Dieses Jahr wurde es erst spät und plötzlich warm. Ich genieße das täglich und direkt, denn leider ist mir der Sommer meist viel zu kurz.
Es sei denn, ich mache ihn haltbar.
Dieses Jahr wurde es erst spät und plötzlich warm. Ich genieße das täglich und direkt, denn leider ist mir der Sommer meist viel zu kurz.
Es sei denn, ich mache ihn haltbar.
Eine Schaufensterpuppe in einem Geschäft in der Stadt trug ein Kleid mit einer passenden Leggins dazu, das Arrangement sah wirklich gut aus. Tragbar, stilvolle Farben, geschmacklich auf meiner Linie und ein dezent schick. Ich hatte keine Lust, etwas anzuprobieren; aber ich dachte: „Das wäre schön. Das gefiele mir und würde mir sicherlich stehen.“
Ich könnte etwas in dem Stil auch gebrauchen, wirklich brauchen tue ich es dagegen eher nicht: Es befinden sich genügend Kleidungsstücke in meinem Besitz, aber in der Kategorie „modisch aktuell und schick“ weist mein Kleiderschrank Lücken auf.
Es gibt mehrere Outfits, die schön wären. Mir fehlt schon die Lust für das erste …
Heute wollte ich Rasen mähen. Wir haben einen Benzinmäher, den man von Hand starten muss. Normalerweise gelingt mir das ohne weiteres; ich weiß auch, wozu es einen Choke gibt. Heute ging es nicht. Choke an, Choke aus, nichts tat sich. Meine Versuche wurden verzweifelter, mein Arm erlahmte, mein Herz schlug wie nach einem Sprint, vor allem aber steigerte sich meine Wut.
Ich dachte:
Es kann nicht sein, dass ich zu schwach bin, einen Benzinrasenmäher zu starten. (Der Tank war voll, DAS hatte ich gecheckt.)
Das wäre ja wohl gelacht, dass ich den Mäher nicht anbekomme.
Ich schaff` das, ich schaff`das – wieso schaffe ich das nicht?
Ich
fühlte:
Erstaunen, Wut, Ärger, Frust, Verzweiflung.
Ich war:
Ratlos. Ich wusste nur – es liegt an mir.
Als mein Ältester später nach Hause kam, machte er mir den Mäher an und winkte mich zu sich. Mit einem Lächeln: „Mama, das ist mir letztens auch passiert, sonst hätte ich es auch nicht gewusst – der Benzinhahn war zu.“ Ganz hilfsbereit, lieb und freundlich.
Ich hab´ dann den Rasen gemäht.
Im Nachhinein frage ich mich zwei Dinge.
Erstens: Wieso bin ich nicht selbst draufgekommen? Vor Jahrzehnten machte ich ein einjähriges Praktikum auf einer LPG im Brandenburger Land, da gab es auch Benzinhähne oder Dieselschalter – ich hätte es wissen können!
Zweitens: Was hätte ein Mann gemacht? Ich behaupte, ein Mann hätte viel früher seine erfolglosen Startversuche eingestellt und nach dem Fehler (in dem Fall dem Hahn) gesucht. Ein Mann hätte gewusst – es liegt nicht an mir.
„Denn
mit dir kann ich Wälle erstürmen und mit meinem Gott über Mauern
springen.“
2. Samuel 22, 30
Kann ich das wirklich? Und: Welche Mauern sind das? Die größten Mauern in meinem Leben sind die eingeschliffenen Macken in meiner eigenen Persönlichkeit und lästige Gewohnheiten, die ich nicht einfach und freiwillig ablege wie ein Kind seine zu klein geratenen Klamotten. Mich selbst zu verändern, das ist schwer. Nachgiebig zu werden, barmherzig, vergebend – all das fällt mir nicht zu. Leichter ist es für mich zu richten, mich über andere zu ärgern und zu erheben. Viel leichter. Das ist ein Armutszeugnis, aber es ist die Wahrheit.
Heute Morgen beim Beten kam mir der ehrliche Satz über die Lippen: „Vater, mache mich zu einer barmherzigen Frau – egal, was sich dafür ändern muss in mir.“ Geht`s noch? Habe ich mir das gut überlegt? Das kostet etwas, das weiß ich vorher. Will ich das zu dem Preis dann immer noch? Ich zögere, aber ich weiß: „Denn Gott ist`s, der in euch beides wirkt, das Wollen und das Vollbringen.“ (Philipper 2, 13) Also bete ich weiter und glaube, dass ich mit Gott über Mauern springen kann.
Wir haben einen relativ großen Garten. Seit Jahren arbeiten wir daran, dass er pflegeleicht wird. Rasen, nicht zu schnell wachsende Gehölze, keine wuchernden Pflanzen, die ständig beschnitten werden müssen und so weiter. An einer Stelle, die gleichzeitig nah am Haus zum Nachbarn und aber nicht in der direkten Blickrichtung von der Terrasse liegt, wachsen Eiben. Eiben wachsen nicht zu schnell, sind gut zu beschneiden, immergrün und bilden einen attraktiven Sichtschutz.
Heute stand ich länger am Küchenfenster und erspähte in eben diesen Eiben viele braun-gelbe Nadeln. Klarer Fall für Wassermangel. Kurzentschlossen holte ich den Schlauch und fing mit ausgiebigem Wässern an. So aus der Nähe betrachtet musste ich feststellen: Die Eiben sind mit ihrem nicht zu schnellen Wachstum ganz schön groß geworden! Sie erfüllen auf ihre Weise unseren Wunsch nach einem pflegeleichten Garten, aber sie sind ein wenig außer Kontrolle geraten. Diesem ungezügelten Wachstum sollten wir in Kürze Einhalt gebieten. Wir haben ein paar Jahre nicht aufgepasst, und jetzt haben unsere Eiben uns rechts überholt.
Christi Himmelfahrt ist ein Feiertag im Frühjahr, der die Arbeitswoche schön unterbricht. Meist ist auch das Wetter frühlingshaft warm und sonnig, so dass sich die freie Zeit hervorragend für ein paar Terrassenstunden eignet. Mittlerweile ist Christi Himmelfahrt besser bekannt als Vatertag und wird – auch wegen des schönen Wetters – auf ganz bestimmte Weise begangen: Viele Väter, Nicht-Väter, Frauen und Mädchen nehmen den freien Donnerstag zum Anlass, sich an der frischen Luft und von höchster Stelle legitimiert „die Kante zu geben“. Laute Musik darf dabei nicht fehlen, und meist laufen die Feiernden durch die Gegend. Davon kann man halten, was man will. Wir müssen ja nicht mitmachen. Nun ja …
Mitfeiern müssen wir nicht, aber so richtig entziehen können wir uns dem allgemeinen Gelage auch nicht: Bei uns in der Nachbarschaft nutzte dieses Jahr ein (mehr oder weniger junger) Vater den ganzen Tag zum Feiern und Musikhören. Leider liefen er und seine Gäste nicht durch die Gegend, sondern blieben schön in der Garage. Eine Menge der Feier-Geräusche drang bis zu uns auf die Terrasse. Glücklicherweise war das Wetter nicht ganz so super – ich blieb einfach drinnen oder ging (in der einsamen Feldmark) spazieren.
Manches muss man einfach aushalten, oder? Vielleicht ist nächstes Jahr wieder Drinnen-Wetter …
Die Zwergkaninchen meiner Tochter sehen unschuldig und süß aus. Sie sind einfach nett anzuschauen, weich und kuschelig. Zwar weiß ich nicht, was ein Zwergkaninchen glücklich macht, aber: Wir sorgen gut für sie, sie können sich bei uns wohlfühlen. Ihre Grund-Wohnstatt besteht aus einem gemütlichen und mit Einstreu versehenen Häuschen in einem großen, überdachten Auslauf. Wenn möglich, setzen wir sie zum Fressen auf die Wiese. Dazu wählen wir täglich wechselnde Stellen in unserem Garten, damit sie frisches Grün knabbern können und nicht auf schon abgefressenen Parzellen ihr Dasein fristen müssen. Wir achten darauf, dass sie Schatten haben; wenn es regnet, bringen wir sie wieder in ihren – überdachten – Auslauf.
Und was haben wir davon? Ihr Fell ist weich – wenn wir sie in die Finger bekommen, denn sie sind auch schnell und scheinen uns zu fürchten. Sie brauchen keine besondere Diät, sie fressen nur Gras, Löwenzahn, Heu und solches Zeug – aber sie beißen und kratzen gern auch uns. Sie brauchen zur Beschäftigung nur sich selbst und Flächen zum Graben – und haben wahrscheinlich schon unseren halben Garten unterhöhlt.
Wahrscheinlich halten wir sie so artgerecht, dass sie sich mit uns – wie im wahren Leben auch – nicht so gern abgeben, sondern uns immer skeptisch beäugen werden. Gewünscht hätten wir uns Kuschelkaninchen, die sich gern streicheln lassen und uns gegenüber total tiefenentspannt sein würden. Das wäre für uns schöner, für sie vielleicht immer ein wenig gegen ihre Natur. Wenn ich mich also das nächste Mal über ihre widerspenstige Art ärgern möchte, werde ich mir sagen: „Aus Sicht der Kaninchen ist es schon gut so, wie es ist.“
Pfingstwochenende. Am Freitag meldete der Verkehrsdienst 400 Kilometer Stau in Nordrhein-Westfalen. Mir zischt „Fridays for Future“ durch den Kopf…
Am liebsten sind mir die Hundebesitzer, die mit MIR reden, während sie von ihrem Hund behaupten, er tue nichts. Sobald sie mich erklärend ansprechen und sich vielleicht für das laute Gekläffe oder wilde Herumgespringe entschuldigen, glaube ich ihnen. Hundebesitzer, die in der Begegnung mit mir nur auf ihren Hund einreden, sind mir suspekt – tut mir leid. Wer den Kontakt zu mir nicht sucht, obwohl sein Hund neugierig (bedrohlich?) auf mich zu rennt oder abwartend (lauernd?) stehenbleibt, versäumt in meinen Augen die Gelegenheit, das Verhältnis von Joggern zu Hunden zu verbessern.
Ich bin in diesen Momenten verunsichert: Soll ich um Wegerecht bitten? Soll ich fragen, ob ich weiterlaufen kann? Nutzt der Hundehalter den vorbeilaufenden Menschen (mich) als willkommenes Trainingsobjekt für den zu erziehenden Hund – mit ungewissem Ausgang? Keine Ahnung, ich weiß manchmal einfach nicht, wie ich mich verhalten sollte. Liebe Hundebesitzer: Redet mit mir! Ein einfaches „Der tut nichts!“ wäre ein guter Anfang. „Der will nur spielen“ geht auch, hat aber nicht ganz so eine beruhigende Wirkung.
Jede Mutter findet ihre Kinder schön. So geht es auch mir, aber ich denke, es ist nicht nur eine Frage der sehr subjektiven Zuneigung. „Schön“ ist das Endergebnis eines Prozesses in meinem Gehirn, der von verschiedenen Faktoren gespeist wird. Nehmen wir meinen jüngsten Sohn: Er hat große Augen und lange Wimpern, die Augenbrauen sind sehr dezidiert und in einem Bogen – als würde er sie ein wenig hochziehen. Die Nase ist genau richtig groß, und der Mund bildet nach unten einen gelungenen Abschluss.
Mein Sohn ist jung und hat noch eine gewisse kindliche Unschuld. In seinem Gesicht kann ich lesen wie in einem offenen Buch. Freude oder Traurigkeit, Wut, Entspannung oder Konzentration spiegeln sich offen darin wider – wenn nötig sogar Ironie. Diese Ehrlichkeit gefällt mir, er versteckt sich nicht. Ob er sich freut, ärgert oder traurig ist: Die Stimmungen seiner Seele erfassen sein Gesicht und von dort aus seinen ganzen Körper.
Abgesehen von all dem ist sein Gesicht für mich noch anders schön: Wie nah Augen, Nase und Mund beieinander liegen, ist ganz erstaunlich. Nur wenn ich genau und bewusst darauf achte, sehe ich, dass diese drei flächenmäßig nur einen geringen Teil seines Gesichtes ausmachen. Ich finde das schön, ich mag genau diese Proportionen. Ich könnte sie nicht benennen, ich könnte nicht sagen, was daran mir gefällt – und es hat nichts damit zu tun, dass er mein Sohn ist. Ich glaube, dass ich eine klare, unbewusste und sehr objektive Vorstellung davon habe, wie nah beieinander „schön“ für mich ist.
Ich finde das Gesicht meines Sohnes schön, weil ich seine Mutter bin – aber nicht nur.