Dietrich Bonhoeffer

Nach einigen Wochen Lektüre und 1052 Seiten war ich vor ein paar Tagen mit meiner Bonhoeffer-Biographie fertig – und weinte. Einer meiner Söhne fragte, warum. Auf meine Antwort, dass das Buch mit Bonhoeffers Tod abschließt, schaute er mich erstaunt an und sagte: „Aber das wusstest du doch, oder Mama?“ Ja, das stimmt. Aber durch die Lektüre weiß ich heute noch viel mehr über Dietrich Bonhoeffers Leben, seine Gedanken und sein Tun. Ich fühle mich ihm näher; seine Beweggründe und Lebensentscheidungen sind mir klarer – und auch, was diese für ihn bedeuteten.

Während seines Lebens wurde es ihm immer wichtiger, seinen von Gott empfangenen Auftrag zu erfüllen – wie dieser sich auch änderte: Zunächst war ihm das theologische Arbeiten im universitären Umfeld wichtig, dafür war er prädestiniert. Dann widmete er sich mit großer Hingabe der Gemeindearbeit und schließlich der Ausbildung und Begleitung von Pastoren. Immer schlug sein Herz für die Kirche in Deutschland. Wie diese nach dem Krieg weiterbestehen, sich entwickeln und aussehen könnte, waren drängende Fragen für Bonhoeffer. Die Umstände in Deutschland ließen ihn aber noch einen anderen Ruf hören: nämlich den, sich dem Bösen seiner Zeit entgegenzustellen.

Er begab sich nicht nur in Lebensgefahr mit seinem Handeln, es hatte enorme Auswirkungen auf sein Leben: Bonhoeffer riskierte bewusst alles – seinen guten Ruf und seine berufliche Zukunft. Nichts konnte seiner Berufung durch Gott selbst im Wege stehen: weder seine Prinzipien oder Prägungen des Elternhauses noch seine Überzeugungen. Bonhoeffer machte sein Handeln im aktiven Widerstand weder abhängig von menschlicher Anerkennung noch von der Aussicht auf Erfolg. Was ihn motivierte, war allein sein Glaube an Jesus Christus selbst; hinsichtlich der Schuld, die er dabei auf sich lud, vertraute er ausschließlich auf Gottes Gnade und Gerechtigkeit. Selbst von der Kirche, die ihm so viel bedeutete, erwartete er keine Rückendeckung. Als er verhaftet wurde, sah und akzeptierte er auch die Zeit im Gefängnis als Gottes Auftrag und nahm diesen an. Seiner eigenen Unzulänglichkeit in allem war er sich mehr als bewusst.

Dietrich Bonhoeffer war aufrichtig, demütig und gottergeben – als Mensch ein Vorbild und als Christ ein nahbarer Bruder für mich. Darum weine ich, wenn mich ein Buch an sein Sterben erinnert.

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