, dass man vorher nicht trödelt. 

Doppelt teuer

Eine Nachbarin begegnet mir auf dem Weg zum Supermarkt. „Es ist alles so teuer geworden“, sagt sie. Da ich gerade vom Bäcker komme, gebe ich ihr Recht: Mein Lieblingsbrot steht nur noch selten auf unserem Speiseplan, weil sich sein Preis fast wöchentlich erhöht. Wahrscheinlich sind die gestiegenen Energiekosten verantwortlich für die Verteuerung von Lebensmitteln und anderen Dingen `des täglichen Bedarfs´.

Um hohe Gasrechnungen geht es fast täglich in den Zeitungen, ebenso um steigende Stromkosten. Aber nicht nur die Energie selbst wird teurer, sondern auch die Dinge, die mit Energie produziert werden – also alle. Ergo wird der Verbraucher dann zweimal zur Kasse gebeten … Ich frage mich, ob das dann auch als doppelte Inflation gilt?