Ratgeber, Lehrer, Vorbilder, Mütter …

Von wem nehme ich Rat an? Von jemandem, der in ähnlicher Situation war oder ist, der sich irgendwie auskennt mit dem Schlamassel, in dem ich stecke. Was muss ein guter Lehrer mitbringen? Sachkenntnis.

Ein Trainer meines Sohnes konnte mit allen aus der Mannschaft mithalten – fußballerisch, von der Kondition und Kraft her, vor allem im Hinblick auf seinen Ehrgeiz. Mein Sohn hat ihn bewundert, für ihn hat er sich lang gemacht. Dann kamen eine unglückliche Niederlage, der Ärger des Trainers und ein blöder Abgang. Vorbei. Irreparabel kaputt das Trainer-Spieler-Verhältnis.

Sachkenntnis allein reicht nicht. Pädagogisches Geschick dann also:

Meine Pilates-Trainerin turnt nie vor. Trotzdem habe ich schon viel bei ihr gelernt. Sie sieht Fehler, korrigiert und weiß genau, wie sie jeden von uns herausfordert, ohne ihn zu überfordern. Worauf es ankommt, kann sie super vermitteln.

Sachkenntnis und pädagogisches Geschick – reicht das?

Die Reitlehrerin meiner Tochter ist gut, auch selbst auf dem Pferd. Während der Reitstunden zeigt sie nichts selbst, aber sie sieht alles und weiß, wie´s besser geht. Manchmal ist sie sehr streng und fordert meine Tochter über ihre Wohlfühlzone hinweg. Meine Tochter geht trotzdem gern zu ihr. Nicht nur, weil sie weiterkommt, besser wird, mit den schwierigen Pferden immer besser zurechtkommt. Vor allem merkt sie, dass ihre Reitlehrerin sie mag.

Sachkenntnis, pädagogisches Geschick und Zuneigung – ist eins am wichtigsten? „Die beste Botschaft findet ja viel leichter den Weg zum Herzen, wenn sie von einem geliebten Lehrer verkündet wird“, heißt es.

Bei mir als Mutter kommt zuerst viel Liebe zu meinen Kindern, dann eine Weile nichts. Mein pädagogisches Geschick ist manchmal mehr als mangelhaft, meine Sachkenntnis ein Stochern im Nebel. Ob das reicht, wird sich erst in Zukunft zeigen…

Entschleunigung

Es war einmal ein junges Mädchen, das lebte in den 70er/80er Jahren in Deutschland. Sie ging zur Schule (auch samstags), sie hatte Klavierunterricht (nicht sehr erfolgreich), über die Jahre hat sie geturnt, ist Trampolin gesprungen, später hat sie noch Handball gespielt. Sie hat viele, manchmal lange Briefe geschrieben. Ab und an musste sie im Garten helfen oder auch im Haus, aber insgesamt verlief das Leben wie ein langer ruhiger Fluss. An den Wochenenden war sie zu Hause; Feiern von der Schule, dem Handballverein, dem Klavierunterricht und all das gab es kaum. Youtube-Videos oder Tagesfernsehen? Nicht vorhanden. Und weil kaum jemand ein Telefon hatte, musste man sich aufs Rad schwingen, wenn man sich sprechen wollte.

Stattdessen gab es Zeit zum Lesen, zum Musikhören, zur Langeweile.

Später wurde das junge Mädchen erwachsen und bekam Töchter und Söhne. Diese gingen auch zur Schule (nicht samstags), spielten zum Teil Instrumente (und übten ab und an), machten Sport. Briefe schrieben sie nicht, aber sie lasen noch. Für Verabredungen konnten sie diverse Kommunikationswege nutzen: Skype, Mail, SMS, WhatsApp, zur Not auch das Telefon. Dadurch war für Langeweile wenig Platz, für Nur-Familienzeiten auch nicht.

Das Mädchen, das nun Mutter war, fühlte sich bisweilen abgehängt – das Lebenstempo um sie herum war höher als ihre eigene innere Geschwindigkeit: Zu stetig für kurzlebige Moden, zu abwägend für technischen Fortschritt, zu langsam für die Fülle an Ereignissen, Aktionen, Kontakten.

Sie hat dann gebremst, Nein-Sagen geübt, angebotene Veranstaltungen nicht wahrgenommen, Kommunikationswege nicht benutzt. Das war wohltuend, aber nicht leicht auf die ganze Familie zu übertragen. „Wir dürfen unser Leben doch wohl so füllen, wie wir das wollen“, hieß es dann seitens der Kinder. Stimmte vielleicht auch, aber diese Mutter hat einfach weiter dagegen gehalten. „Weniger ist mehr“, hat sie gesagt.

Und weil sie nicht gestorben ist, entschleunigt sie noch heute.

Die richtige Mischung

Neues kann anstrengend sein – und spannend. Altes kann langweilig sein – und vertraut.

Beides ist gut, beides gehört zum Leben. Immer nur neue Dinge ausprobieren zu wollen, ist wohl das Privileg der Jugend. Geht auf Dauer nicht. Routine bringt Ruhe ins Leben. Immer nur in altbekannten Fahrwassern unterwegs zu sein, nimmt dem Leben ein wenig Esprit, dem Geist Wachstumsmöglichkeiten und den Mitmenschen das Staunen. Neue Herausforderungen tun nicht nur Heranwachsenden gut. In Maßen.

Kürzlich bat mich jemand um Hilfe in einer Sache, in der ich mich nicht zu Hause fühle. Diese Herausforderung hätte ich mir selbst nicht ausgesucht. Zwei Möglichkeiten: Ich lehne ab und mache es mir in meiner Bequemlichkeitsecke gemütlich. Risikoarm. Oder aber ich nehme an, denn es reizt mich doch. Dass mir jemand mehr zutraut als ich mir selbst, schmeckt und tut mir gut. Fehler sind möglich.

Hängt die Entscheidung auch davon ab, wie alt ich innerlich bin? Die Lebensmitte ist ein toller Zeitpunkt, sich SCHON auf Bewährtem ausruhen zu können und NOCH Bock auf Neues zu haben.