Einladung erwünscht – nur nicht zum Kaffeetrinken

Als ganze Familie werden wir nicht oft eingeladen, noch seltener zu einem Kaffeetrinken. Das ist einerseits schade, andererseits gut so: Kaffeetrinken ist für uns eine Herausforderung. Es sei denn, es findet draußen statt und ist eine offene Veranstaltung ohne Sitzzwang. Kaffeetrinken, damit verbinden wir: schlecht gelüftete Räume, viel zu viel Kuchen, schleppende Konversation oder alle reden durcheinander und dazu noch ständiges Geschirrgeklapper. Der Kaffee selbst kommt in dieser Negativliste gar nicht vor, der ist nicht das Problem.

Auch mancher Kuchen kann sehr lecker sein, das gebe ich zu. Es hat eher mit dem Drumherum zu tun. Ich habe nichts dagegen, nachmittags Menschen zu treffen und etwas mit ihnen zu TUN: spazieren gehen, eine Runde Skat, Doppelkopf oder Kniffel spielen, quatschen, einen Film schauen. Vieles ist möglich – eventuell sogar mit einer Tasse Kaffee. Nur die Veranstaltung „Kaffeetrinken“ als Hauptattraktion, die passt nicht so wirklich zu uns.

Mehr als ein Buch

Ich habe ein Buch verschenkt, das ich sehr lesenswert fand. Nein, falsch. Mir fällt kaum ein Buch ein, das mich derart bewegt hat. Eine Biographie: schonungslos ehrlich, nicht nach Mitleid heischend, erschütternd, ermutigend war sie und hat mich berührt, herausgefordert, beeindruckt. Derjenige, dem ich es geschenkt habe, fand es „ganz gut“. Seiner Meinung nach gefiel sich der Autobiograph zu sehr selbst.

„Wie bitte?“, denke ich, „ganz gut? Sprechen wir über dasselbe Buch?“ Er hat es anders verstanden als ich – und das enttäuscht mich sehr. Sofort tut mir der Autor leid. Dessen Ehrlichkeit wurde nicht wertgeschätzt, sondern sogar als Eitelkeit interpretiert. Kann es sein, dass ich es war, die etwas missverstanden hat?

Mein Verstand weiß: Es gibt immer Menschen, die etwas mögen, und andere, die dasselbe nicht mögen. Liest man Buchrezensionen, dann merkt man schnell, dass gerade Literatur Geschmacksache ist. Soll doch jeder lesen, was ihn anspricht.

Mein Herz wünscht ich es sich anders: Menschen, die mir etwas bedeuten, sollen bitte meine Begeisterung teilen können. Zumindest für solche Bücher oder wenigstens für dieses Buch – und für den Mut des ehrlichen Menschen, der es geschrieben hat. Dann fühlte auch ich mich von ihnen verstanden…

Anfangen – Routine haben – Aufhören?

Mit 18 habe ich den Führerschein gemacht, in den Jahren danach das Autofahren gelernt. Seit 30 Jahren fahre ich – anfangs weniger, dann mehr, heute ziemlich regelmäßig, aber nicht viel. Ich halte mich für eine gute Autofahrerin, besser als vor 30 Jahren, wahrscheinlich aber nicht mehr ganz so schnell in meinen Reaktionen. Weil ich auch oft Fahrrad fahre oder zu Fuß gehe, habe ich mehrere Perspektiven, wenn ich mit dem Auto unterwegs bin. Die schnellere Reaktionsgeschwindigkeit eines 20-Jährigen wird von meiner längeren Routine aufgewogen. Denke ich.

Dieser Status quo dauert schon einige Jahre und wird noch einige weitere anhalten. Bleibt es so bis zuletzt? Was ist in 30 Jahren? Noch mehr Erfahrung werde ich haben. Aber ich werde langsamer sein, nicht mehr so wendig – wahrscheinlich – an Leib und Geist.

Werde ich merken, wenn die Routine meine sinkende Reaktionsgeschwindigkeit nicht mehr aufwiegt? Wird es mir bewusst sein, wenn mehr Unsicherheit als Erfahrung im Spiel ist, sobald ich ins Auto steige? Gibt es ihn, diesen einen Moment, ab dem es besser wäre, ich ließe das Auto stehen?

Es gibt keine Pauschalantwort auf diese Fragen. Ich weiß: Unfallverursacher und Unfallopfer sind nicht immer dieselbe Person. In meiner Hand liegt nicht alles. Es ist vor allem Bewahrung, wenn ich heil wieder zu Hause ankomme.

Jahrzehntelang im Heute leben

„Ich habe mir online ein Hotelzimmer gebucht, das kann ich gut auch wieder stornieren“, sagt meine Freundin. Sie ist knapp 80 und mir in solchen Dingen echt ein Vorbild. Das Internet nutzt sie als Informationsbörse für kulturelle Veranstaltungen, Fahrkarten-Schalter oder zur Buchung von Hotelzimmern; durch ihr Smartphone bleibt sie mit ihren Enkeln in Kontakt.

Außerdem ist sie für mich ein Schatz an Lebenserfahrung: Meine Freundin hat die Nachkriegszeit erlebt, vier Kinder großgezogen, ist oft umgezogen und war 50 Jahre verheiratet. Auch als Witwe wirkt sie nicht einsam oder gar hilflos.

Manchmal treffen wir uns und reden. Ihre Vergangenheit ist länger als ihre Zukunft, im Heute ist sie zufrieden und verkörpert für mich eine gelungene Mischung aus Tradition und Moderne: Sie macht nicht alles mit, was es Neues gibt, und verwirft nicht alles, was sich bewährt hat. Ihre Auswahl trifft sie bewusst und wirkt dabei sowohl routiniert als auch neugierig, das gefällt mir.

Kunde oder Kollateralschaden

Vorab: Ich höre kein Radio. Vielleicht sollte ich „kaum“ sagen, denn meine Kinder tun es – und manchmal bin ich währenddessen mit ihnen zusammen. Kaum also. Es fehlt mir nicht. Ich höre auch keine andere Musik nebenbei – höchstens während ich bügele. Ansonsten höre ich Musik nur, wenn ich wirklich Musik hören will. Es ist für mich eine eigenständige Tätigkeit.

Wenn ich in einen Klamottenladen gehe, empfinde ich die meist erklingende Musik als herausfordernd. Sie raubt mir die Ruhe und nimmt mir die Lust, mich interessiert umzuschauen. Sie macht mich gleichzeitig müde und hibbelig. Das, was es mir schön machen soll im Laden, macht es mir unangenehm. Oft frage ich mich, ob es den Verkäufern nicht genauso geht und wer eigentlich entscheidet, dass in vielen Geschäften immer Musik laufen muss.

Für mich müssten sie nichts abspielen, für mich als Kundin – und bin ich nicht König? In meinem Fall steht die Musik meiner Bereitschaft im Weg, mich länger und gern in diesen Läden aufzuhalten und Geld gegen Ware zu tauschen. Entweder, es geht nicht um die Kunden, was komisch wäre. Oder aber ich bin der Ausnahmefall, eine der wenigen Personen, die nicht mehr und lieber einkauft, wenn sie dabei Musik hören kann. Mein persönlicher Unwille beim Shoppen ist dann vielleicht der Kollateralschaden, der in Kauf genommen wird, weil man es eben nicht jedem recht machen kann.

Es wäre doch interessant, wieviele Leute die Musik in Geschäften wirklich schätzen, gleichgültig über sich ergehen lassen, schlicht ertragen oder ebenso störend finden wie ich. Bei einer solchen Studie würde ich mitmachen. Es kann auch alles so bleiben, wie es ist – es würde mich nur interessieren, wie groß der eingeplante Kollateralschaden ist.

Geplant + nicht geschafft = schlecht?

Es gibt ein gewisses Standardprogramm in meinem Alltag. Wie jede Berufstätige habe auch ich einen Aufgaben-Kanon, den ich einfach abarbeiten muss. Darüber hinaus gibt es Ideen, Pläne und Vorhaben, die ich selbst dazu packe, die aber weniger dringlich sind. Diese werden bei mir häufig durchkreuzt beziehungsweise müssen sehr flexibel neu arrangiert werden: Es regnet den ganzen Tag und ich kann den Rasen nicht mähen. Oder die Hausaufgabenhilfe für meinen jüngsten Sohn ist dermaßen langwierig, dass ich für den ursprünglich geplanten Brief keine Muße mehr habe. Oder ich muss einfach früh ins Bett und habe für ein Telefonat oder die Bügelwäsche keine Kraft mehr. Oder es kann sein, dass ich einfach doch keine Lust habe, die Fenster zu putzen.

Das bewirkt, dass meine To-do-Liste ständig erneuert, abgestrichen und ergänzt wird. Manchmal steht mehr drauf, manchmal weniger, ganz leer ist sie nie. Und nur sehr selten erledigt sich eine Sache von selbst oder wird von einem anderen Heinzelmännchen abgearbeitet. Das bewirkt auch, dass ich bisweilen ganz ungeplant auf dem Sofa sitze und einen Asterix-Band vorlese und danach eine Partie Phase 10 spiele und es dann schon Zeit fürs Abendbrot ist … Obwohl ich doch die vielen Äpfel verarbeiten wollte, die da unterm Apfelbaum liegen und in zwei, drei Tagen nicht mehr so gut schmecken oder faulen oder von Insekten (halb) aufgefressen sein werden. Ich habe dann weniger „geschafft“, aber ist der Tag dadurch auch weniger wert? Natürlich ist das eine Buch (nach und vor vielen anderen vorgelesenen Büchern) nicht wirklich wichtig für mein Kind. Natürlich könnte er auch ohne das gemeinsame Spiel einen schönen Nachmittag haben. Ich will das gar nicht gewichten. Dafür wären dann ja mehr Äpfel zu apple crumble verarbeitet und weniger auf dem Kompost gelandet.

Ist mein Tag erfolgreicher, wenn ich viel schaffe von dem, was ich mir vornehme? In der Regel sind es ja doch auch Dinge, die getan werden sollten. Aber wer entscheidet, ob der pünktliche Geburtstagsbrief wichtiger, richtiger ist als der entrümpelte Keller oder die Laufrunde nur für mich? Wir machen immerzu etwas und lassen etwas anderes sein; und wir bewerten immerzu, dass das eine wichtiger ist als das andere. Das ist ja auch in Ordnung – solange wir nur für uns selbst bewerten und nicht für andere. Solange wir uns zumindest bewusst sind, dass unser eigenes Wertesystem eine sehr subjektive Geschichte ist.

Früher habe ich ALLE Äpfel, die zu Boden fielen, verarbeitet. Und Bücher vorgelesen und Geburtstagsbriefe pünktlich abgeschickt. Und ganz regelmäßig die Fenster geputzt. Heute erlaube ich mir (warum auch immer), Aufgaben nicht oder nicht sofort zu erledigen. Ich merke zweierlei: Zum einen – Fenster, Äpfel, Bücher (und manchmal sogar Kinder) können warten. Zum anderen – ich schaffe trotzdem noch eine ganze Menge.

Muss ich oder kann ich?

Mein Leben besteht aus zwei Hälften. Sie sind nicht gleich lang, aber wahrscheinlich gleich wichtig: Die eine Hälfte endete gestern, die zweite Hälfte fängt morgen an. Die eine Hälfte liegt hinter mir und bereichert mein Heute mit Erfahrungen; die zweite Hälfte liegt vor mir und bereichert mein Heute mit Erwartungen. Jetzt könnte ich denken, der größere Teil ist schon vorbei und ich stelle mir den Rest meines Lebens wie einen sich verengenden Trichter vor. Die Möglichkeiten und Gelegenheiten werden weniger, weil mir weniger Zeit bleibt, sie zu tun, und weil ich älter und weniger leistungsfähig werde. Außerdem ziehe ich (scheinbar?) mit jeder getroffenen Entscheidung engere Grenzen, was noch erlebbar ist.

Aus anderer Perspektive betrachtet nehmen die Möglichkeiten und Gelegenheiten zu, weil ich weniger erledigen muss (Berufsausbildung, Familiengründung, sesshaft werden), ich älter (und weiser) werde und vielleicht ja auch vermögender.

Entscheidungen trifft man ja immer für eine und automatisch gegen mindestens 17 andere Sachen. Einerseits: Bestimmte Dinge kannst du nicht mehr machen. Noch ein Studium geht nicht, noch ein Kind geht nicht, noch ein halbes Jahr im Ausland geht nicht. Andererseits: Ich muss gewisse Dinge nicht mehr machen und kann die Zeit für anderes nutzen als für ein Studium, ein weiteres Kind, ein Auslandsjahr.

Solange ich entscheide, gestalte ich. Ich konnte das immer, und es war schon immer begrenzt – früher von anderen Dingen und Umständen als heute. Das stärkste Limit ist in meinem Kopf, das größte Hindernis ist mein nicht vorhandener Mut. Und: Letztlich ist mein Gestaltungsspielraum immer gleich – es ist immer nur der heutige Tag. Der heutige Tag ist der einzige, den ich wirklich besitze. Das war schon immer so und wird immer so bleiben.

Zwangskoppelungen

Laut Wolf Schneider, dem Sprachkritiker und Vorbild-Journalisten Deutschlands, gibt es so etwas wie Zwangskoppelungen: „Die allzu lange währende Ehe eines Substantivs mit dem immer selben Adjektiv“, meint er damit. Konkret fallen darunter solch bekannte Formulierungen wie „massiver Druck“, „herbe Enttäuschung“ und „bitterer Ernst“.

Ich habe gemerkt, dass es in meinem Leben Zwangskoppelungen gibt, die sich allerdings eher aufs Tun als aufs Reden beziehen: Wenn ich ohnehin das Auto nehmen muss, kann ich gleich noch Wasser, Toilettenpapier und andere Dinge besorgen, bei der Schneiderin anhalten, tanken und durch die Waschanlage fahren. (Oder wenigstens eins davon.)
Hat jemand hier angerufen und mich nicht erreicht, muss ich sofort zurückrufen.
Spüre ich eine aufkommende Erkältung, erledige ich doch schnell noch ein paar Dinge, die mir morgen vielleicht schwerer fallen – Fußböden wischen, bügeln, Essen vorkochen.
Ist das Wetter schön, muss ich raus. Lesen kann ich, wenn´s regnet.
Habe ich angefangen ein Buch zu lesen, muss ich es beenden – auch wenn es mir nicht gefällt.

Manche dieser Zwangskoppelungen sind tatsächliche Zwänge, denen ich mich freiwillig unterwerfe. Die Sache mit dem Auto kommt noch aus der Phase meines Lebens, in der ich aus ökologischen Gründen überhaupt nur höchst ungern ein Auto benutzt habe. Telefonanrufe wurden in meinem Elternhaus möglichst zeitnah erwidert. Meine Betriebsamkeit angesichts einer drohenden Erkrankung speist sich wohl aus dem – nicht immer wahren – Gedanken, dass hier alles zum Erliegen kommen könnte, wenn ich ausfalle. Zum einen ist das großer Quatsch, zum anderen – was heißt schon „zum Erliegen“?

Wie dem auch sei: Zwänge brauchen immer ein williges Opfer, sonst verlieren sie ihre Macht. Ich übe mich in der Freiheit – in Sachen Wetter (raus gehen) und Bücher (fertig lesen) bin ich schon ganz erfolgreich…

Am Ende vieler Schritte stehe ICH

Hätte, hätte, Fahrradkette – wer kennt diesen Spruch nicht! Es gilt für Gutes Schwieriges: Eine halbe Stunde früher losfahren – und nicht im Stau landen. Sich bei bestem Wetter aufmachen zu einem Spaziergang und den spontanen, unangekündigten ´once in a lifetime`-Besuch eines alten Freundes verpassen.

Mit 20 fuhr ich zum ersten Mal nach Österreich, auf eine Alp. Ich hatte kurz Aufenthalt in Wien, glaube ich, ein junger Mann sprach mich an – ob ich eine Unterkunft gebrauchen könne. Obwohl dem nicht so war, kamen wir ins Gespräch über meinen gewünschten Aufenthalt in Kanada als eine, die für Kost und Logis auf Höfen arbeitet. Er hatte das auch schon gemacht, allerdings in Australien. Eine Adresse gab er mir: „Die sind echt nett.“ Kurzentschlossen schrieb ich hin – und erhielt keine Antwort. Trotzdem buchte ich einen Flug nach Australien (und nicht nach Kanada), kaufte einen Rucksack, reichte zwei Urlaubssemester ein. Eine Woche vor dem Abflug rief ich bei der Familie an: „Yes, come over, we´re looking forward to meeting you!“ Australische Gelassenheit.

Von dieser Anlaufstelle aus wurde ich weitergereicht – zum Bruder mit der Schaffarm, zur Schwester in der Hauptstadt, zu einem Schmied. Ein halbes Jahr war ich in „down under“ – und könnte ganz viel darüber schreiben…

Die Begegnung am Bahnhof von Wien war kurz, den jungen Mann habe ich nie wiedergesehen. Aber sie hat Weichen gestellt für mein Leben, deren Folgen ich jetzt noch spüre. Irre. Entscheidungen an Wegkreuzungen sind folgenschwer – in jeder Richtung. Ich werde so oder so verändert und geprägt. Das kann uns mutig einfach losgehen oder auch den nächsten Schritt gut abwägen lassen. Ist wohl typabhängig. Aber jedes Losgehen führt uns nicht nur irgendwohin, sondern macht uns letztlich zu dem Menschen, der wir am Ende sind.

Die Reichweite eines Feiertages

3. Oktober, Tag der Deutschen Einheit, ein Feiertag. Ein Tag, der zwar vom Datum her noch immer unlogisch erscheint – weniger gewachsen als künstlich geschaffen -, aber trotzdem ein Tag, der Bedeutung für mich hat. Ich bin dankbar dafür, ich weiß nicht nur im Kopf wofür er steht, mein Herz weiß es auch. Ich habe erlebt, wie es vorher war und wie nach dem Fall der Mauer. Ich war Teil der Montagsdemos, habe 1989 gestaunt, geheult, Bananen gegessen und dieses Westberlin erkundet, das schon immer so nah dran war an Ostberlin und doch unerreichbar weit weg.

Für meine Kinder ist der Tag der Deutschen Einheit letztlich schwer vermittelbar. Für sie ist das ohnehin ein Land, dieses Deutschland; dass das mal anders war, wissen sie zwar, aber es ist ein emotionsloses Wissen. Kein Staunen dabei, kaum Dankbarkeit – höchstens für den freien Tag und dass wir abends „zur Feier des Tages“ etwas Besonderes essen.

Das ist schade, aber es ist kaum zu ändern. Ganz schwer nur können sie einen Bezug dazu herstellen. Genauso wie für mich die beiden Weltkriege zwar sachlich schlimm sind, ich aber letztlich nicht – wie meine Eltern und Großeltern – nachvollziehen kann, was Krieg bedeutet. Gefühle sind schwer vermittelbar. Trotzdem ist das Erinnern wichtig. Vielleicht färbt ja die tiefe Freude ihrer Mutter über das vereinigte Deutschland teilweise auf meine Kinder ab. Nur darf diese dann auch in mir nicht vollständig einer alltäglichen Selbstverständlichkeit weichen … oder der Lüge mancher Leute, die in der DDR das menschenfreundlichere Gesellschaftsmodell sehen … oder der Gleichgültigkeit anderer, für die der Osten Deutschlands weiter weg, unbekannter und unattraktiver ist als die Dominikanische Republik.