Unser ältester Sohn macht momentan ein Praktikum und geht morgens als Letzter aus dem Haus. Dementsprechend sitzt er allein – mit mir – am Frühstückstisch. Es interessiert mich, wie ihm sein Praktikum gefällt, wie lange er arbeiten muss, ob er nächste Woche tatsächlich die Abteilung noch einmal wechselt und warum er heute Obst mit Müsli isst. Er: „Mama, ich will dir mal was erklären. Es gibt Menschen, die morgens schon sehr gesprächig sind. Zu dieser äh … Sorte Menschen gehöre ich nicht. Wenn die gesprächigen die nicht so gesprächigen morgens ansprechen, ist es für beide anstrengend. Da wäre es dann besser, wenn man einfach mal den Mund hält.“
Ich muss lächeln, denn eine Erinnerung zieht durch mein Hirn: Studienzeiten in Freising. Ich habe nicht nur studiert, sondern auch gearbeitet. Meist bin ich morgens mit einer befreundeten WG-Mitbewohnerin aufgebrochen in unseren Gartenbaubetrieb zum „Schaffen“. Später, als ich geheiratet habe, hat sie mir ein selbst gedichtetes Lied vorgesungen. Auf Schwäbisch, denn sie „schwätzt halt so“. Eine Strophe darin lautet:
„Woisch no, wia mir boide zamma on Jaibling zum ersten Mal gfrühstück hend – es war so gega dreiviertel sechse, dass mir morgens do gsessa send.
Wia an Wasserfall hosch do scho gschprudelt, noch ra Frag aber glei erkennt, dass morgens früh zo sora Uhrzeit net alle Leit so gschprächig send.“
Der Kern der Persönlichkeit ist unveränderlich, vielleicht sogar genetisch. Allerdings scheint Gesprächigkeit nicht dominant vererbt zu werden.