Inspiriert vom Sportunterricht meiner Tochter versuche ich mich an 1.000 Metern auf Zeit – und orientiere mich an der Zeitvorgabe für die Klassenstufe 11. Im Vorfeld halte ich 15 Punkte für `durchaus machbar´, obwohl ich seit Jahrzehnten nicht mehr Mittelstrecke laufe, sondern Langstrecke trotte. Bei meinem ersten Übungslauf bin ich dann – zu langsam. Das ist natürlich einerseits logisch: Ich bin schließlich nicht 16, sondern 52 Jahre alt. Andererseits denke ich, ich sei noch immer ganz fix unterwegs. Subjektiv bin ich das: schnell für mein Alter und so. Objektiv bin ich eine lahme Ente. Es hat nichts mit mir persönlich, aber alles mit meinem Alter zu tun. Mittlerweile bin ich schlicht nicht mehr in der Lage, in Klassenstufe 11 über 1.000 Meter eine 1+ zu erreichen. Ein paar Tage später versuche ich es trotzdem noch einmal – und schaffe eine tolle Zeit. Für 15 Punkte würde es zwar (knapp) nicht reichen; mit dem Ergebnis kann ich trotzdem höchst zufrieden sein.
Vom Sorgen
„Alle eure Sorgen werfet auf den Herrn, denn er sorgt für euch!“, heißt es in einem Lied. Es orientiert sich an einem Bibelvers. Jesus sagt: „Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?“ (Matthäus 6, 25) Das sind starke Worte!
Wir in Deutschland sind weit entfernt vom Hungern und laufen nicht nackt herum – uns plagen andere Sorgen: Manchen fällt es schwer, ihre Kinder zur Klassenfahrt zu schicken; andere müssen wählen zwischen einem neuen Auto und einem gebrauchten. Und dann sind da noch die Vermögenden, die ab sofort vielleicht nur noch zweimal im Jahr in den Urlaub fliegen werden.
Diese Art Sorgen erwähnt Jesus gar nicht, ihm geht’s ums Eingemachte: Essen, Trinken, Kleidung. Und auch darum sollen wir uns keine Sorgen machen – denn das bringt uns kein Stück weiter: „Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?“ (Matthäus 6, 27)
Als Begründung beschreibt Jesus, wie schön die Lilien `gekleidet´ sind, die weder arbeiten noch sich Sorgen machen. Um die kümmert Gott sich auch: ER lässt sie wachsen und blühen – und weiß, dass auch wir essen, trinken und uns kleiden müssen (Matthäus 6, 31+32). Anstatt uns um diese Dinge zu sorgen, sollen wir uns um etwas anderes kümmern – und zwar um unser Inneres: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch alles das zufallen.“ (Matthäus 6, 33) Es geht Jesus darum, in welcher Gesinnung wir unseren täglichen Geschäften nachgehen: um Frieden bemüht und um Gerechtigkeit, voller Freude darüber, dass Gott uns liebt. Dann sorgt er für alles, was wir nötig haben. Und wenn uns doch etwas bedrückt, dürfen wir unsere Last bei Jesus loswerden: „Jesus, kümmere du dich um all das, was mir Bauchschmerzen bereitet. Ich sorge für das, was mir möglich ist – und erbitte dafür deinen Frieden, deine Gerechtigkeit und deine Freude.“
Zu langsam? Nö!
Meine Tochter muss in der Schule 1.000 Meter auf Zeit laufen. Im Probelauf ist sie zu langsam für 15 Punkte, obwohl sie trainiert ist und sich anstrengt. Mit der erlaufenen Zeit ist sie daher nicht zufrieden, hält es aber für unwahrscheinlich, innerhalb von zwei Wochen 20 Sekunden schneller zu werden. Dennoch übt sie (auf gerader Strecke in der Feldmark) – und ist ebenso `langsam´ wie im Probelauf. Wir ermutigen sie, trotzdem nicht aufzugeben. Eine Straßenrunde bei uns in der Siedlung passt von der Länge her; einen Tag vor der Benotung übt sie ein letztes Mal. Diesmal fehlen meiner Tochter zwei Sekunden. Das macht sie zuversichtlich: Sie hat jetzt ein gutes Gefühl für die Strecke und weiß, welches Tempo nötig und gleichzeitig für sie möglich ist.
Am nächsten Tag unterbietet sie die geforderte Zeit um zehn Sekunden – und ist insgesamt eine halbe Minute schneller unterwegs als vor zwei Wochen. Ich finde das beachtlich und freue mich für meine Tochter. Sie weiß jetzt, dass deutlich mehr in ihr steckt, als sie manchmal denkt – sowohl Muskelkraft als auch mentale Stärke.
Zeit ist Geld!
Abends im Supermarkt: Ich brauche unbedingt Filtertüten für den Kaffee am nächsten Tag. Meine bevorzugte Sorte kostet 0,69 pro Packung, ist aber nicht vorrätig. Die Alternative kostet fast viermal so viel: 2,69€. Ich denke an unseren Kaffee, nehme eine Packung der teuren Filtertüten mit und gehe weiter zur Gefriertruhe. Auf dem Weg treffe ich eine Bekannte, die ich sehr selten sehe; wir sprechen kurz. Fünf Minuten später auf dem Weg zur Kasse passiere ich das Kaffee-Regal. Ein junger Mann füllt es auf: Kaffee, Cappuccino – meine Filtertüten sind auch dabei. Ich tausche das besonders exklusive Markenprodukt wieder aus und freue mich: Zeit ist Geld!
Nochmal recyceln oder – schon da!
Wir haben immer zwei Möglichkeiten: Wir können etwas Altes weiter benutzen (und vielleicht dafür `aufhübschen´) oder es durch etwas Neues ersetzen. Manchmal lässt sich das ohnehin nicht vermeiden – wenn etwas irreparabel ist, nicht mehr kompatibel oder einfach aus der Zeit gefallen. Aber grundsätzlich gilt, dass all das, was ich weiter benutze, die vorhandenen Ressourcen schont – seien es nun Tiere, Stahl (Autos), seltene Metalle (Mobiltelefone), Zement (Hausbau) oder auch schon existierende Kraftwerke …
Das heißt nicht, dass etwas Altes immer besser ist als etwas Neues: Wenn es zum Beispiel zu kostspielig ist, Altes zu erhalten, kann ein Neuerwerb die günstigere Alternative sein. Nur muss man in dem Fall die Entsorgung des Alten mit einrechnen. Das Alte ist schon da – es nicht mehr zu benutzen hat auch einen Preis (nicht nur finanziell).
Erwartungen
Den Erwartungen anderer kann man entsprechen oder nicht. Ich persönlich übe mich noch immer darin, mich von den (tatsächlichen oder vermeintlichen) Erwartungen anderer frei zu machen. Meine Kinder ermutige ich dazu, das ebenso zu tun. Ob sie meinem Rat folgen oder nicht, bleibt ihre Entscheidung. Sollten sie auf mich hören, würden sie folglich in Zukunft immer seltener das tun, was ich von ihnen erwarte. Ich hoffe, ich kann praktisch damit ebenso gut leben, wie ich es mir theoretisch vorstelle. Es hilft sicherlich, wenn ich mich dafür jetzt schon von meinen Erwartungen an andere befreie.
Wer die Wahl hat …
Wir können wählen. Aber nicht viele tun es – wie die geringe Wahlbeteiligung der Niedersachsen bei der vergangenen Landtagswahl zeigt. Dennoch: Theoretisch können wir wählen, wer uns regieren soll. In Gesprächen über Politik merke ich, dass Menschen, die sich gut verstehen, zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen kommen, von wem und wie sie regiert werden möchten. Eine solche Wahl ist eben sehr subjektiv und enorm davon abhängig, in welcher Lebensrealität man sich befindet: Eltern sind sicherlich stärker an Schulpolitik interessiert als Menschen ohne Kinder. Leute mit Solaranlagen auf dem Dach, unterstützen diejenigen, die erneuerbare Energien fördern. Junge Unternehmer wünschen sich für ihre Arbeit und Innovation den größtmöglichen persönlichen Freiraum. Und so weiter.
Die meisten Menschen sind vorwiegend an ihren persönlichen Anliegen interessiert – und denken erst danach an das Wohl der Gesellschaft. An sich wäre das kein Problem, frei nach dem Motto: `Wenn jeder an sich denkt, ist an jeden gedacht!´ Das funktioniert, wenn nach der Wahl eine gute Mischung aller Interessen in der Regierung vertreten ist. Was aber, wenn 40 Prozent der Menschen gar nicht erst wählen gehen? Dann ist das Wahlergebnis nicht repräsentativ – und das ist nicht nur schade, sondern problematisch. Verantwortlich dafür sind zum einen die Leute selbst, klar: die bequemen oder ignoranten Nichtwähler. Andererseits empfinde auch ich eine gewisse Distanz zwischen politischen Beschlüssen und meiner Lebensrealität – egal, auf welche Partei ich höre. `Wer die Wahl hat, hat die Qual´, heißt es. Wer sich von keiner Partei wirklich vertreten fühlt, quält sich dafür vielleicht nicht ins Wahllokal.
Tierschutz, was sonst?
In einem Bericht über Daunenfedern und deren schier unübertreffbare Isolationswirkung lese ich folgenden Satz: „Recycelte Daunen tragen nicht zum Tierschutz bei.“ Er stammt von einer Tierschützerin – natürlich – und zielt darauf ab, dass der Ursprung dieser wiederverwendeten Daunen dann schwerer nachzuvollziehen ist. Der Endverbraucher könne dann nicht mehr sicher sein, dass die Daunen in seinem Kleidungsstück nicht doch von lebendig gerupften Tieren stammen.
Zwar finde ich es gut, dass wir in Deutschland auf das Tierwohl achten – und hier niemand den Tieren bei lebendigem Leib die Daunen vom Körper rupft. Andererseits halte ich ein recyceltes Produkt in jedem Fall für nachhaltiger als ein nicht recyceltes: Wenn ich etwas weiterverwende, was schon da ist, brauche ich nichts Neues zu erwerben. Ein altes Kleidungsstück mit recycelten Daunen – wo auch immer sie ursprünglich herkamen – erspart einem weiteren Tier, seine Federn lassen zu müssen. Für mich ist das Tierschutz; aber vielleicht bin ich da zu pragmatisch und verstehe die komplexen Zusammenhänge nicht. Kann sein.
Zuhause
Eine Freundin von mir wohnt seit einiger Zeit in England – nach fast 20 hier in Celle. Der Ort, in dem sie jetzt wohnt, ist erst seit einem Jahr ihr Zuhause; sie hat noch kein starkes soziales Netz. Vor ein paar Wochen besuchte sie uns und andere alte Freunde hier. Danach fühlte sie sich in England vergleichsweise einsam. Ich kann das verstehen, obwohl auch mein Freundeskreis in Celle keine riesigen Ausmaße hat. Trotzdem bin ich schon 25 Jahre hier zu Hause und habe Freunde und Bekannte – und außerdem dieses ganz besondere Gefühl von Vertrautheit: Für unsere Nachbarn gehören wir hierher, mit einem Ehepaar teilen wir sogar ein Zeitungs-Abo. Im Supermarkt kenne ich die meisten der Angestellten und oft auch einige Kunden. Und wenn ich in der Zeitung die Platzierungen nach einem Lauf-Event studiere, staune ich, wie viele der Namen mir vertraut sind.
Vom Meckern
Ist es wirklich typisch für uns Deutsche, viel zu meckern? Meckern andere Völker tatsächlich weniger? Und: Ist es besser, nicht laut zu meckern und aber hinter vorgehaltener Hand ständig sauer zu sein? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall existiert wie immer eine ausgewogene Mitte oder viele gute Ansätze. Nur treffen wir die mit undifferenzierter Schimpfe und Kritik höchst selten. Dieses generelle Gemeckere an allem und jedem ist tatsächlich wenig hilfreich – und übersieht oft den Balken im eigenen Auge. Welchen Balken? Genau!
Leider ist das verbale Miteinander auf der höchsten politischen Ebene unseres Landes inzwischen sehr aggressiv – und taugt nicht als Vorbild. Wenn wir Politiker zuhören, müssen wir uns nicht wundern müssen, dass Kritik per se als demütigend und die Person ablehnend empfunden wird. Dabei macht der Ton die Musik! Die Welt ist nicht schwarz-weiß, und zwischen meckern und loben liegen viele Grautöne: zum Beispiel konstruktive, ehrliche und den anderen wertschätzende Kritik. Aber die erfordert ein Mindestmaß an Respekt und die Bereitschaft, ausgewogen und differenziert miteinander zu kommunizieren. Meckern ist leichter.