Ich habe Malcolm Gladwell gehört. Wie immer bin ich beeindruckt und zum Nachdenken angeregt. Er sprach über einen Paradigmenwechsel zwischen unserer Generation und der nächsten – in verschiedener Hinsicht. Unter anderem ging es um Individualität versus Zugehörigkeit: Wer heutzutage alles Apple hat, gehört dazu; er selbst mit seinen 50+ ist froh, ein Sony Laptop und ein BlackBerry zu haben und sich in gewisser Hinsicht von der Masse zu unterscheiden. Heutzutage wollen die Leute sich seiner Meinung nach weniger abgrenzen als vielmehr dazugehören.
In vielen Bereichen gilt das für mich auch: Ich möchte nicht unbedingt auffallen. In anderen Fragen grenze ich mich dagegen bewusst ab und frage, was ich wirklich brauche, was ich selbst gut finde, wieviel Verfügbarkeit und Erreichbarkeit ich anstrebe und für wünschenswert für mich halte, welchen Preis das hat, welche Nachteile ein Nicht-Teilnehmen mit sich bringt, ob ich mit denen leben kann und will. Bewusste Kosten-Nutzen-Abwägung. Welch ein Luxus, dass wir so viel so frei entscheiden können!
Oder denken wir das nur? Fühlen wir uns nur solange frei in unseren Entscheidungen, solange wir keine Nachteile dadurch erfahren? Solange es uns nichts kostet, anders zu sein? Und: Hängt das mit den Grenzen zusammen, in denen wir uns bewegen? In der ehemaligen DDR war es schwieriger, seine Überzeugungen zu artikulieren, weil man Schwierigkeiten zu erwarten hatte. In der Bundesrepublik kann man sich heute ziemlich viel „Anderssein“ leisten, ohne dass einem „jemand was kann“. Was sagt das über die Wahrhaftigkeit unserer Überzeugungen?