Genial fällt auf?

`Mehr Schotter für dein Kies´ steht auf einem Werbeplakat, und ich zucke unwillkürlich zusammen: Natürlich spricht man das genau so. Aber ebenso natürlich ist es grammatikalisch verkehrt geschrieben – und DAS bereitet mir ein gewisses Unbehagen. Ich gebe zu, dass sich `Mehr Schotter für deinen Kies´ nicht so flüssig läse (und anhörte). Aber es gäbe eine geschmeidige Lösung: ein simples Apostroph an der richtigen Stelle.

Es kann sein, dass `Mehr Schotter für dein΄ Kies´ mir dann überhaupt nicht aufgefallen und im Kopf geblieben wäre. Insofern ist die vorhandene Version die gelungenere, was den Erinnerungseffekt angeht … Sollte die zuständige Werbe-Agentur das bedacht haben? Ich ziehe meinen Hut vor diesem genialen Schachzug, äh Slogan!

Weniger genial finde ich das Apostroph an der falschen Stelle, wie zum Beispiel bei `Ingrid΄s Pommesbude´ oder `Martina΄s Blumenlädchen´. Das ist einfach nur verkehrt. Ich hoffe, es fällt keinem auf – und bleibt nicht im Kopf.

Schwierig

80 Regierungs- und Medienvertreter fliegen gemeinsam nach Kanada und tragen keine Maske. Einige Leute kritisieren dieses Verhalten und finden, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird: Jeder andere deutsche Fluggast betritt in diesem Sommer nur maskiert ein Flugzeug. Eine Regierungssprecherin verteidigt die Aktion mit den Worten, für eine Regierungsmaschine gälten andere Regeln. In unserer Tageszeitung weist ein Journalist darauf hin, die Kritik daran käme `vor allem auch von rechts´. 

Andere Regeln hin oder her: Selbst wenn Flugzeuge der Regierung oder der Bundeswehr auf einer anderen Rechtsgrundlage starten dürfen (was diverse Juristen bezweifeln): Ist es weise, sich dann darauf auszuruhen? Geltendes Recht ist die eine Sache, der absolute Umgang damit eine andere. Nicht alles, was erlaubt ist, ist auch angemessen – man darf auch mit 400 km/h über eine deutsche Autobahn fahren … Meines Erachtens ist es alles andere als schlau, im besten Fall naiv, aber wahrscheinlich eher selbstgerecht – und das gilt für die Autobahnfahrt ebenso wie für den Flug mit Sonderregeln. Es zeugt von einer großen Arroganz, ein solches Verhalten im Nachhinein wortreich zu rechtfertigen. Stattdessen angebracht wären bescheidene Formulierungen im Sinne von: `unangemessen´ und `tut uns leid´. Sie würden helfen, Glaubwürdigkeit und Vertrauen wieder herzustellen.

Zusätzlich bedenklich finde ich, dass eine Tageszeitung die sehr berechtigte Kritik an diesem Verhalten zwar erwähnt, aber umgehend in die rechte Ecke befördert. Je inflationärer man mit dem Begriff `rechts´ umgeht, umso weniger Schrecken verbreitet derselbe: Seit zweieinhalb Jahren gelten bei uns zunehmend diejenigen Menschen als `rechts´, die die Regierungslinie kritisch hinterfragen. Sie fühlen sich zu Recht missverstanden und zu Unrecht abgestempelt.

Außerdem ist die Frage des Rechts zwar wichtig, aber nicht der einzige Aspekt. Egal, ob die Rechtsgrundlage vorhanden ist für eine Maskenpflicht in Flugzeugen oder anderswo: Eine mindestens ebenso entscheidende Frage ist doch, ob wirklich noch medizinische Gründe dafür existieren. Allerdings befürchte ich, mich mit derartigen Überlegungen direkt für die rechte Ecke zu qualifizieren … 

Alles schwierig, ganz schwierig.

Ein Stift, ein Papier, eine Handschrift

Ich mag Handschriften. Zwei Freundinnen von mir schreiben nicht nur sehr leserlich und gleichmäßig, sondern für meinen Geschmack auch ausgesprochen schön. Dass sie sich noch dazu gut ausdrücken können, steigert das Lese-Vergnügen umso mehr.

Meine eigene Handschrift unterliegt starken Schwankungen. Ich weiß schon lange, dass das nicht nur an meiner eigenen Verfassung liegt, sondern eher am Schreibgerät: Das sauberste Schriftbild erzeuge ich mit einem Füller. Einige Kugelschreiber eignen sich ebenfalls, andere dagegen gar nicht; ein mittelharter Bleistift geht gut; Tintenroller sind (für mich) gänzlich ungeeignet. Dass aber das Papier eine ebenso wichtige Rolle spielt, habe ich erst kürzlich festgestellt. Normalerweise schreibe ich auf dem Kopierpapier, das wir für unsere Drucker benutzen – gern günstig, manchmal recycelt. Dieses Jahr bekam ich von meiner Mutter richtiges Briefpapier, inklusive Wasserzeichen. Seither sieht jede Briefseite schön aus, was hoffentlich bei den Empfängern gut ankommt. An der Güte des Inhalts hat sich nichts geändert – die hat eher mit meiner eigenen Verfassung zu tun …

Ergebnisoffen? Schief gelaufen!

In einer Fernseh-Sendung geht es ums Gendern. Viele Gesprächspartner sind dafür, wenige dagegen; zum Schluss können Schüler per Telefon ihre Meinung sagen. Das Urteil fällt deutlich aus: Die meisten Schüler halten Gendern für unnötig. Die Moderatorin reagiert hörbar erstaunt und meint, das Ergebnis sei ein `Aufruf, nächstes Jahr wieder eine solche Sendung zu machen´. Ihre Logik ist nicht meine – wundert mich aber auch nicht.

Natürlich wird diese Sendung kritisiert. Dabei fällt der leicht spöttische Kommentar: „Das war ja wohl nicht so vorgesehen. Was ist da wohl schief gelaufen, dass das `falsche Ergebnis´ herauskommen konnte?“ Wieso `schief gelaufen´?, frage ich mich. Es war eine öffentliche Sendung mit Live-Abstimmung. Das Resümee war eindeutig. Manchmal erlebt man eine Überraschung, wenn man ergebnisoffen diskutiert – und manchmal erfreulicherweise auch, wenn man es nicht ergebnisoffen tut.

Mmh …

„Mmh …, mmh …“, eine Frau im Supermarkt macht merkwürdige Geräusche. Sie scheint mit einem Baby in einer Babyschale zu kommunizieren, das ebenfalls mit „mmh …, mmh …“ antwortet. Vor allem die Frau `redet´ laut und viel – bleibt aber buchstäblich einsilbig. An der Kasse stehen die beiden hinter mir, ich muss ihnen zuhören. Nach einiger Zeit geht es mir gehörig auf den Keks; ein piepsiges „Na, mein Schatz“ der Mutter wäre mir lieber. Ich mische mich aus Respekt nicht ein, hoffe aber, der Wortschatz des Babys erweitert sich trotz dieser ungünstigen Startbedingungen.

Fantastische Gelegenheiten 

Ein Freund schreibt mir in einer Mail, ein Thema werde dann herausfordernd, wenn man aufhört in schwarz/weiß Rastern zu denken. Daraus ergäben sich `fantastische Gelegenheiten, sich zwischen die Stühle zu setzen´. Ich liebe derartige Formulierungen: Sie beschreiben sehr humorvoll, dass jemand sich sehenden Auges auf einen sehr anstrengenden Weg begibt. Damit verbunden sind meist nicht nur kontroverse Gespräche, sondern so manche Freundschaft wird auf die Probe gestellt. Dieser Freund hat das schon einmal erlebt und weiß, was ihn erwartet. Trotzdem hat er weiter Mut, sich nicht mit oberflächlichen Antworten zufrieden zu geben – auch nicht um des lieben Friedens willen. Ich möchte von ihm lernen, schwierigen Diskussionen nicht auszuweichen, sondern sie als fantastische Gelegenheiten zu betrachten.

Digitales Miteinander – positiv

Als ich Threema auf meinem Handy installierte, um mit einer sehr guten Freundin leichter kommunizieren zu können, war das ein großer Schritt für mich: Mit Messenger-Diensten hatte ich bis dahin nichts am Hut. Dennoch ließ ich mich überzeugen – um meiner Freundin willen. Meine ersten Worte an sie waren offensiv und positiv – wenn auch in unvollständigen Sätzen: `Neue Medien mit offenen Armen willkommen heißen. Mit dem aktuellen Stand der Technik mithalten und sich nicht abhängen lassen.´ Und: `Meine Nachrichten sind übrigens selten kurz – wir werden unsere Zeit jetzt vor Bildschirmen verbringen.´

Zwei Jahre später lese ich meine Worte noch einmal und überlege, was aus diesem Schritt in die digitale Kommunikation geworden ist. Meine heimlich Sorge hat sich nicht bestätigt – unsere Bildschirmzeit hält sich nach wie vor in Grenzen. Die praktischen kurzen Nachrichten zwischendrin ermöglichten manches `last minute´- Treffen. Und unsere bisweilen sehr ausführlichen Erörterungen vorher besprochener Themen haben uns einander näher gebracht – wie schön!

Momentaufnahme

Viele der Briefe, die mir etwas bedeuten, hebe ich auf. Es fällt mir schwer, etwas wegzuwerfen, womit sich jemand anderes solche Mühe gegeben hat. Dabei lese ich sie nur sehr selten noch einmal und werde dann nicht mehr gleichermaßen berührt von ihrem Inhalt. Wahrscheinlich lassen sich die Momente nicht nacherleben, für die die Briefe geschrieben waren: Persönliche Worte sprechen oft genau hinein in eine bestimmte Lebenssituation – und passen nur zu dieser. Im Augenblick entfalten sie eine besondere Kraft, die im Nachhinein kaum noch zu spüren ist.

Von daher müsste ich Briefe nicht aufheben; sie haben ihre Aufgabe erfüllt, mehr kann ich von ihnen nicht erwarten. Ich tue es trotzdem – zumindest bis zu meinem nächsten Umzug :-).

Erziehung?

Ich treffe viele Hundebesitzer. Fast alle erziehen ihre Hund in irgendeiner Weise – die mehr oder weniger eindeutig reagieren. Bei einer Frau und ihrem Hund ist das anders. Ich begegne beiden oft und habe noch NIE erlebt, dass die Frau ihren Hund in irgendeiner Weise erzieht: Normalerweise läuft er frei herum, begegnet Menschen und Tieren freundlich ignorant – und genießt das Hund-Sein. Momentan herrscht Leinenzwang. Daher wirkt der Hund heute entsprechend `frustriert´, dass er nicht wie gewohnt frei laufen darf. Für seine Besitzerin dagegen ist der Leinenzwang entspannend: „So kann ich einfach vor mich hin trotten; sonst bin ich ja doch immer aufmerksam, wo er ist und was er macht.“

So ist das also, denke ich: Obwohl diese Frau sich sehr, sehr sicher sein kann, dass ihr Hund keinen Quatsch macht, ist sie immer BEREIT, ihn zu erziehen. Der Hund scheint das zu wissen und reagiert eindeutig: Er begegnet Menschen und Tieren freundlich ignorant – und genießt das Hund-Sein. 

Klare Worte

Es soll Experimente gegeben haben, in denen Neugeborene nur versorgt wurden. Klare Worte oder Zuwendung dagegen bekamen sie nicht. Derartige Unternehmen endeten tragisch: Die Kinder starben. Wie schrecklich und wie unnötig! Das Ergebnis müsste jedem auch ohne Experiment klar sein. Wir sind soziale Wesen und müssen kommunizieren – egal, ob verbal oder non verbal.