Ich weiß – fast nichts

„So viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“
Jesaja 55, 9

Dieses Jahr ist ein gutes Pilzjahr, habe ich mir sagen lassen und sehe es auch selbst auf meiner Runde durch die Feldmark. Aus einem Fach-Artikel weiß ich, dass wir den Begriff `Pilz´ eher falsch verwenden: Was ich (und die meisten) damit meine, ist `nur´ der Fruchtkörper. Darunter/dahinter verbirgt sich viel mehr. In dem Artikel steht auch, dass Pilze weder Pflanzen noch Tiere sind und noch viel mehr – wovon ich fast nichts weiß.

In unserer Siedlung kenne ich mich aus: Der Straßenverlauf und die Häuser sind mir vertraut; oft kenne ich die Bewohner vom Sehen. Allerdings betrifft das nur die Fassade sowohl der Häuser als auch der Menschen. Hinter den Haustüren verbergen sich Lebenskonzepte, hinter den Gesichtern der Leute Erfahrungen, Gedanken und Gefühle – von denen ich fast nichts weiß.

Vor einigen Wochen war ich im Bodensee schwimmen. Das Wasser war kühl, die Luft warm. Nur ein paar Meter vom Ufer entfernt konnte ich unter mir nichts mehr erkennen. Der Bodensee ist teilweise sehr tief und bewohnt von Pflanzen und Tieren. Ich erinnere mich an das erfrischende Gefühl und die leichten Wellen; aber von dem, was sich im See befindet und abspielt, weiß ich fast nichts.

Ich gehe mit offenen Augen und Ohren durch mein Leben und denke über viele Dinge nach. In der Mitte meines Lebens habe ich eine gewisse Lebenserfahrung, mühe mich, andere zu verstehen, und hinterfrage häufig meine eigene Motivation. Dennoch reagiere ich für mich selbst befremdlich, wenn ich (vielleicht vermeintlich) starken Personen begegne: Von dem, was mich im Innersten herausfordert (und warum), weiß ich (leider noch immer) fast nichts. 

„Haltet euch nicht selbst für klug.“
Römer 12, 16b

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