Sonntagnachmittag: Es klingelt an der Haustür. Ein Freund meines Sohnes will etwas für diesen abgeben. Ich bedanke mich freundlich und bitte ihn, seine Mutter von mir zu grüßen. Er nickt artig und geht. Ich will schon die Tür schließen, aber mir fällt noch etwas ein und ich gehe nochmal nach draußen. Dadurch bekomme ich mit, wie der Freund sich mit einem anderen Jungen lautstark über mich lustig macht: „Vielen Dank und schöne Grüße!“, äffen sie mich nach, während sie weggehen. Ich stehe irritiert an der Tür. Was ich höre, trifft mich. Gerade diesen Jungen habe ich bisher immer als sehr freundlich und höflich erlebt – meinem eigenen Sohn sehr ähnlich. Bei Teenagern läuft ja manches durcheinander in Körper und Geist; es ist eine Phase der Veränderung. Aber ist es normal, dass man in dem Alter zwei Gesichter hat: (direkt) ein freundliches und (indirekt) ein respektloses? Ich will das Erlebte nicht überbewerten, bezweifle aber, dass ich es vollkommen vergessen kann. Hoffentlich frage ich mich während unserer nächsten direkten Begegnung nicht, was er insgeheim über mich denkt!