Im Garten

Für meine Freunde hier in Australien ist es wichtig, nachhaltig zu leben – auf 43 Hektar Land. 42 Hektar davon lassen sie überwiegend in Ruhe beziehungsweise greifen nur zurückhaltend ein. Viel Handarbeit fließt in das Gelände um Haus und Werkstatt herum, vor allem in den Gemüsegarten. In diesem hocke ich einige Nachmittage, jäte Unkraut, verteile Kompost und mulche anschließend mit Heu. Für zwei etwa zwanzig Meter lange Beete mit Knoblauch benötige ich insgesamt etwa sechs Stunden.

Sicherlich ist der Knoblauch anschließend besonders geschmackvoll und rein Bio sowieso. Der Aufwand ist dennoch immens. So retten wir die Welt wahrscheinlich nicht und bekommen außerdem nicht alle satt, denke ich. Aber meine Freunde (beide über 80) tun eben, wovon sie überzeugt sind und was sie können.

Ich helfe freiwillig und sehr gern: einfach, weil ich (wie vor 31 Jahren auch) hier sein darf. Um mich herum schwirren rot-blaue Sittiche (crimson rosellas), im Wald lachen Kookaburras; die Kängurus kommen erst in der Dämmerung. In Australien macht Gartenarbeit viel mehr Spaß als zu Hause.

Kundenfreundlich

Wahrscheinlich jede Bank in der kleinen Stadt hier in Queensland hat einen Automaten vor der Tür. Aber ich bin unsicher, wie genau ich dort Bargeld abheben kann – und wie viel das kostet. Also gehe ich hinein in eine Bank. Die Frau hinter dem Schalter weiß es auch nicht: „Die Gebühr hängt von Ihrer Bank in Deutschland ab.“ Sie will mir aber trotzdem helfen und kommt mit vor die Tür. Wir tippen uns zusammen durch das Prozedere (inklusive Gebühr-Nachfrage), bis Karte und Geld wieder in meinem Portemonnaie verstaut sind. Wunderbar, wie zuvorkommend, denke ich und bedanke mich. Hier würde ich wieder hingehen; ich bin altmodisch: Automaten mögen bedienerfreundlich sein, aber überzeugt hat mich der kundenfreundliche Mensch!

Weit, weit weg … 

Wir machen einen Ausflug und werden den ganzen Tag unterwegs sein; die Haustür bleibt offen. Während unserer Fahrt frage ich meine australische Gastgeberin, ob sie sich keine Gedanken um Einbrecher machen. Sie denkt nach: „Es wäre natürlich ärgerlich, wenn jemand eine Pumpe oder eine Kettensäge mitnimmt; aber es ist noch nie passiert. Für unser vorheriges Haus hatten wir nicht einmal einen Schlüssel.“

Es amüsiert mich: Ich befinde mich in einer Umgebung, in der Pumpen und Kettensägen zum wertvollsten Besitz auf einem Grundstück gehören, außerdem weit weg von abgeschlossenen Türen, Überwachungskameras und Sicherheitssystemen. Manche Probleme der westlichen Welt scheine ich buchstäblich hinter mir gelassen zu haben.

Ausreichend wunderbar

Wir kaufen Dinge, die wir brauchen: Kleidung, Möbel, Geschirr. Außerdem kaufen wir Dinge, die wir nicht brauchen: Kleidung, Möbel, Geschirr. Wir benutzen kaum noch etwas, bis es auseinander fällt. Stattdessen tauschen wir Dinge, die funktionieren, gegen andere Dinge, die ebenso funktionieren, aber vielleicht ein bisschen besser aussehen oder bequemer sind. Meine Freunde hier in Australien sind der Beweis, dass es auch anders geht, ohne dass einem irgendetwas fehlt. Der Tisch ist alt und abgewetzt – aber man kann wunderbar daran sitzen und gemeinsam essen. Die Küchenmaschine ist das Vorvorvorvor-Vorgänger-Modell der heute üblichen – aber mit ihr lässt sich wunderbar Kuchenteig anrühren (oder sonstiges). Töpfe, Tassen, Teller, Schüsseln und Besteck sind ein Sammelsurium aus den letzten 50 Jahren, manches passt zu einander, manches nicht. Das Essen schmeckt trotzdem wunderbar. Auf den alten Sesseln liegen Überwürfe, aber sie sind wunderbar bequem … Mich überzeugt die Ausstattung hier: ein offensichtliches Zeugnis davon, nicht mit dem Strom der (Konsum-)Zeit schwimmen zu müssen. Ich erinnere mich an den genügsamen Lebensstil meiner Omas, kenne aber kaum jemanden in Deutschland, der heute noch so lebt.

Natürlich setzen wir unterschiedliche Schwerpunkte, was völlig in Ordnung ist. Ein gewisser `shabby look´ ist nichts für jedermann. Es tut aber sicherlich gut, unser Konsumverhalten zu reflektieren – und uns zu fragen, was wir warum unbedingt besitzen wollen. Falls ich irgendwann einmal andere damit beeindrucken möchte, wie zeitgemäß ich ausgestattet bin, möchte ich daran denken, dass Altbewährtes auch wunderbar sein kann.

Der Name Jesus

Ein Gottesdienst in einer australischen Kleinstadt in Queensland. Ich kenne niemanden, werde aber freundlich begrüßt. Bei den Liedern bin ich dankbar für die einfachen Melodien der mir unbekannten Lieder – bis ich plötzlich vertraute Klänge höre. Wir singen `Oh, wie schön dieser Name ist´ (What a beautiful name it is) und ich denke: Oh, wie schön in der Tat, dass der Name Jesus überall auf der Welt so kraftvoll ist und unterschiedlichsten Menschen dasselbe bedeutet!