Niemand ist ganz allein

Bei Frederick Buechner lese ich ein Zitat von einem Dr. Donne, das anfängt mit “No man is an island”. (`Niemand ist eine Insel´, was so viel heißen soll wie `Niemand ist ganz allein´.) Buechner selbst schreibt dazu: „Anders ausgedrückt: Die Menschheit ist wie ein riesiges Spinnennetz: Wenn du es irgendwo anfasst, bringst du das ganze Ding zum Zittern. … Dabei ist es egal, wie wir uns anderen gegenüber benehmen – freundlich, gleichgültig oder feindselig: Es bleibt nie folgenlos. Das Leben, das wir anrühren, beeinflusst ein anderes und so weiter. Wir wissen nicht, wo überall oder wie lange dieses Zittern noch spürbar sein wird.“ (Frederick Buechner, A room called remember)

Ich finde diese Vorstellung einerseits tröstlich, andererseits hängt daran eine gewaltige Verantwortung: Wie ich mich EINEM Menschen gegenüber verhalte, bleibt nicht auf uns beide begrenzt. Es zieht seine Kreise über diese Begegnung hinaus – besonders hinsichtlich derer, die uns beiden sehr nahestehen. Werde ich ermutigt oder gelobt, freuen sich alle mit. Anders wirkt es sich aus, wenn mich jemand persönlich angreift und dadurch verletzt. Dann betrifft das meine Leute – sachlich – überhaupt nicht, und hat doch ganz viel mit ihnen zu tun. Vor allem mein Mann und meine Kinder spüren mein `Zittern´. Es kann sogar sein, dass ihnen die Angriffe mehr unter die Haut gehen als mir: Um einen anderen machen wir uns mehr Sorgen als um uns selbst. Sie können mich ermutigen und trösten, nur ganz allein lassen können sie mich nicht – “no man is an island.”

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