In der Zeitung lese ich eine kurze Notiz: Eine bekannte Schauspielerin würde einen bestimmten Charakter wieder spielen – sollte sie ein entsprechendes Angebot erhalten. Noch habe sie nichts in Aussicht, aber sie sei grundsätzlich bereit. Ich verstehe ja, dass nicht alles, was in der Zeitung steht, für jeden gleich informativ ist. Wir sind unterschiedlich interessiert: Der eine will dieses wissen, der andere jenes. Aber `Sie würde, wenn sie könnte?´ hat als Nachricht überhaupt keinen Wert an sich! Weder ich bin nach dem Lesen schlauer als vorher – noch sonst irgend jemand, der unsere Tageszeitung liest. Es sei denn, im Celler Land wohnt jetzt schon der nächste Hollywood-Regisseur.
Ein Gespräch
Ein Gespräch ist per Definition, wenn Menschen miteinander kommunizieren. Im Idealfall reden alle Beteiligten ähnlich viel; im Normalfall trifft das aber nicht zu. „Vielen Dank für das schöne Gespräch!“ sagte kürzlich eine Frau zu meinem Mann – nur dass dieser nach eigener Einschätzung kaum zu Wort kam. Er ist einer von den Stilleren: Sein Redeanteil liegt meist bei unter 30 Prozent. Verglichen mit ihm sind die meisten anderen Vielredner – eine Klasse für sich, nicht homogen:
Einige von ihnen reden zwar viel, aber interessant und inspirierend. Außerdem beziehen sie ihr Gegenüber bei aller Rederei mit ein und beleben das `Gespräch´. Ohne sie gäbe es manche unangenehmen Schweige-Momente.
Andere Leute wiederum reden viel, verlieren sich aber im Detail und gelten schlimmstenfalls als Langweiler. Sie hören nur sich selbst: Was die anderen zu sagen haben, prallt buchstäblich auf taube Ohren.
In der dritten Gruppen der Vielredner sind Piraten: Sie kapern jeden Redebeitrag ihres Gegenübers und nutzen ihn als Aufhänger, um zu sagen, was ihnen selbst wichtig ist. Bei uns gilt dieses Vorgehen als die `feindliche Übernahme eines Gesprächsstranges´. Dagegen sind die meisten anderen nahezu chancenlos. Ob trotzdem Kommunikation stattfindet, hängt ganz davon ab, wie man `Gespräch´ definiert.
Wenn´s geht, mit Köpfchen!
„Bei dieser Arbeit musst du nicht denken“, sagte kürzlich eine junge Frau zu mir. Sie wollte mir die Angst nehmen und mich ermutigen, nach dem Motto: So schwer ist das nicht. Ihr Ansinnen war nett gemeint, für mich aber eher abschreckend als einladend. Na klar, `einfach´ ist auf den ersten Blick gut und senkt die Hemmschwelle, etwas Neues zu wagen. Aber wenn es auf mich gar nicht ankommt, wird aus `einfach´ schnell `langweilig´. Ist mein Kopf in einer Arbeit überhaupt nicht gefragt, schalte ich gedanklich ab: Das macht mir wenig Spaß.
Ebenso zögerlich wäre ich bei einer Arbeit, die meine Fähigkeiten klar übersteigt: `Hoch kompliziert´ bremst meine Motivation nicht nur am Anfang – vor allem, wenn ich mich auch langfristig über Gebühr mühen müsste, um überhaupt durchzublicken. Ist mein Kopf durch eine Arbeit komplett überfordert, schalte ich gedanklich ab: Das macht mir wenig Spaß.
Advent
Dieses Jahr beginnt die Adventszeit sehr spät, aber ich bin mit meinen Vorbereitungen noch später dran: Übers Wochenende besuche ich Freunde. Als ich wiederkomme, suche ich mir adventliche Deko zusammen – und habe natürlich keine vier frischen Kerzen zu Hause. Meine Tochter moniert dann auch prompt die beiden schon abgebrannten; heute sei schließlich erst der erste Advent. Es geht jetzt nicht anders, und mir ist es auch wirklich egal. Nächstes Wochenende passt meine Deko dann zum zweiten Advent. Bis dahin finde ich es schön, dass überhaupt etwas auf dem Tisch steht und auf Jesus hinweist: das Licht der Welt.
Was bin ich froh!
Mal wieder sitze ich im Zug; ein Kind quengelt am anderen Ende des Abteils, dann hört es auf. Als es mit seinen Eltern ein paar Stationen später aussteigt, sehe und höre ich es wieder: ein kleines Mädchen, vielleicht fünf Jahre alt. Sie schreit und tobt und schlägt den vor ihr gehenden Vater auf den Hintern – bis dieser sein Handy aus der Hosentasche zieht und ihr hinhält. Dann starrt sie beim Aussteigen still aufs Display. Ich bin keine Expertin in Erziehungsfragen, aber innerlich lege ich die Stirn in Falten. Hier wird ein Tobsuchtsanfall belohnt. Ein Kind setzt seinen Willen durch, obwohl die Eltern anders entschieden hatten – und hat buchstäblich den letzten Schrei. Und die Eltern erlauben ihrem Kind etwas, was zumindest weder Kreativität fördert noch als `pädagogisch wertvoll´ gilt. Ich ahne, womit das Mädchen schon die Stunde Zugfahrt vorher verbrachte: mit kindgerechten und die Medienkompetenz schulenden Video-Spielen.
Was bin ich froh, dass Mobiltelefone noch nicht omnipräsent waren, als wir kleine Kinder hatten! Wir konnten sie und uns sehr lange vor den digitalen Medien bewahren – und taten es entschlossen und konsequent. Ich würde es heute noch genauso tun, aber es wäre wahrscheinlich deutlich anstrengender.
Vom Können
„Dass unsere Ehe möglicherweise scheitern könnte“, habe ich geschrieben, „reicht nicht aus als Motivation, mir einen Job zu suchen.“ Das stimmt, eine andere muss her. Derzeit suche ich einen Job, der außerhalb der Familienarbeit liegt. Wieso? Weil ich damit tatsächlich Geld verdienen und meine anderen Gaben einsetzen könnte.
Auf dem Arbeitsmarkt gelte ich jedoch als `unerfahren´, als `nicht vom Fach´. Im Gegensatz zu Menschen, die sich von einer Berufstätigkeit in die andere bewerben, scheint mein Tun der letzten 20 Jahre unerheblich zu sein: Dabei hat die Familienarbeit mich Dinge gelehrt, die in einem Job gut nutzbar wären. Das wissen leider nur wenige Arbeitgeber. Ich halte also Ausschau nach einem, der nicht an Zertifikaten, sondern an Kompetenzen interessiert ist.
Denn ich kann einiges:
Deutsch und Englisch – habe aber keinen Abschluss in Germanistik oder Anglistik,
tippen, telefonieren und organisieren – bin aber keine Sekretärin,
Termine und Ereignisse planen und koordinieren – darf mich aber nicht Event-Manager nennen …
Außerdem kann ich:
auf unterschiedlichste Bedürfnisse eingehen,
empathisch reagieren,
Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden,
Prioritäten festlegen,
im Trubel die Ruhe bewahren,
konsequent entscheiden, wo´s langgeht, und gleichzeitig flexibel den gegenüber bleiben, die mitgenommen werden müssen,
lernen …
und sehr gut kochen: meist ohne Rezept.
Peinlich (2)
Kindern ist fast überhaupt nichts peinlich: Sie sind sich selbst treu, ohne es selbst zu wissen.
Ab einem gewissen Alter ist ihnen dagegen fast jedes Verhalten peinlich, das sich von dem der breiten Masse abhebt – egal, was sie selbst dazu denken.
Noch später sind jungen Menschen manchmal ihre Eltern peinlich – vor allem wenn diese sich nichts dabei denken, was andere von ihnen denken.
Insgeheim bewundern wir alle wahrscheinlich die Menschen, die sich selbst treu sind, ohne dass ihnen das peinlich ist: Erwachsene, die sich in der Hinsicht wie Kinder verhalten.
Erst reden, dann denken
Wir kommunizieren unterschiedlich und können dies äußerst vielfältig tun: persönlich reden, am Telefon oder einander schreiben – per Brief, Mail, WhatsApp, SMS etc. Und dann gibt´s da noch die Sprachnachricht. Diese ist für den Absender sicher super praktisch – man nimmt sie so `nebenbei´ auf, muss nicht tippen und kann an das Anliegen einen Haken machen. Mir als Empfänger allerdings sind Sprachnachrichten meist zu lang. Sechs bis zehn Minütchen, das klingt kurz, fühlt sich aber lang an: Ohne den anderen zu sehen, höre ich nur zu; Denkpausen machen mich ungeduldig. Vis-à-vis ist `erst reden, dann denken´ schon anstrengend genug. Aber manchmal geht es im persönlichen Gespräch nicht anders. Für eine Sprachnachricht jedoch gilt unbedingt `erst denken, dann reden´; alles andere ist für den Zuhörer einfach nur anstrengend und nervig. Finde ich.
Wind und Wetter
Meine jüngere Töchter fährt morgens mit dem Rad in die Schule: Es regnet und hagelt, der Wind kommt aus allen Richtungen. Ihre ältere Schwester muss erst später hin und erwischt eine kurze Regenpause. Nach der zehnten Stunde kommen beide wieder durch herrliches Novemberwetter nach Hause – und sind zwar nass, aber fröhlich. Vor allem die Jüngere erzählt quietschvergnügt von der Hinfahrt mit ihren beiden Freunden: Einer fuhr ohne Schutzblech, so dass sich seine helle Hose binnen kürzester Zeit verfärbte – schlammbraun. Der andere war schon nass, als die anderen beiden (etwas verspätet) am Treffpunkt ankamen. Meine Tochter fand das alles dermaßen amüsant, dass sie (vom Lachen völlig außer Puste) darum bat, bitte langsamer zu fahren. Die beiden Jungen lehnten ab – weniger amüsiert als genervt. Also strampelte mein Kind laut lachend hinterher.
In der Schule angekommen waren alle drei klitschnass. Das tut mir leid. Andererseits freue ich mich über ihr gemeinschaftliches Radfahren; es erinnert mich an meine Schulzeit – weitgehend ohne Elterntaxis oder motorisierte Mitschüler. Außerdem bewundere ich den Galgenhumor meiner Tochter, der sie bei Wind und Wetter animiert zu atemberaubenden Gelächter.
Eine Stelle
Ich melde mich telefonisch auf eine ausgeschriebene Stelle: im Büro (m/w/d). Einige der Anforderungen bringe ich nicht mit, andere dagegen schon. Im Gespräch mit dem Arbeitgeber erfahre ich, dass sie jemanden suchen, der auch das Lager sortieren kann: einen kräftigen Mann – obwohl das natürlich niemand so ausschreiben würde.
Einige Tage später sehe ich eine andere Stelle im Netz: im Büro (m/w/d). Wieder bringe ich einiges mit, anderes nicht. Im Kleingedruckten steht, dass sie jemanden suchen, der auch die Bewirtung der Gäste bei Konferenzen sowie das Aufräumen hinterher übernimmt: eine Kaffee kochende Frau– obwohl das natürlich niemand so ausschreiben würde.