Flexibel verplant

Ich beobachte bei meinen Kindern den starken Wunsch, ihr eigenes Ding zu machen. Eltern haben dabei wenig zu melden. Das war bei mir in meiner Jugend genauso. Dafür habe ich bei Freunden übernachtet oder nächtliche Fahrten mit dem Rad auf mich genommen. Für weiter entfernte Orte musste ich im Vorfeld planen, wie und mit wem ich diese OHNE die Hilfe meiner Eltern erreichen konnte.

Der Wunsch, ihr eigenes Ding zu machen, ist bei Jugendlichen heute noch derselbe wie zu meiner Zeit. Eltern bleiben noch immer außen vor; nur geplant wird nicht mehr: Für meine Kinder und ihre Freunde ist es ganz normal, Verabredungen erst einige Stunden vorher zu treffen oder wieder abzusagen. Sie seien lieber `spontan´, heißt es dann, `und flexibel´. Allerdings hat diese Flexibilität einen Preis, den ich früher nicht bezahlen wollte oder konnte: `Schnell noch irgendwohin´ oder `mitten in der Nacht zurück´ funktioniert oft nur mit dem Auto. Dafür wird heutzutage sehr spontan auf äußerst flexible Eltern zurückgegriffen. Manchmal sind diese mit ihrer Verfügbarkeit das Einzige, was junge Menschen bei `ihrem eigenen Ding´ selbstverständlich einplanen.

Geheimnis Gebet

Ich beginne meine Tage meist mit einem Gebetsspaziergang, auf dem ich mit Gott über die Dinge spreche, die mir wichtig sind: unsere Kinder, anstehende Entscheidungen, schwierige Beziehungen in meinem Umfeld, Kranke … Meine Gebete sind jeden Tag neu und doch immer wieder ähnlich. Manche Anliegen sind tagesaktuell; andere beschäftigen mich über Wochen, Monate oder sogar Jahre. Abraham hat 25 Jahre für seinen Sohn gebetet – ich versuche also, dranzubleiben, auch wenn nichts zu passieren scheint.

Aus gegebenem Anlass bete ich schon lange für eine meiner Töchter und ihr soziales Umfeld in der Schule. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig Freunde für angenehme Schulerlebnisse sind, und wünsche meiner Tochter ebensolche. In den letzten Wochen tut sich etwas: „Wir haben heute so gelacht“, sagt sie zum Beispiel, „vor allem einige der Jungen sind herrlich unkompliziert.“

Während ich Gott dafür danke, frage ich mich, wie das ist mit den Gebeten und den Gebetserhörungen: Hat sich die Situation für meine Tochter verändert, weil ich dafür bete? Vielleicht tut sich auch nur deshalb etwas, weil sich mit der Zeit Dinge sowieso verändern.

Ich weiß, dass die Bibel uns zum Beten ermutigt („Betet ohne Unterlass!“), dass eine Verheißung auf unseren Gebeten liegt („Bittet, so wird euch gegeben!“) und Satan, Gottes Widersacher, der größte Entmutiger unseres Lebens ist. Wenn mich jemand oder etwas am Gebet zweifeln lassen und davon abhalten will, dann ist es garantiert nicht Jesus. Wir müssen uns damit abfinden, Gottes Pläne mit uns nicht in Gänze zu verstehen: Sein Wirken bleibt letztlich ein Geheimnis – es hat wenig mit Wissen und dafür viel mit Vertrauen zu tun. Auch die Frage, was mein Gebet bewirkt, lässt sich nicht eindeutig beantworten und bringt mich nicht weiter.

Sicher aber ist: Ohne Gebet fühle ich mich ohnmächtig, passiv und ängstlich. Zu beten wiederum ermutigt und beruhigt mich, erweitert meine Perspektive beeinflusst positiv, wie ich durch meine Tage gehe. Nicht nur das motiviert mich, weiter mit Gott über die Dinge zu sprechen, die mir wichtig sind …

Was brauchst du?

In einem Artikel geht es darum, was man alles so braucht – und was nicht. Der Autor besitzt zum Beispiel ein vielteiliges altes Porzellan-Service (oder zwei oder drei), obwohl in seinem Haushalt selten mehr als sechs Personen am Tisch sitzen. Weil eine Bekannte ihn fragt, wozu er das braucht, führt er aus, dass wir sehr unterschiedliche Dinge brauchen.

Ich selbst besitze kein wertvolles Porzellan-Service in 24-teiliger Ausführung; das Kultivierte dieses Mannes ist `nicht meins´ – und beeindruckt mich doch. Es käme mir nicht in den Sinn, ihn zu fragen, ob und wozu er ein solches Porzellan-Service braucht. Das liegt vielleicht daran, dass auch ich es grundsätzlich gut finde, Altes wertzuschätzen. Außerdem halte ich es für nachhaltig und stilvoll, Teller zu benutzen, die schon in anderen Zeiten und Häusern zu Hause waren.

Die Frage, ob ich etwas brauche, stelle ich mir natürlich ebenso wie er – nur geht es bei mir selten um kostbares Geschirr. Lautet die Antwort `Nein´, spare ich in der Regel Geld, Zeit und Platz. Beantworte ich die Frage mit `Ja´, werde ich aktiv und wäge die Kosten ab.

Anders sieht es aus mit immateriellen Dingen: Kamen wir während der Corona-Zeit nicht wunderbar ohne Kultur zurecht? Nein, kamen wir eben nicht! Obwohl wir ohne Theater & Co. überleben können, fehlt doch etwas, wenn wir komplett (und unfreiwillig) darauf verzichten müssen. Vor-pandemisch dachten wir nicht darüber nach, ob wir Kultur brauchen; während der Pandemie fühlten wir uns beraubt. Ebenso ist es mit Zeit, Muße und Langeweile – alles scheint abkömmlich zu sein, solange wir zu viel davon haben. Erst wenn etwas knapp wird, brauchen wir es (plötzlich und dringend). Das ist manchmal Porzellan, ein neues Buch oder ein weiteres Fahrrad. Öfter sind es mehr Freizeit, Gesundheit oder jemand, der einem zuhört … Es wäre verlogen, würden wir behaupten, wir bräuchten letztlich nur etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf. Wir sind so viel mehr als nur ein zu nährender und zu schützender Leib. In uns wohnt ein beseelter Geist mit ganz eigenen Bedürfnissen.

Was ich brauche, kann ich nur für mich selbst beantworten; jeder andere kommt für sich zu einem anderen Ergebnis.

Ab und zu – reicht!

Unsere Kinder schenkten mir vergangenes Jahr eine Orchidee – in voller Blüte. Ich weiß, dass Orchideen irgendwie besonderer Pflege bedürfen, dann aber sehr lange blühen. `Oh, je´, dachte ich also, `ich weiß nicht, wie ich diese exotische Pflanze richtig pflege.´ Obwohl ich mich im Internet schlau las, passierte mir ein Anfängerfehler: Ich wässerte die Orchidee zu großzügig, und sehr bald fielen sämtliche Blüten ab, ohne welk zu sein. Trotzdem behielt ich die Pflanze – machte mir aber deutlich weniger Stress wegen der `richtigen Pflege´. Ich goss die Orchidee ab und zu und dachte sonst nicht weiter über sie nach. Einige Monate später zeigte sich ein neuer Trieb. Aus kleinen Knospen wurden große: Seit etwa zwei Wochen blüht sie wieder, meine Orchidee. 

Ich weiß noch immer nicht, wie ich diese exotischen Pflanzen richtig pflege; vielleicht ist auch dieses Blühen nur von kurzer Dauer – egal: Ich freue mich an den Blüten, gieße die Orchidee ab und zu und denke sonst nicht weiter über sie nach. Das war schließlich schon einmal genau die richtige Einstellung!

Korrektur – nicht immer angenehm

Normalerweise halte ich mich für differenziert und ausgewogen. In einem Gespräch mit meinem Mann lasse ich mich zu einer – wie er sagt – `scharfen Aussage´ hinreißen. Er weist mich darauf hin; ich nehme sie nicht zurück. Daraufhin streicht er mir mit freundlichen Worten etwas auf mein Selbstbild: Ich sei weder differenziert noch ausgewogen, sondern radikal und einseitig – zumindest in dieser speziellen Frage. Ich bin nicht sicher, ahne jedoch, dass er (wie meist) mindestens ein bisschen recht hat. Mit dieser differenzierten Korrektur meiner unausgewogenen Selbstwahrnehmung muss ich erstmal zurechtkommen.

Keine Angst!

Unser Wirtschaftsminister beklagt, dass junge Menschen keine Kinder mehr bekommen wollen. Er könne es aber verstehen – die Angst vor dem Klimawandel sei schuld. Ich glaube, dass Robert Habeck das vollkommen ernst meint und seine Sichtweise in sich stimmig ist. Dennoch finde ich sein Bedauern zumindest ein bisschen verlogen: Diese Angst vor den todsicheren Folgen des Klimawandels wird vor allem von seiner Partei geschürt.

Wohin sie führen kann, las ich kürzlich in einem Leserbrief: „Eines der klimaschädlichsten Dinge, die Mann oder Frau tun können, ist es, Kinder zu bekommen. Wir brauchen nicht mehr, sondern weniger Kinder. Es gibt wohl genug Menschen auf dieser Welt, die gerne zum Arbeiten und Leben zu uns kommen würden.“ Natürlich stimmt die Aussage so nicht: Kinder sind nicht per se klimaschädlich. Und dass `genug Menschen´ Schlange stehen, um unsere Zukunft zu sichern, glaubt die Verfasserin der Zeilen wahrscheinlich selbst nicht. Als wären Menschen beliebig um- und anzusiedeln, um bei uns in Deutschland zu arbeiten – und Heimat, soziales Umfeld und kulturelle Unterschiede spielten keine Rolle. Aber ich halte die Sicht der Leserin nicht nur für falsch, sondern auch für kurzsichtig und naiv – freundlich ausgedrückt: Zu welchen Problemen eine verordnete Geburtenreduzierung langfristig führen kann, erleben gerade die Chinesen.

Natürlich kann Robert Habeck nichts dafür, dass Menschen so undifferenzierte Dinge raushauen. Er selbst sollte es allerdings nicht tun! Denn Klimaschutz wird nicht dadurch möglich, dass wir unseren Energiebedarf allein durch Wind, Wasser und Sonne decken und mit E-Autos durch die Gegend fahren. Auch die erneuerbaren Energien sind weder alternativlos noch nebenwirkungsfrei – und vor allem nicht umsonst zu haben. (Strom kommt nur für den aus der Steckdose, der sich über größere Zusammenhänge keine Gedanken macht.) Der Klimawandel ist ein hoch komplexes Thema, dasselbe gilt für den Klimaschutz: Selbst Experten kennen immer nur einen Teilaspekt, erst viele verschiedene Sichtweisen ergeben das große Ganze. 

Ich wünschte mir, dass Politiker verantwortlich genug wären, sich zurückzuhalten mit einfachen und radikalen `Wenn – dann – Aussagen´. Vor allem sollten sie offen sein: für die Angst der Klimaaktivisten ebenso wie für Wissenschaftler, die in der Erderwärmung nicht die größte Katastrophe sehen, die möglichst schnell verhindert werden muss und kann. Auch die Interessen der Industrie spielen eine Rolle sowie die finanziellen Möglichkeiten von Otto-Normalverbraucher. Politiker müssen besonnene und umsetzbare Entscheidungen treffen. Angst ist dabei kein guter Ratgeber. Wer ängstlich ist, denkt zu wenig über die Folgen seines Tuns nach und verfällt in Aktivismus. Und das ist wahrscheinlich genau der Grund, warum wir in einer Situation sind, die manche jetzt um jeden Preis und sofort verändern wollen.

Lars Bengtsson, ein Klimaforscher mit einem differenzierten Blick, schlägt etwas anderes vor, als sich von Angst beherrschen zu lassen: Junge Menschen sollten sich lieber intensiv mit dem Klimasystem beschäftigen. Denn Wissen ist seiner Meinung nach das beste Medikament gegen `Klimaangst´. Er hat Recht, denke ich: So viel Zeit muss sein. Wir sollten sie uns nehmen und aufhören, auf die schnelle Lösung zu drängen – zumal für ein Problem, das mehr Facetten hat, als man in einen Leserbrief (oder auf ein Pappschild) schreiben kann.

Schnee

Es fallen ein paar Schneeflocken, die kaum liegenbleiben. Aus den mickrigen Überbleibseln baut meine Tochter einen Schneemann; mein Sohn sucht vergeblich nach einer Schneehose und geht dann ohne raus. Egal wie alt sie sind: Für meine Kinder ist Schnee eine seltene, aber sehr willkommene Beigabe zum Winter – und lässt sich auch in klitzekleinen Mengen zu einem Schneemännchen verarbeiten.

(Machen) lassen!

Ich bekomme mit, wie im Kiosk eine Frau sechs Hemden abgibt – zum Bügeln. Sie kann sie in einer Woche wieder abholen und dafür bezahlen. Ich frage mich, wieso sie die Hemden nicht selbst bügelt. `Bügeln´, denke ich, `das kann doch wohl jeder.´ Während ich innerlich den Kopf schütteln will, fällt mir ein, dass ich manchmal etwas zur Schneiderin bringe: gerissene Nähte, zu weite Hosen und Reißverschlüsse, die ausgetauscht werden müssen. Ich warte dann selbstverständlich auf meine Sachen und bezahle für die Reparatur. Dabei könnte wohl so mancher denken: `Nähen, das kann doch wohl jeder.´

Die Frau lässt ihre Hemden bügeln, ich lasse für mich nähen – und beide lassen wir hoffentlich die andere machen!

Vom rechten Loben

Irgendwo heißt es, wir könnten gar nicht genug loben. Ich frage mich, ob das stimmt. 

Irgendwann macht man alles zum ersten Mal – in der Regeln nicht besonders gut. Von mir aus stehe ich unbekannten Herausforderungen erstmal skeptisch gegenüber, weil ich weiß: Ich kann das nicht. Es ist möglich, dass ich meine Fähigkeiten UNTER-schätze, weil ich etwas nicht ausprobiere.

Ich traue mir mehr zu, wenn jemand mich lobt, meine Stärken sieht und mich motiviert – mich also WERT-schätzt. Wahrscheinlich schaffe ich dann sogar mehr, als ich vorher dachte. Dadurch verändert sich meine SELBST-Einschätzung: Ich glaube an mich und erkenne, was möglich ist, wenn ich mich wirklich bemühe.

Nicht ganz so optimal ist es, wenn übertriebenes Lob meine auch vorhandenen Schwächen übersieht. Das verzerrt möglicherweise meine SELBST-Einschätzung; es kann passieren, dass ich mich buchstäblich ÜBER-schätze. 

Aus diesem Grund ist es hilfreicher, auch ehrlich zu sein und nicht nur nett.

Die Kraft, die in mir steckt

Mein Sohn sagt, Durchhalten fange im Kopf an. Das ist wahr. Ich merke es jedesmal, wenn ich morgens eine Planke mache: Mindestens die letzte Minute schaffe ich nicht, weil mein Körper so kräftig ist, sondern weil mein Geist weiß: „Ich kann noch ein bisschen länger!“