Bei Wind und Wetter? Von wegen!

Vor dem Supermarkt treffe ich einen Bekannten. „Du fährst bei Wind und Wetter Fahrrad!“ In seinen Worten schwingt eine gewisse Bewunderung mit – die ich diesmal nicht verdient habe: Es sind fast zehn Grad, kaum Wind, kein Regen(-Wetter). Was letztlich stimmt, ist: „Du fährst Fahrrad!“ Und das ist nun wirklich keiner Bewunderung wert. (Ich radle zwar auch bei Wind und Wetter, aber das ist eine ganz andere Geschichte!)

Verwöhnt?

Ein General oder jedenfalls einer vom Militär sagt, die Deutschen seien `friedensverwöhnt´: In der Regel gebe es Soldaten, weil es etwas zu kämpfen gebe – dabei werde auch gestorben. Es klingt ein wenig so, als sollten wir uns angesichts von Kriegstoten nicht so haben. Aber gestorben wird auch ohne Krieg! Und jeder Tote hinterlässt Menschen, die ihn lieb hatten und um ihn trauern. Ich jedenfalls bin lieber friedensverwöhnt als kriegsabgestumpft.

Ein Chef, ein guter Chef!

`Ein Freund, ein guter Freund, das ist das schönste, was es gibt auf der Welt´, so heißt es in einem alten Schlager. Wenn ich meinen berufstätigen Bekannten glauben darf, gilt das so ähnlich auch für Chefs: Ein guter Chef ist für die berufliche Zufriedenheit oft mehr als die halbe Miete. Schade nur, dass es so schwer zu sein scheint, ein guter Chef zu sein – es erfordert besondere Begabungen. Vor allem muss man mit Menschen zu tun haben wollen, ihre Stärken und Schwächen erkennen, sich ihnen gegenüber freundlich verhalten und wertschätzend und bereit sein, auch in schwierigen Situationen hinter seinen Mitarbeitern zu stehen. Als Chef muss man Menschen manchmal herausfordern oder sogar auf den Pott setzen und die Marschrichtung festlegen. Mitarbeiter werden sich erst dann gern etwas von ihrem Chef sagen lassen, wenn sie sich bei ihm in guten Händen wissen – so ähnlich gilt das auch für Freunde …

Geteilte Freude ist besondere Freude

Mein Sohn in Sambia hat sein Weihnachtspäckchen erhalten – und sich besonders über die sechs Haribo-Tüten gefreut. Er liebt Gummibärchen und bekommt diese dort nicht. Er werde sie sich gut einteilen, sagt er, und die eine oder andere Tüte verschenken. „Über solche Mitbringsel freuen sich die Langzeitmitarbeiter hier besonders“, sagt er. Ich bin so stolz auf ihn!

(Nicht) gut vorbereitet?

Wir als Eltern können und wissen eine Menge und bringen unseren Kinder alles Mögliche bei: Radfahren, Schwimmen, sprechen, höflich sein. Sie erlernen Musikinstrumente und wissen, dass niemand gern unterbrochen wird. Auch wenn sie es ungern zugeben, können sie gesunde Ernährung von `junk food´ unterscheiden – und eine Mahlzeit zu sich nehmen, ohne dass den Umsitzenden schlecht wird. Sie treiben Sport, gehen zur Schule, verdienen sich etwas zum Taschengeld dazu usw. Und natürlich stehen wir ihnen (wenn erwünscht) mit Rat und Tat zur Seite; wir wollen sie vorbereiten auf ein selbstständiges Leben. 

Ich bin sicher, dass Kinder sehr viel mitnehmen von dem, was wir als Eltern ihnen `aktiv beibringen´: Gutes und weniger Gutes, Fertigkeiten und Verhaltensmuster. Dennoch gibt es Erfahrungen, auf die wir sie trotz aller unserer Mühen nicht vorbereiten und vor denen wir sie nicht bewahren können. Wie sich beispielsweise andere Menschen ihnen gegenüber verhalten, liegt weder in unserer Hand noch existiert eine Pauschallösung für herausfordernde Beziehungen.

Wir alle werden im Leben enttäuscht – von anderen, aber auch von uns selbst. Manchmal reicht es eben nicht aus, viel zu wissen und zu können: Einige emotionale Wunden sind unvermeidlich. Deshalb ist es gut, wenn Kinder erleben, dass auch Erwachsene manchmal unfähig und ratlos sind – und dass das nicht das Ende ist. Diese Wahrheit bereitet sie vielleicht besser auf ein selbstständiges Leben vor als die Illusion, auf alles eine Antwort zu haben.

Freunde

Eine Freundin lässt eine Bemerkung fallen, die mich verletzt. Ich fühle mich nicht gesehen und missverstanden. Wie gehe ich damit um?

Ich könnte mich innerlich über meine Freundin erheben und hinsichtlich ihrer Ignoranz nachsichtig sein. Denn: Sie hat keine Ahnung von meiner Alltagswirklichkeit. 

Ich könnte mich auch über sie ärgern und diesem Ärger in mir Raum geben. Denn: Sie macht sich offenbar nicht die Mühe, mich zu verstehen oder sich in mich hinein zu versetzen. 

Natürlich könnte ich auch versuchen, meine Freundin (und ihre Sicht) zu verstehen, und mit ihr im Gespräch bleiben, ohne auf sie herab zu schauen. Denn: Sie lebt – wie ich auch – in ihrer eigenen Blase und will mir nichts Böses. Sie sagt, was für sie schlüssig ist, ohne sich darüber Gedanken zu machen, ob das gleichermaßen auf mich zutrifft.

Variante eins und zwei sprechen mich spontan an – für diese Reaktionen muss ich mich nicht anstrengen. Variante drei fällt mir schwer: Sie erfordert einen Vorschussbonus an Verständnis meiner Freundin gegenüber. Auch wenn das genau das ist, was mir bei ihr gefehlt hat, kann ich mich dafür entscheiden. Denn diese Variante ist sicherlich die beste für unsere Freundschaft – und für meine Seele auch.

Mehr als genug!

„Meist gibt es nicht das, was man will“, sagt eine Bekannte, die ich im Supermarkt treffe. Die Regale sind voll, in ihrem Wagen liegt alles Mögliche. Ich wundere mich und denke an meine alte Heimat: Im Konsum um die Ecke lagen drei Sorgen Hartkäse – ein stinkender, ein milder, ein Gouda. Wir nahmen immer Gouda. Vor dem Bäcker warteten samstags die Leute in langer Schlange, bis die nächste Rutsche Brötchen fertig war – und es ein paar Meter voran ging. Wenn der Gemüsehändler ausnahmsweise ein paar Bananen hatte, war es hilfreich, mit ihm befreundet zu sein …

Die Auswahl war – verglichen mit heute – überschaubar. Es gab auch nicht immer das, was man wollte. Aber das Angebot unterschied sich enorm von dem, was wir heute und hierzulande für selbstverständlich halten. Trotzdem waren wir nicht unzufrieden, freuten uns aber natürlich besonders über Extras.

Heute gehören die Extras von damals selbstverständlich zum Standard-Sortiment, nur manchmal nicht in jeder Variante. Meist gibt es viel mehr, als ich will.

Ein Selbstversuch

Früher war es selbstverständlich, NICHT immer erreichbar zu sein: Als Absprachen noch analog liefen, verpasste ich sowohl Telefonanrufe als auch überraschende Besuche – meist, ohne es mitzubekommen. Damals hat es weder mir noch meinen Beziehungen geschadet.

Heutzutage sind wir digital vernetzt und immer erreichbar, das gilt auch für mich: Absprachen per Text-Nachricht sind fester Bestandteil meiner Tage. Manche davon sind unnötig und kosten eher Zeit, als dass sie Dinge vereinfachen. Daher möchte ich am IST-Zustand etwas verändern und suche nach einer guten Lösung. Ohne Regeln werde ich das Handy eher zu viel als zu wenig nutzen. 

Künftig möchte ich erst gegen Mittag auf das Mobiltelefon schauen – und dann noch einmal kurz vor dem Abendbrot. Dafür lege ich das Gerät tagsüber außer Sicht- und Hörweite.

Am Ende des ersten Tages habe ich einen Anruf verpasst (bedauerlich) und eine SMS, die eine zeitnahe Antwort erfordert hätte (nicht so schlimm). Ich denke stolz `war ja einfach´.

Schon am zweiten Tag merke ich, dass meine neuen Regeln nicht nur helfen, sondern mich auch einengen: Ich `muss´ gleich morgens etwas per Text-Nachricht klären und gestalte den Vormittag dann (wie praktisch) mit Hilfe meines Handys: Gewohnheiten lassen sich offensichtlich doch nicht `einfach´ ändern.

Ich versuche es morgen wieder.

Was ich könnte und was ich will

Ich könnte drei Stunden täglich einer Arbeit nachgehen. Ich bezweifle, dass ich das schaffe: Es würde meine Tage sehr füllen und mich unflexibel machen, was spontane Begegnungen angeht und die schriftliche Korrespondenz, die mir so wichtig ist. Eine berufstätige Freundin ermutigt mich: „Machen“, sagt sie, „ich würde drei Stunden auf einer halben Po-Backe absitzen. Das wäre doch eine Gelegenheit, wieder in einen richtigen Job rein zu schnuppern.“

Innerlich zucke ich zusammen: Ich bin gut beschäftigt, auch ohne richtigen Job. Es ist völlig egal, ob das, was ich tue, für meine Freundin tages- beziehungsweise er-füllend wäre. Entscheidend ist, ob ich für diesen richtigen Job meine Komfortzone verlassen möchte.

Wahrscheinlich könnte ich mehr schaffen und drei Stunden einbauen in meinen Tagesablauf. Ich würde sicherlich dazulernen, mich herausfordern, Geld verdienen – einerseits. Andererseits wäre ich weniger flexibel, sondern straffer organisiert und hätte weniger Ruhe in dem, was ich ohnehin und weiter schaffen muss. Die Frage ist, ob ich das will. Die Antwort lautet: jetzt noch nicht.

Kommunikation – so, so und so

Einer meiner ältesten Freunde ruft mich an und bedankt sich für meinen Weihnachtsbrief. Dieser kam erst nach dem Fest bei ihm an, aber er hatte geduldig darauf gewartet – wissend, dass ich schreiben würde. In meinem Brief habe ihn besonders der Inhalt zwischen den Zeilen erfreut, sagt er.

Von ihm kam zu Weihnachten keine Post, aber das macht nichts: Ich telefoniere auch gern mit ihm. Er erzählt, ich erzähle, die Zeit vergeht schnell, ohne dass `alles gesagt´ ist.

Bald werden wir unser Gespräch fortsetzen – hoffentlich face to face: Einmal im Jahr treffen wir uns.