Heute Morgen in der Küche sinnierte ich vor mich hin: „In drei Wochen habe ich Geburtstag und werde 50.“ Meine Tochter entgegnete ohne Zögern: „In zwei Monaten habe ich Geburtstag und werde 16.“ Ich weiß nicht, womit ich gerechnet hatte, es war vieles denkbar: Anteilnahme, Erstaunen, Freude etc. Stattdessen erhielt ich eine rein sachliche Feststellung, gewürzt mit leiser Ignoranz. Wer behauptet, 50 zu werden sei in irgendeiner Weise besonders, hat wahrscheinlich kein Kind im Teenager-Alter. Diese Personengruppe hält jeden auf dem Boden der Tatsachen.
Erkenntnis
Bei Teenagern haben Stimmungen eine kurze Halbwertzeit. Das ist manchmal gut, manchmal schade – und ähnlich berechenbar wie die Wechselhaftigkeit des Wetters an der Küste. Trotzdem mag ich beide: Teenager und Küsten. Nur nicht immerzu in meiner Nähe.
Gebrauchsanweisung für Teenager-Eltern
Ich will ein Handbuch! (Es muss aber gut geschrieben sein.)
Als ich mit meinem ersten Kind schwanger war, erschien mir die größte Schwierigkeit in der Erziehung, wie ich dem neuen Menschlein das Sprechen beibringen würde. Ehrlich, darüber habe ich mir wirklich Sorgen gemacht – auch wenn befragte Schon-Eltern behaupteten, das ginge mehr oder weniger von allein. So war es dann auch. Sprechen und viele andere Dinge haben unsere Kinder von uns quasi im Vorbeigehen gelernt, meist erforderten sie keine besonderen Kompetenzen unsererseits abgesehen von Zeit, Geduld und Gemeinschaft. Die Krone: „Ich kann da allein mit dem Rad hinfahren, kannst du mir ruhig zutrauen.“
„Zutrauen“ ist dann irgendwann umgeschlagen in „zumuten“ – und ich als Mutter bin überrascht. Die Teenager in unserer Familie wollen noch immer dürfen – aber müssen, das wollen sie nicht. Und das schwierigste für mich ist nicht, was ich ihnen beibringen möchte, sondern auszuhalten, dass ich mich dabei unbeliebt mache.
Natürlich werden wir Eltern verglichen, und offenbar sind die anderen immer lustiger, cooler, großzügiger und vor allem entspannter. Ich würde gern auch so gesehen werden – vor allem entspannt; aber aus Sicht unserer Kinder bin ich im Verteilen der Rechte zu unentspannt (Ausgeh- und Medienzeiten) und im Verteilen von Pflichten zu großzügig („Muss ich da selbst mit dem Rad hinfahren????“).
Und dann muss man auch noch immerzu nachjustieren in der Erziehung. Was heute funktioniert, geht in einem halben Jahr nicht mehr – weil die Kinder älter und selbständiger geworden sind. Was bei dem einen zieht, lässt den anderen kalt – weil sie unterschiedliche Persönlichkeiten haben. Beim Erstgeborenen probiert man allein rum, bei den jüngeren Geschwistern reden die älteren gern mal ein Wörtchen mit.
Erziehung ist ein Lernfeld, das kein Ende zu nehmen scheint, in dem Erfahrungswerte eine kurze Halbwertszeit haben, für das es keine pauschalen Antworten gibt und auf das einen niemand wirklich vorbereitet. Am Ende sind wir sehr auf Intuition angewiesen und müssen vor allem mit einem rechnen – Fehler zu machen.