Grundgefühl

Im Wald treffe ich eine Frau mit Hund, die ich vom Sehen kenne. Normalerweise gehen wir kurz grüßend aneinander vorbei. Diesmal bleibt sie stehen und fängt ein Gespräch mit mir an: „Na, kann man sich wieder in den Wald trauen?“ Es ist total windstill, die Sonne scheint, um uns herum stehen Bäume, zu unseren Füßen liegen herunter gewehte Äste … und ich denke: `Ja, klar, wir sind ja hier.´ Die Frau wirkt grundsätzlich vorsichtig bis ängstlich: Sie sei die vergangenen Tage immer nur auf baumfreien Feldwegen unterwegs gewesen, sagt sie. Nach einer Weile verabschieden wir uns.

Das Gespräch überrascht mich; ich selbst war nicht auf die Idee gekommen, den Wald zu meiden. Im Gegenteil: Gleich am Tag nach dem Sturm stiefelte ich neugierig drauflos und wollte sehen, was der Wind auf `meiner´ Hausrunde angerichtet hat. Die Schäden halten sich in Grenzen; die wald-artigen Streifen bei uns hier fallen ohnehin eher unter `urig-vernachlässigt´. Schon länger steht hier so manch alter Baum schräg oder liegt ganz am Boden.

Ich halte mich nicht für leichtsinnig; aber der Gedanke, dass mir etwas auf den Kopf fallen könnte, kommt mir schlicht und ergreifend nicht. Mein Grundgefühl ist vertrauensvoll bis neugierig, dafür bin ich dankbar.

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