Kein Herrschaftswechsel

Wenn Eltern ein Kind einschulen, hören sie meist die Voraussage, dass die Lehrerin für das Kind ziemlich bald größere Autorität haben wird Mutter oder Vater. „Frau Soundso hat aber gesagt, dass ich das nicht machen muss“, wird zur stärksten Drohung, die man der künftigen Schulkind-Mutter entgegen schleudern kann. Als hätte ich als Mutter nichts mehr zu sagen oder würde mein Kind ab sofort nur noch durch Schule lernen und geprägt werden.

Ich sehe das anders: Ich kann ganz viel nicht, wofür die Lehrer meiner Kinder besser ausgebildet sind. Andererseits kann und mache ich ganz viel, wofür die Lehrer meiner Kinder nicht zuständig sind. Von daher bleibt es als Mutter meine Aufgabe, mein Kind zu unterstützen und das zu ergänzen, was Schule nicht leisten kann oder nicht leistet. Radfahren und Schwimmen beispielsweise. Mit einem Autoritäten-Wechsel hat das nichts zu tun.

Das durch die Schule vermittelte Wissen ist mir nicht egal. Noten sind mir allerdings weniger wichtig als das, was unsere Kinder tatsächlich lernen und verstehen. In der Grundschule war es mir deshalb egal, ob die Rechtschreibung dort nicht beherrscht werden musste, das Schriftbild keine Rolle spielte oder es der Lehrerin reichte, wenn Vokabeln nur mündlich sitzen: Ich habe trotzdem mit den Kindern für Diktate geübt, auf eine ordentliche Handschrift geachtet und Vokabeln schriftlich abgefragt – ob die Lehrerin das verlangte oder nicht. In der weiterführenden Schule begleite ich weniger, lege aber noch immer Wert darauf, dass unsere Kinder die Grundlagen mitbekommen. Insofern habe ich meinen sehr persönlichen Anspruch an Schulbildung – und mache mich unabhängig von dem, was dem jeweiligen Lehrer wichtig ist.

Andererseits weigere ich mich, auf die Schimpftiraden meiner Kinder zu hören, wenn „der Lehrer Schuld war“ am schlecht ausgefallenen Vokabeltest oder der „viel zu schweren“ Klassenarbeit. Ich halte es für wichtig, dass Kinder ihren Lehrern grundsätzlich mit Respekt begegnen, sie ernst nehmen und ihre Autorität nicht in Frage stellen. Dazu gehört, dass Schüler sich in der Schule bemühen. Insofern arbeiten wir zusammen, die Lehrer und ich. Für die Kinder. Nicht weil ich schlauer bin als die Lehrer, sondern weil ich meine Kinder mehr liebe, bin ich (noch) die letzte Autorität für meine Kinder. Diese verleiht mir nicht das Recht, die Autorität von Lehrern infrage zu stellen. Aber sie betraut mich mit der Pflicht, trotz des Schuleintritts immer noch die letzte Instanz für meine Kinder zu sein.

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